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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Herden
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mich. Mit aller Kraft versuchte ich mich von der Wand wegzudrücken, um nicht zerquetscht zu werden. Meine Hände ertasteten etwas Glattes im rauen Mauerwerk. Ich öffnete kurz die Augen – und starrte in das Gesicht des seltsamen Wesens, das zusammen mit der Alten auf dem Foto gewesen war! Hing hier im Gang also auch ein Foto von ihm? Da sah ich, dass sich die großen Glupschaugen des Wesens bewegten. Wie konnte das sein? Plötzlich wusste ich, was ich vor mir sah. Das war gar kein Bild. Der Glupschäugige stand hinter einem Fenster! Gab es dieses Wesen also wirklich? Stand es da etwa hinter einer Scheibe und schaute zu, wie wir ertranken?
    Aber bevor ich den Gedanken zu Ende denken konnte, wurde ich vom Wasser mitgerissen. Es gab kein Oben und kein Unten mehr, kein Rechts und kein Links, kein Vorne und kein Hinten. Es gab kein Entkommen. Ich umklammerte meinen Rucksack und rollte mich zu einem Ball zusammen. Wir würden entweder ertrinken oder an einer Wand zerschellen. Ich war mir sicher, dass unser letztes Stündlein geschlagen hatte und hörte auf zu atmen.

Weggespült

    Natürlich starben wir nicht, sonst könnte ich ja jetzt gar nicht unsere Geschichte erzählen. Eine unendlich lange Zeit wurden wir vom eiskalten Wasser mitgerissen, herumgeschleudert und durcheinandergewirbelt wie die Wäsche in einer Waschmaschine. Dann war plötzlich alles vorbei. Ich lag auf irgendetwas Weichem. Um mich herum war nichts als Rabenschwärze. Ich konnte langsam wieder klar denken und hörte ein seltsames Klappern. Es dauerte eine Weile bis ich kapierte, dass es meine Zähne waren, die aufeinanderschlugen. Mir war entsetzlich kalt.
    »Lebst du noch?«, fragte Sandro unter mir. »Ich weiß es noch nicht genau. Es ist aber möglich«, antwortete ich und krabbelte von Sandro herunter.
    »Zum Glück hatten wir die Helme auf und zum Glück haben wir all unsere Sachen in den wasserdichten Beuteln verstaut«, sagte Sandro.
    Ich hörte ein Rascheln und dann ging das Licht an. Sandro hatte seine Taschenlampe angeknipst.
    »Bist du verletzt?«, fragte er und leuchtete mich an.
    Ich bewegte langsam meinen Kopf, meine Arme und meine Beine. Es fühlte sich nicht so an.
    »Ich glaube nicht. Ich habe aber meine Brille verloren«, sagte ich und klapperte noch etwas lauter mit den Zähnen. Ich würde hier unten nichts mehr sehen können.
    Da griff Sandro unter meinen Helm und zog etwas heraus. »Hier ist sie. Sie hatte sich im Helm verfangen.« Dankbar setzte ich die Brille auf meine Nase. »Mir ist so furchtbar kalt«, sagte ich schnatternd. »Du hast doch den Kapuzenpullover der Prinzessin eingepackt. Vielleicht ist der noch trocken«, sagte Sandro. Da erst merkte ich, dass ich meinen Rucksack an mich gepresst hielt wie einen Rettungsreifen. »Stimmt«, sagte ich und ließ ein wenig locker. Sofort wurde mir noch kälter.
    Mit zitternden Händen öffnete ich den wasserdichten Beutel in meinem Rucksack. Der Pullover war tatsächlich noch trocken. Ich zog meinen nassen Pulli aus und schlüpfte in das rosa Sweatshirt. Es reichte mir bis über den Po. Die Prinzessin war wirklich groß. Oder ich war wirklich klein.
    »Und du? Du bist doch auch ganz nass«, sagte ich zu Sandro.
    »Das ist nicht so schlimm. Ich werde eigentlich nie krank. Außerdem geht es dir bestimmt viel schlechter als mir. Du hast ja auch von dem Tee getrunken. Merkst du eigentlich noch was von der Wirkung?«
    Als Sandro das fragte, spürte ich plötzlich den Schmerz in meinem Kopf. »Mein Kopf brummt wie ein Wespennest oder wie ein Presslufthammer oder beides zusammen«, stöhnte ich.
    »Auweia«, sagte Sandro.
    »Wo sind wir hier eigentlich?«, fragte ich und schaute mich um. »Das weiß ich nicht. Aber ich kann dir zeigen, wo wir herkamen.«
    Sandro leuchtete die Decke an, die bestimmt drei Meter über uns lag. Dort klaffte ein großes Loch, aus dem noch immer ein kleines Rinnsal auf den Boden tropfte.
    »Da sind wir runtergefallen?«, staunte ich.
    Ich habe keine Höhenangst. Aber ich konnte mich nicht daran erinnern, dass wir so tief gefallen waren. Und das machte mir Angst.
    »Na ja, gefallen ist nicht das richtige Wort«, erwiderte Sandro. »Wir sind eher heruntergespült worden.«
    »Darum leben wir also noch«, sagte ich und mir wurde wieder kalt. »Ja. Das Wasser ist ganz schnell durch Löcher in den Wänden abgeflossen, sonst wären wir ertrunken.« Im Strahl der Taschenlampe entdeckten wir eine kleine Tür am Ende des schmalen Raumes. »Die Tür ist der einzige

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