Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
befürchtete Sandro.
»Sie weiß wahrscheinlich gar nicht mehr, was sie will«, vermutete ich. »Weil sie immer, wenn sie Durst hat, Tee zu trinken kriegt.«
»So was Blödes«, sagte Sandro.
Und das war es.
Wir liefen auf den Flur hinaus und das Neonlicht ging an. Es funktionierte wahrscheinlich durch einen Bewegungsmelder. Auch das Sirren der Kameras war wieder zu hören und wir wussten, dass wir beobachtet wurden. Aber wir taten so, als würden wir das nicht bemerken.
»Was hast du denn geträumt?«, fragte Sandro. Ich schaute ihn von der Seite an, wie er weiß gekleidet und mit frisch gewaschenen Haaren neben mir herlief. »Ach, frag lieber nicht«, antwortete ich und war froh, wenigstens einmal nur geträumt zu haben.
Wir liefen immer weiter den Gang entlang. Er schien kein Ende nehmen zu wollen. Wir öffneten keine der Türen, die rechts und links abgingen. Sie sahen alle gleich aus und wir vermuteten dahinter entweder Dusch- oder Schlafräume.
»Hier scheint eine Küche zu sein«, sagte ich, als wir an einer Tür vorbeiliefen, aus der ein köstlicher Geruch drang.
Wir blieben stehen, denn wir hatten einen Bärenhunger. Sandro öffnete die Tür. Dahinter verbarg sich tatsächlich eine riesige Küche. Es roch wirklich sehr lecker und ich bekam noch größeren Hunger.
»Mensch, hab ich Kohldampf«, stöhnte Sandro und suchte auf den herumstehenden Blechen und Pfannen nach etwas Essbarem. Sie waren nicht gespült worden und es waren genug Reste übrig. Sie waren sogar noch warm.
»Hähnchen mit Pommes«, sagte Sandro. Wir schütteten alles auf ein Blech zusammen und stellten es zwischen uns.
»Das hier ist also die Küche, von der aus die Kinder in der Schule mit Essen versorgt werden«, sagte Sandro und wollte sich gerade eine Pommes in den Mund schieben. Aber da begriffen wir es beide gleichzeitig. Wir durften auf keinen Fall etwas essen. Sandro warf die Pommes wieder auf das Blech und ich spuckte den Bissen aus, den ich schon im Mund hatte.
»Das war jetzt wirklich knapp«, sagte ich.
Sandro blickte noch einmal sehnsüchtig auf das Blech, bevor er ihm einen Schubs gab. Es rutschte mit einem Scheppern ein Stückchen von uns weg.
»So was Blödes, ich habe solchen Hunger«, seufzte er.
Zur Antwort knurrte mein Magen. Wir schauten uns in dem weiten Raum um, in dem sich Herd neben Spüle und Spüle neben Herd reihten.
»Guck mal hier«, raunte Sandro. Er griff in ein Regal und nahm eine kleine, braune Flasche heraus, wie ich sie aus der Apotheke kannte. Die Flasche hatte eine Pipette im Deckel und auf ihrem Bauch klebte ein kleines, verschmiertes Schild. Darauf stand:
KINDERGLÜCK
»Das ist das Mittel, das sie ins Essen und in den Tee mischen«, flüsterte ich, heiser vor Aufregung.
Sandro nickte stumm und wollte die Flasche schon zurückstellen, als er innehielt. »Wollen wir sie auskippen und stattdessen Wasser hineinlaufen lassen?«, flüsterte er.
Wir schauten uns an und suchten aus den Augenwinkeln nach Kameras. Es waren aber keine zu sehen.
»Tolle Idee«, flüsterte ich und kippte die Flasche in einem Spülbecken aus. Dann füllte ich sie mit Wasser und stellte sie zurück. Da entdeckte ich im Regal über dem nächsten Herd noch ein Fläschchen. Und dann noch eines und noch eines. Über jedem Herd stand eine Apothekenflasche.
»Es sind zu viele. Wir können sie nicht alle ausschütten«, sagte ich.
Plötzlich gab es ein lautes Getöse im Flur.
»Da kommt jemand«, flüsterte Sandro. »Los, wir klettern auf das Regal. Nach oben schauen sie bestimmt nicht.«
Also krabbelten wir auf das Regal und versteckten uns hinter großen Töpfen. Gerade noch rechtzeitig. Denn da öffnete sich auch schon die Tür und eine Schar laut schnatternder Rattenmänner kam herein. Bisher kannte ich ja nur den Rattenmann, der in unserer Schule das Essen verteilt hatte. Aber es gab offensichtlich mehr von ihnen. Sie trugen Tellerstapel, Besteckkörbe und Tabletts, die sie in die einzelnen Spülbecken abluden. Dann gingen sie wieder aus der Küche hinaus. Keiner von ihnen hatte den Kopf gehoben und nach oben geschaut.
»Sie haben uns nicht gesehen«, flüsterte ich erleichtert.
»Es gibt also mehrere von ihnen«, sagte Sandro.
»Das bedeutet, dass nicht nur die Kinder in unserer Schule von ihnen versorgt werden.«
»Richtig. Wenn ich mir überlege, wie viele Betten hier bereitstehen, wird mir ganz übel«, murmelte Sandro. Er schickte sich an, wieder vom Regal zu klettern.
»Komisch, dass es hier in der
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