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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Herden
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auch mal abgewaschen werden«, rief ich und setzte meinen auf.
    Sandro tat das gleiche. Wir sahen zum Schießen komisch aus, wie zwei Rieseneierköpfe auf dünnen Beinen, die gerade von einem anderen Planeten gelandet waren. Wir lachten und spritzten uns gegenseitig mit Wasser voll. Aber plötzlich hallte unser Johlen so laut durch den Duschraum, dass wir vor Schreck still wurden. Einige Minuten später saßen wir mit den Helmen auf dem Kopf und in die Handtücher gewickelt nebeneinander auf einer Bank.
    »Wenn wir hier irgendwo etwas anderes zum Anziehen finden würden, wäre das wirklich prima«, sagte ich leise. Wir hatten beide keine Lust, wieder in unsere schleimigen und stinkigen Kleider zu schlüpfen. Nur um meine Mütze tat es mir leid. Obwohl sie unter dem Helm gewesen war, triefte sie vor Schleim und ich wollte sie nicht mehr behalten. Vielleicht würde mir Oma eine neue stricken, wenn sie wieder nach Hause kam. Aber hoffentlich keine grüne oder braune. Blau mit einem orangefarbenen Streifen wäre schön. Blau und Orange passen nämlich super zusammen.
    »Hey, wovon träumst du gerade?«, fragte Sandro und rüttelte mich am Arm. »Lass uns lieber mal auf die Suche nach Klamotten gehen.«
    Wir griffen unsere tropfenden Rucksäcke und liefen zur Tür. Da hörte ich ein feines Sirren aus einer Ecke. Unauffällig schaute ich dorthin und entdeckte eine Kamera, die mit ihrem Objektiv unseren Bewegungen folgte. Wir wurden also tatsächlich die ganze Zeit beobachtet! Wir überquerten den Gang und öffneten eine der Türen auf der gegenüberliegenden Seite.
    »Das ist ja unglaublich«, flüsterte Sandro.
    Vor uns lag ein Raum, der so groß war, dass wir sein Ende nur erahnen konnten. An den Wänden stand ein weißes Doppelstockbett neben dem anderen.
    »Das müssen um die 100 Betten sein«, staunte ich.
    Zu jedem Bett gehörte ein weißer Schrank. Wir öffneten einen der Schränke und fanden darin tatsächlich Anziehsachen: weiße Hosen und Pullis in meiner Größe und ein paar Schränke weiter auch in Sandros Größe. Während wir uns anzogen, wurde mir ziemlich mulmig zumute.
    »Ich habe einen schrecklichen Verdacht«, murmelte ich und schaute mich in dem riesigen Raum um. Mir wurde kalt. »Ich auch«, sagte Sandro und seine Stimme klang, als hätte er eine Gänsehaut.
    »Hier ist alles vorbereitet …«, begann ich.
    »… für die Kinder«, beendete Sandro den Satz.
    Über uns war wieder ein Kamerasirren zu hören.
    »Da will irgendjemand die Kinder aus der Stadt hierherbringen«, flüsterte ich. »Aber warum? Wozu soll das gut sein?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Besonders gemütlich ist es hier jedenfalls nicht.«
    »Braucht es ja auch gar nicht zu sein«, sagte ich leise und Sandro starrte mich aus großen Augen an.
    »Stimmt«, flüsterte er, »die haben ja dann den Tee.«
    Uns schauderte.
    »Wie hast du dich denn gefühlt, nachdem du davon getrunken hast?«, fragte Sandro. »Du warst auf alle Fälle total seltsam und hast sogar den Keks mit den Maden gegessen.« Er schüttelte sich vor Ekel und ich wollte daran eigentlich lieber gar nicht mehr denken.
    »Das war total verrückt. Es war plötzlich so schön warm und gemütlich. Und die alte Lurchfrau fand ich sehr nett. Ich hatte vergessen, woher ich kam und an meine Mutter und meine Oma konnte ich mich kaum noch erinnern. Ich wollte nie wieder weggehen, sondern für immer in dem Zimmer bei der Alten bleiben.«
    »In dem Tee war sicher das gleiche Mittel wie in dem Essen, das der Rattenmann in der Schule ausgeteilt hat. Irgendeine Droge, die einem die Gedanken und Gefühle ganz durcheinanderbringt. Dann will man gar nichts mehr tun, sondern ist einfach zufrieden, egal in was für einer merkwürdigen Situation man gerade steckt.«
    »Also werden sich alle Kinder hier wohlfühlen und nichts vermissen«, sagte ich. »Nicht einmal ihre Eltern. Aber die scheinen sie ja sowieso schon ganz vergessen zu haben.« Ich dachte an die lächelnden Kinder, die im Schulhof faul in der Sonne lagen. Und mir fiel plötzlich auf, dass ich, seitdem es das Mittagessen gab, kein Kind mehr hatte weinen hören, nicht einmal die Kleineren.
    »Aber die Eltern haben ja ihre Kinder auch vergessen«, sagte Sandro düster.
    »Gruselig«, sagte ich.
    »Verdammt gruselig.«
    Die Betten schienen plötzlich unsere Namen zu flüstern und ich konnte meine Augen kaum noch offen halten. Obwohl ich mich hier unten alles andere als wohlfühlte, wollte ich nur noch schlafen. Mir war

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