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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Herden
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dass es sich anhörte, als müsste er weinen. ›Toll, wie er das kann‹, dachte ich. Der Arme. Er hatte sich verlaufen. Ich wurde ganz traurig.
    Die liebe alte Dame strich ihm zärtlich über den Helm. »Keine Angst, mein Kleiner«, säuselte sie.
    Ihre samtene Stimme klang so beruhigend, dass ich keine Angst mehr hatte und auch nicht mehr traurig war. Ich kuschelte mich etwas tiefer in die weiche Decke. Sie roch so gut. So wie … wie … wie frisch gemähtes Gras. Oder wie Regen, wenn er auf die sonnenwarme Straße fiel. Oder wie Erdbeeren mit Sahne. Ich esse Erdbeeren mit Sahne sehr gerne. Und Kuchen und Törtchen. Einer der leckeren Kekse war ja noch übrig. Den nahm ich mir jetzt und aß ihn auf. Er war köstlich, fast so gut wie ein Törtchen mit Schokoladencreme. Ich wollte auch noch einen Schluck von dem Tee trinken. Die liebe Alte lächelte mich an und nahm meine Tasse. Damit ging sie zum Kessel über dem Feuer. Es war alles so nett und gemütlich. Mir war so richtig wohlig zumute.
    »Kurt! Kurt!«, flüsterte Sandro und puffte mir in die Seite.
    Das tat weh. Was fiel ihm denn ein?
    »Hey!«, wollte ich ihn wütend anraunzen. Es klang aber irgendwie ganz freundlich. »Kurt, bitte komm zu dir! Los! Wir müssen hier weg! Trink nichts mehr von dem Tee!«
    Aber der Tee war doch so köstlich und ich hatte Durst und die alte Dame brachte mir doch gerade eine frische Tasse. Es wäre doch total unhöflich gewesen, sie nicht anzunehmen. So etwas machte man doch nicht, sich erst Tee bringen zu lassen und dann abzuhauen, bevor man ihn getrunken hat.
    »Können Sie uns bitte sagen, wie wir wieder den Weg nach oben zurückfinden?«, hörte ich Sandro fragen.
    Warum wollte er denn wieder zurück? Hier war es doch ganz wunderbar. Und was meinte er überhaupt mit »zurück«? Wo war oben? Da war es bestimmt nicht so gemütlich wie hier. Da wollte ich lieber nicht hin.
    »Hast du denn schon deinen Tee getrunken?«, fragte die Dame Sandro. Sie war so sehr um sein Wohlergehen besorgt.
    Plötzlich spürte ich etwas Nasses, Warmes. Es rann mir den Rücken hinunter. Hatte mir Sandro etwa seinen leckeren Tee in den Nacken gekippt? Warum hatte er das denn getan? Irgendwie konnte ich meine Gedanken gar nicht mehr richtig denken.
    »Oh ja. Er war köstlich. Darf ich noch etwas davon haben?«, fragte Sandro und die liebe Alte lächelte ihr nettes Lächeln. Dann stand sie wieder auf, um nochmals zum Feuer zu gehen. Sie war wirklich nett. Ich kannte noch eine alte Frau, die so nett war. Mir fiel nur der Name nicht ein.
    Da riss mich Sandro aus dem Sessel.
    »Los! Renn!«, schrie er und drückte mich vorwärts in den Gang hinaus.
    »Hey, hey, hey!«, stammelte ich und blieb wankend stehen.
    »Entschuldige bitte, ich muss das jetzt tun«, sagte Sandro und gab mir eine Ohrfeige. Dann schubste er mich weiter vor sich her.
    »Hey!«
    »Kommt sofort zurück!«, brüllte eine grässliche Stimme aus dem Zimmer hinter uns. Sandro packte meine Hand und zog mich mit sich. »Komm, Kurt! Versuch zu rennen!«
    »Na, wartet!«, schrie die seltsame Alte uns nach. »Weit werdet ihr nicht kommen!«
    Ein furchtbares Rasseln hallte durch den Gang. Ich drehte mich um und sah, wie die kleine Frau an einer großen Kette zog, die von der Decke hing.
    »Kurt, schau nach vorn und setze einen Fuß vor den anderen«, keuchte Sandro neben mir.
    »Hahahahahaha! Hahahahahaha!«, lachte die Alte böse.
    Dann machte es rumms und der spärliche Lichtschein aus ihrem Zimmer erlosch.
    Sie hat die Tür zugemacht, wollte ich sagen. Aber das ging nicht, denn meine Zunge fühlte sich zu schwer an. Aus der Dunkelheit hinter uns kam ein wildes Gurgeln und Donnern.
    »Was ist das?«, rief Sandro. Aber ich wusste es natürlich auch nicht. Und wenn doch, dann hätte ich es nicht denken und auch nicht sagen können.
    Das Donnern kam immer näher. Wir versuchten noch schneller zu rennen. Doch das war unmöglich. Es war stockdunkel und meine Beine wollten einfach nicht machen, was ich wollte. Eigentlich wusste ich selber gar nicht so genau, was ich wollte. Wie sollten es dann meine Beine wissen? Das donnernde Rauschen und Gurgeln war jetzt direkt hinter uns. Eine eisige Wasserflut kam durch den Schacht geschossen.
    Da fand ich plötzlich meine Stimme wieder.
    »Hilfe!«, schrien Sandro und ich im Chor, als wir von der Riesenwelle erfasst und herumgeschleudert wurden. Für einen Moment wurde ich von den Wassermassen gegen die Wand gepresst. Ich bekam keine Luft mehr und verschluckte

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