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Letzte Runde in Mac's Place

Letzte Runde in Mac's Place

Titel: Letzte Runde in Mac's Place Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Stille rasch endete, meist mit einem Schluchzer, einer Verwünschung oder einer ungläubigen Äußerung. Manchmal mit allen dreien.
    Padillo allerdings beendete die kurze Stille mit der Kernfrage: »Wer hat sie umgebracht?«
    »Weiß man nicht.«
    »Hat man keine Vermutung?«
    »Noch nicht.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie wurde in der Wanne gefunden, Kopf unter Wasser, Hand- und Fußgelenke mit Kleiderbügeln aus Draht umwickelt. Keine sichtbaren Spuren oder Hautabschürfungen.«
    »Ertränkt?«
    »Kann sein. Die Autopsie wird das klären.«
    Wieder war es einen Moment still, bevor Padillo sagte: »Sie haben sie schon lange gekannt, nicht?«
    »Solange ich zurückdenken kann.«
    »Hat das etwas mit Steady zu tun?«
    »Könnte sein.«
    »Ich würde ... nun, ich möchte mich gern mit Ihnen drüber unterhalten.«
    »Einverstanden.«
    »Wo sind Sie jetzt?«
    »Im Willard.«
    »Können Sie hierher kommen?«
    »Erst muß ich zu einem Rechtsanwalt.«
    »Schaffen Sie es bis Mitternacht?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Ich werde hier sein«, sagte Padillo.
    Es war der Tisch direkt neben der Schwingtür zur Küche, den McCorkle und Padillo stets für sich reservierten und den jeder andere ängstlich mied. Er erlaubte es ihnen, sowohl das Personal als auch die Gäste im Auge zu behalten. Außerdem erlaubte er es dem Küchenchef, ab und zu den Kopf nach draußen zu stecken und eine Frage zu stellen, eine Beschwerde entgegenzunehmen oder sich einfach damit Zufriedenheit zu verschaffen, daß jemand wirklich seine Gerichte aß.
    Als der Anruf für Padillo kam, waren die drei mit dem Festmenü zu Ehren von Erika McCorkles Hochschulabschluß beinahe fertig. Alle Feststimmung schwand, als Padillo zum Tisch zurückkam, sich setzte, als wäre er plötzlich von Erschöpfung übermannt, seinen Teller wegschob und sagte: »Isabelle ist tot. Anscheinend ermordet.« Dann wiederholte er mit leiser Stimme alles, was ihm über den Mord gesagt worden war.
    McCorkle ergriff zunächst das Wort, aber erst, nachdem er sich zurückgelehnt und Padillo eingehend gemustert hatte. »Das tut mir leid, Mike. Isabelle hatte immer etwas Wunderbares und Einzigartiges. Ich werde sie vermissen.« Er hielt kurz inne. »Weiß man, wer es getan hat?«
    »Nein.«
    Erika McCorkle war blaß geworden. Als sie zu sprechen versuchte, kam ein Krächzen heraus. Sie räusperte sich, und diesmal kam ein Flüstern. »In ihrer ... Badewanne?«
    Padillo nickte.
    »Ertrunken?«
    »Möglich.«
    Immer noch flüsternd, sagte sie: »Dann ist es meine Schuld.«
    »Wieso deine Schuld?« fragte Padillo. »Und warum das Geflüster?«
    Sie antwortete nicht und ließ die Stille andauern, bis sie schließlich weitersprach. Ihre Stimme war jetzt kaum lauter als ihr Flüstern. »Weil ich früher Wachträume hatte, in denen sie ertrank. Aber nicht in einer Wanne. Im Anacostia.«
    McCorkle schaute mit hochgezogener Augenbraue zu Padillo, als erhoffe er eine Erklärung, doch Padillo zuckte nur die Achseln. Zu seiner Tochter gewandt, fragte McCorkle: »Wieso hast du davon geträumt, daß sie . ertrinkt?«
    »Das habe ich dir gesagt. Ich war eifersüchtig.«
    »Das hast du mir nicht gesagt«, sagte McCorkle.
    Sie starrte ihn mit gerunzelter Stirn an. Einen Augenblick später verschwand das Stirnrunzeln. »Richtig. Das warst gar nicht du. Ich hab' es Granville Haynes erzählt. Heute nachmittag.«
    »Du hast ihm erzählt, daß du wegen Steady auf Isabelle eifersüchtig warst?«
    Das Stirnrunzeln kehrte wieder. »Nicht wegen
    Steady.« Sie blickte Padillo an. »Wegen dir und Isabelle.«
    Padillo starrte sie an, während seine rechte Hand automatisch in seine Hemdtasche tauchte, um nach den Zigaretten zu suchen, die er vor nunmehr fünf Jahren aufgegeben hatte. »Mein Gott, Mädchen«, sagte er. »Zwischen Isabelle und mir war es vorbei, als du dreizehn oder höchstens vierzehn warst.«
    Zwar schien ihr Gesicht nur Mitgefühl auszudrücken, doch in ihrer Stimme war schierer Hohn, als Erika McCorkle sagte: »Du hast keine Ahnung, was?«
    »Wovon?« fragte Padillo.
    »Davon, wie bösartig die Tagträume einer liebeskranken Dreizehnjährigen sein können, wenn der Mann, den sie liebt, mit einer anderen bumst.«
    Mit ruhigem Kopfnicken sagte Padillo: »Mach weiter.«
    »Womit?«
    »Damit, wieso es deine Schuld ist.«
    »Weil ich häufig Wachträume darüber hatte und ... und ... oh, Gott, es tut mir so leid, daß sie tot ist.«
    McCorkle beugte sich zu seiner Tochter. »Erika, darf ich etwas sagen?« fragte

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