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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verächtlich den Rest aus meinem Becher zurück in seine Karaffe und stapfte hinaus.
    Ich wußte genau, daß der Oberspion mir ein nachsichtiges Lächeln hinterher schickte. Er war davon überzeugt, daß ich mir sein faszinierendes Angebot überlegen würde und zurückgekrochen käme.
    Etwas hatte Anacrites dabei allerdings nicht bedacht: Helena.

IV
    Schuldbewußt wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem kleinen Elefanten zu.
    Helena beobachtete mich. Sie sagte nichts, sah mich aber mit einem ganz bestimmten ruhigen Blick an. Der hatte die gleiche Wirkung auf mich wie ein Gang durch eine dunkle Gasse zwischen hohen Häusern, die als Schlupfwinkel bewaffneter Räuberbanden berüchtigt sind.
    Ich brauchte gar nicht zu erwähnen, daß mir eine neue Mission angeboten worden war; Helena wußte es bereits. Jetzt bestand mein Problem nicht mehr darin, es ihr irgendwie beizubringen, sondern so zu klingen, als hätte ich schon die ganze Zeit damit rausrücken wollen. Ich unterdrückte einen Seufzer. Helena schaute weg.
    »Wir gönnen dem Elefanten erstmal eine Pause«, grummelte Thalia, als sie sich uns wieder zugesellte. »Ist er brav gewesen?« Sie meinte den Python. Vermutlich.
    »Er ist ein Schatz«, erwiderte Helena im gleichen trockenen Ton. »Thalia, wie war das mit einem möglichen Auftrag für Marcus?«
    »Ach, nichts.«
    »Wenn es nichts wäre«, sagte ich, »dann hättest du es auch nicht erwähnt.«
    »Nur ein Mädchen.«
    »Marcus mag Aufträge, bei denen es um Mädchen geht«, bemerkte Helena.
    »Das kann ich mir denken!«
    »Einmal habe ich dabei ein nettes kennengelernt«, warf ich gedankenvoll ein. Das Mädchen, das ich mal kennengelernt hatte, griff auf ziemlich nette Weise nach meiner Hand.
    »Alles nur Gerede«, tröstete Thalia sie.
    »Tja, er hält sich für einen Dichter.«
    »Stimmt: alles nur Lippenbekenntnisse und Libido«, ergänzte ich; reine Selbstverteidigung.
    »Nichts als Angabe«, knurrte Thalia. »Genau wie der Dreckskerl, der mit meiner Wasserorgelspielerin durchgebrannt ist.«
    »Ist das die vermißte Person?« Ich zwang mich, Interesse zu heucheln, um einerseits meine Professionalität unter Beweis zu stellen, vor allem aber, um Helena abzulenken.
    Thalia räkelte sich auf den Arenasitzen. Die Wirkung war dramatisch. Ich hielt den Blick fest auf den Elefanten gerichtet. »Drängel mich nicht, wie der Hohe Priester zu seinem Helfer sagte … Sophrona war ihr Name.«
    »Wie konnte es auch anders sein.« All die billigen Flittchen, die Musikinstrumente spielten, nannten sich heutzutage Sophrona.
    »Sie war wirklich gut, Falco!« Ich wußte, was das hieß. (Da es von Thalia kam, bedeutete es, daß sie es tatsächlich war.) »Sie konnte spielen«, bestätigte Thalia. »Es gab genügend Speichellecker, die von dem Interesse des Kaisers profitierten.« Damit meinte sie Nero, den Wasserorgelfanatiker, nicht unser jetziges liebenswertes Exemplar. Vespasians berühmteste musikalische Leistung bestand darin, während Neros Leierspiel eingeschlafen zu sein, und er konnte von Glück sagen, daß er mit ein paar Monaten Exil davongekommen war. »Sophrona war eine wirkliche Künstlerin.«
    »Auf musikalischem Gebiet?« fragte ich unschuldig.
    »Was die für Griffe draufhatte … Und wie sie aussieht! Wenn Sophrona das Instrument bediente, hob es die Männer von ihren Sitzen.«
    Ich fragte nicht nach und schaute auch Helena nicht an, die schließlich in anständiger Umgebung aufgewachsen war. Trotzdem hörte ich sie schamlos kichern, bevor sie fragte: »War sie lange bei Ihnen?«
    »Schon als Baby. Ihre Mutter war eine schlaksige Tänzerin aus einer Theatertruppe, der ich mal begegnete. Mir war gleich klar, daß die kein Kind aufziehen konnte. Keine Lust dazu hatte, trifft wohl eher zu. Ich rettete das Blag, kümmerte mich, bis es ein nützliches Alter erreicht hatte und brachte dem Mädel dann alles Wissenswerte bei. Für eine Akrobatin war sie zu groß, erwies sich aber glücklicherweise als musikalisch, und als ich sah, daß die Hydraulis das Instrument der Stunde war, ergriff ich die Gelegenheit und ließ Sophrona daran ausbilden. Ich zahlte dafür, zu einer Zeit, als es mir noch nicht so gut ging wie heute; deshalb ärgert es mich, daß sie weg ist.«
    »Was ist passiert, Thalia?« fragte ich. »Wie kann eine Expertin wie du derart fahrlässig sein und ein so wertvolles Talent ihrer Truppe verlieren?«
    »Ich habe sie nicht verloren!« schnaubte Thalia. »Das war Fronto, dieser Trottel. Er führte

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