Letzte Runde in Mac's Place
Karriere ihres Mannes und ihren eigenen Hals zu retten.«
»Glauben Sie das?«
»Ich weiß nicht«, sagte Padillo. »Aber McCorkle kann sie das ja morgen fragen.«
V IERUNDVIERZIG
Am Dienstagmorgen um 3.21 Uhr verließ Granville Haynes Howard Motts Haus an der 35th Street Northwest und fuhr in vierundzwanzig Minuten zurück zum Willard. Acht Minuten vor vier betrat er sein Zimmer. Erika McCorkle saß im Bett und las einen Taschenbuchroman, auf dessen Titelbild ein großes Hakenkreuz aus Menschenknochen prangte.
»Wer gewinnt?« fragte Haynes, als er Mantel und Jacke auszog und in den Schrank hängte.
»Die Krauts, aber ich bin erst bei neunzehnhundertvierzig.«
Haynes zog die beiden zusammengehefteten Seiten aus der Brusttasche der Jacke und trat ans Bett. »Noch mehr Frühgeschichte«, sagte er und reichte ihr den Text.
Erika legte ihr Buch beiseite und nahm die Seiten, ohne einen Blick darauf zu werfen. »Du siehst müde aus«, sagte sie.
»Bin ich auch.«
»Komm ins Bett.«
»Ich nehme eine Dusche, während du es liest.«
Sie sah auf die erste Seite. »Das berüchtigte Undean-Memo. Ich dachte, Howie Mott hat gesagt, außer dir sollte das niemand lesen.«
»Er hat seine Meinung geändert«, sagte Haynes. »Padillo hat es gelesen. Und dein Dad inzwischen auch. Mott liest es wahrscheinlich gerade zum vierten oder fünften Mal.«
Erika las die erste Zeile, murmelte »Mein Gott!« und sagte, ohne aufzublicken: »Geh du nur duschen.«
Als Haynes zehn Minuten später im Bademantel aus der Dusche kam, saß Erika noch immer aufrecht im Bett und starrte auf die gegenüberliegende Wand. Der Text lag in ihrem Schoß. Die Hände hatte sie hinter dem Kopf verschränkt, so daß sich ihre Brüste gegen den dünnen Stoff des schenkellangen T-Shirts wölbten, das sie als Nachthemd benutzte. Auf der Vorderseite des T-Shirts stand in aufgedruckten Buchstaben »Vermietbare Werbefläche«.
Ihr Blick wanderte von der Wand zu Haynes. »Hast du die Cops schon informiert? Diesen Detective-Sergeant . wie heißt er noch?«
»Darius Pouncy. Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil vieles in dem Memo Mutmaßungen sind und es keinen Beweis gibt, daß Undean es geschrieben hat. Vielleicht hat Tinker es geschrieben.«
»Kann man die Schrift nicht mit Undeans
Schreibmaschine vergleichen? Das FBI macht doch ständig solche Sachen.«
»Vielleicht hat Tinker es auf Undeans Schreibmaschine getippt.«
»Glaubst du wirklich, sie hat Isabelle ermordet und Paps eine Pistole unter die Nase gehalten?«
»Ich glaube, sie hat McCorkle eine Pistole unter die Nase gehalten«, sagte Haynes.
»Wieso glaubst du das - und das andere nicht?«
»Weil jemand sie erkannt hat, als sie Mac's Place verließ.«
»Wer?«
»Das ist belanglos«, sagte er, wandte sich ab, ging zu dem kleinen Kühlschrank und nahm eine kleine Dose heraus, die laut Etikett rosa Grapefruitsaft aus Texas enthielt. Er hielt die Dose hoch, damit Erika sie sehen konnte, und fragte: »Möchtest du?«
»Nein.«
Haynes riß die Dose auf und trank. »Sag mir, was drinsteht.«
Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
»Konstruiere einen Fall für mich. Tu so, als wärst du Anwalt.«
Sie griff nach den beiden Seiten.
»Nein«, sagte Haynes. »Aus dem Gedächtnis.«
»Ich begreife nicht, was du willst.«
»Das sind zwei Seiten einzeilig geschriebener
Text. Ich glaube nicht, daß Undean sich so einfach hingesetzt und ihn runtergeschrieben hat. Vielmehr glaube ich, daß er sorgfältig verfaßt wurde und es drei oder vier Entwürfe gab, bis alle Löcher gestopft waren.«
»Ich muß es also in eigenen Worten darstellen.«
»Gut.«
Sie holte tief Luft. »Okay. Wir sind in Laos, Anfang neunzehnhundertvierundsiebzig: März. Sie waren alle in Vientiane, der Hauptstadt. Steady. Muriel Lamphier, die spätere Muriel Keyes, und Undean. Muriel ist eine junge - was? - Einsatzagentin bei der CIA. Richtig?«
»Du erzählst es«, sagte Haynes.
»Okay. Sie ist Agentin, unterer Dienstgrad, mit einem Botschaftsjob zur Tarnung. Steady macht seinen üblichen Propagandakram, und Undean analysiert - was es auch immer sein mag. Dann vermutet jemand - und aus dem Text geht nicht eindeutig hervor, wer das ist -, daß ein junges amerikanisches Ehepaar, Mr. und Mrs. Fred ... hmmm ... Nimes, keine echte, von der Kirche geförderte Entwicklungsarbeit leisten, sondern in Wirklichkeit zwei ausgemachte Antikriegslinke sind, die für die Gegenseite, den Pathet Lao, spionieren. Also, was
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