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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Herden
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Feuer, über dem ein Kessel hing. Trotzdem war es kalt und feucht im Zimmer. Es roch auch nicht gut. Das Rattern kam von einer uralten, metallenen Nähmaschine, die auf einem Tisch in der Ecke stand.
    Davor war ein Stuhl, auf dem eine zusammengekauerte Gestalt in einem schwarzen Kleid saß und nähte. Sie nähte kleine bunte Kappen.
    »Guten Abend«, sagte ich.
    Aber die Gestalt antwortete nicht, sondern befestigte mit wenigen Stichen ein rosa Band an eine kleine Kappe. Ich hatte plötzlich einen trockenen Hals.
    »Wir sind gekommen, weil wir unsere Freundin suchen. Haben Sie sie vielleicht gesehen?«, fragte Sandro.
    Doch die Gestalt rührte sich immer noch nicht.
    »Vielleicht ist sie schwerhörig«, flüsterte ich und zeigte auf die Kappen, die schon fertig waren und neben dem Tisch in einem Korb lagen. Jede von ihnen war mit einem rosa Band geschmückt.
    »Und warum flüsterst du dann?«, flüsterte Sandro zurück und starrte auf den Korb mit den Kappen.
    »Vielleicht ist sie schwerhörig«, sagte ich nun laut und trat tiefer in das merkwürdige Zimmer hinein. Ich ging auf die Gestalt zu und tippte ihr vorsichtig auf die Schulter.
    »Hui!«, schrie sie und drehte mir ihr Gesicht entgegen.
    »Ach, du grüne Neune!«, rief ich und starrte in ein gräulich-grünes, faltiges Gesicht mit einem breiten Mund und weit aufgerissenen, gelben Glupschaugen.
    »Was musst du ungezogenes Kind mich so erschrecken?«, zischte die Gestalt. Es war ein unangenehm lautes Geräusch. »Entschuldigen Sie bitte. Wir haben Sie gegrüßt. Aber Sie haben nicht geantwortet«, stammelte ich.
    »Was?«, kreischte sie.
    »Entschuldigen Sie bitte. Wir haben Sie gegrüßt, aber Sie haben nicht geantwortet!«, schrie ich zurück.
    »Wieso wir? Gibt es etwa noch mehr von deiner Sorte?«, fragte sie, während ihr grünes Gesicht anschwoll und die Farbe wechselte. Es wurde ganz lila. Ich deutete zur Tür, wo Sandro stand und sein »Hilfe!«-Schild hochhielt.
    »Wir sind zwei!«, brüllte ich. »Aha, zwei Eindringlinge also!«, schrie sie und stand von ihrem Stuhl auf. Danach war sie etwas kleiner als vorher. »Was stehst du so unhöflich bei der Tür«, fuhr sie Sandro an. »Hinsetzen! Alle beide!«
    Sie deutete auf den Sessel. Geschwind quetschten wir uns hinein. Die alte Frau – oder was immer sie auch war – warf uns eine sehr schmutzige und schrecklich kratzige Decke über die Beine.
    »Da habt ihr«, knurrte sie und ihr Knurren tat mir in den Ohren weh. »Damit euch nicht kalt wird.« Ein ekelhafter Geruch stieg in meine Nase. Ein Geruch, den ich nie wieder vergessen werde. Er kam aus der Decke.
    »Lieber erfrieren, als ersticken«, sagte Sandro leise.
    »Was sagst du?«, schrie die Alte.
    »Ich habe gesagt, vielen Dank für die warme Decke!«, brüllte Sandro.
    Die Alte watschelte langsam zum Feuer hinüber. Ihr schweres Kleid schleifte am Boden und schien ihre schmalen Schultern nach unten zu ziehen.
    »Und nun?«, flüsterte ich in Sandros Ohr. »Jetzt warten wir erst einmal ab, was diese … grausige … furchtbare … Was ist sie überhaupt?«, raunte Sandro.
    Ich zuckte mit den Schultern, weil die Alte wieder zurückkam. Und weil ich es nicht wusste. »Irgendetwas Lurchiges«, flüsterte ich zurück.
    »So!«, schrie die seltsame, kleine Frau uns an. »Jetzt trinkt ihr erst einmal einen Tee und dann erzählt ihr mir ganz genau, was ihr hier wollt!«
    Sie drückte jedem eine schmutzige Tasse mit etwas Tee in die Hand und hielt uns ein kleines Schälchen vor die Nase. Darin lagen zwei Kekse. Ich überlegte gerade, ob ich mir einen nehmen sollte, als ich sah, dass sich die Kekse bewegten! Ach, du grüne Neune, lebendige Kekse! Musste man die vorher töten, bevor man reinbiss? Dann sah ich, dass es Maden waren.
    ›Die Kekse sind voller Maden!‹, dachte ich panisch und sagte laut: »Vielen Dank, ich esse nicht so gerne süße Sachen.« Dabei versuchte ich die Alte anzulächeln.
    Sie schnaubte laut und unfreundlich durch ihre kurze, aber sehr breite Nase. Es spritzte ein bisschen und ein grüner Tropfen landete auf der Decke neben meiner Hand. Und plötzlich war da ein Loch in der Decke, dort wo der Tropfen hingefallen war. Aber vielleicht war das Loch auch schon vorher da gewesen. Die Decke hatte nämlich sehr viele Löcher. Dieser Gedanke gefiel mir besser.
    Die Alte nahm sich selbst einen Keks und steckte ihn mit einer flinken Bewegung in den Mund. Entsetzt starrte ich sie an. Einige der sich schlängelnden Maden waren auf ihren grauen

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