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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Bühne und kam mit einem beunruhigten Flackern im Blick zu uns. Ich nickte ihm diskret zu; die Aufführung würde weitergehen. Dann sah ich, wie Thalia Davos am Arm packte und ihm ins Ohr flüsterte: »Wenn Sie das nächste Mal auf der Bühne sind, geben Sie diesem Tranio einen Tritt.«
    Musa trat vor, um Grumio die Zügel von Philocrates’ Muli zu geben, das in der nächsten Szene gebraucht wurde. Beide waren in Reisemäntel geschlüpft; es war ein sehr schneller Kostümwechsel. Philocrates als junger Herr schwang sich auf sein Muli. Grumio schenkte den Umstehenden ausnahmsweise mal kaum Beachtung.
    Gerade wollten sie für eine kurze Reiseszene zum Landgut auf die Bühne zurück, da trat Musa noch einmal auf Grumio zu. Grumio, der das Muli führte, würde gleich im Blickfeld des Publikums auftauchen. Ganz unerwartet rammte ihm Musa einen Hut auf den Kopf. Es war ein breitkrempiger griechischer Hut mit einer Kordel unter dem Kinn. Ich sah Grumio bleich werden.
    Der Hut war schlimm genug. Aber mein treuer Gefährte hatte sich noch einen Trick ausgedacht: »Vergessen Sie nicht, zu pfeifen!« befahl ihm Musa fröhlich. Es klang wie eine Regieanweisung, doch einige von uns wußten es besser.
    Bevor ich ihn daran hindern konnte, hatte er dem Muli einen Klaps auf das Hinterteil gegeben. Das Tier hoppelte in die Arena und zerrte Grumio hinter sich her.
    »Musa! Sie Idiot. Jetzt weiß er, daß wir Bescheid wissen.«
    »Der Gerechtigkeit muß Genüge getan werden«, sagte Musa ruhig. »Ich wollte, daß er es weiß.«
    »Ihr wird aber nicht Genüge getan werden«, gab ich wütend zurück, »wenn Grumio entkommt!«
    Auf der anderen Seite der Arena stand das Tor sperrangelweit offen. Dahinter erstreckte sich die unendliche Wüste.

LXXI
    Grumio drehte sich zu uns um. Zu seinem Pech ließen sich der stämmige Philocrates und sein Muli nicht aufhalten, und er konnte die Szene nicht vorzeitig verlassen. Moschion sollte jetzt einen längeren Monolog über Frauen halten; für Philocrates der Höhepunkt des Stückes. Kein Wunder. Die Figur, die er darstellte, war ein beschränkter Dummkopf, und der Monolog war praktisch sein eigener.
    Ich schoß herum und packte Davos am Arm. »Ich brauche eure Hilfe. Als erstes Ihre, Musa. Laufen Sie außen um das Amphitheater herum und machen Sie das verdammte Tor zu, falls es noch nicht zu spät ist.«
    »Das übernehme ich«, sagte Thalia ruhig. »Er hat schon genug angerichtet!« Sie war eine Frau der Tat, rannte zu einem Kamel, das einer der Zuschauer draußen angepflockt hatte, und galoppierte Sekunden später in einer Staubwolke davon.
    »Gut. Davos, steigen Sie hinter der Arena hoch und kommen Sie dann die Stufen zum Tribunal hinunter. Flüstern Sie dem Kommandeur zu, daß wir mindestens einen Mörder hier unten haben und möglicherweise auch einen Komplizen.« Ich hatte Tranio, der immer noch in seiner Seitennische hockte, nicht vergessen. Keine Ahnung, was der vorhaben mochte. »Helena ist dort und wird Sie unterstützen. Sagen Sie dem Mann, daß Verhaftungen vorgenommen werden müssen.«
    Davos begriff sofort. »Jemand muß den Dreckskerl von der Bühne holen …« Ohne zu zögern, warf er einem Umstehenden seine Maske zu, schlüpfte aus dem Geisterkostüm und ließ es mir über den Kopf fallen. Nur mit einem Lendenschurz bekleidet, rannte er auf den Kommandeur zu. Man gab mir die Maske.
    Und so steckte ich plötzlich von Kopf bis Fuß in einem weißen Wallegewand, das mir um die Arme flatterte. Außerdem war es stockfinster. Der Geist war die einzige Figur, die eine Maske trug. Sonst benutzten wir sie kaum. Warum nicht, war mir in dem Moment klar, als mir das Ding um den Kopf gebunden wurde. Abgeschlossen von der Welt, versuchte ich, in Windeseile zu lernen, wie man durch die Augenlöcher schaut, und bekam kaum Luft.
    Irgendjemand packte mich am Arm.
    »Er ist also schuldig?« Es war Congrio. »Dieser Grumio?«
    »Geh mir aus dem Weg, Congrio. Ich muß den Clown stellen.«
    »Oh, das mache ich!« rief er. Die Selbstsicherheit in seiner Stimme erinnerte mich schwach an Helenas bestimmte Art. Er war ihr Schüler, einer, den sie eindeutig vom rechten Pfad abgebracht hatte. »Helena und ich haben uns einen Plan ausgedacht!«
    Ich hatte keine Zeit, ihn davon abzubringen, weil ich mich noch immer mit meinem Kostüm abplagte. Mit einem lächerlichen Sprint (den er offenbar für große Schauspielkunst hielt) sauste Congrio vor mir in die Arena. Ich erwartete immer noch, den Text zu hören, den

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