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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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kein Wort zu Grumio, sonst werden Sie auch verhaftet.«
    Aus meinem wütenden Griff befreit, stülpte sich Tranio die zweifarbige Perücke über und schritt durch das Tor. Der Rest des Ensembles, Thalia, Musa und ich, schauten zu.
     
    Wenn man in der Arena stand, wirkte das Oval riesig groß. Musa und Thalia warfen mir neugierige Blicke zu, während ich nachdachte. Auf der Bühne begann Tranio seinen Auftritt als hektischer Koch. Er schien sich eng an den Text zu halten. Bald schimpfte er den tölpelhaften Grumio aus, der einen Bauernjungen spielte und Fleisch für das Fest gebracht hatte. Chremes stürmte herein, um ihnen Befehle zu erteilen, machte ein paar Witze über unersättliche Frauen, die Tag und Nacht besprungen werden wollen, und eilte wieder hinaus.
    Auf der einen Längsseite saß Philocrates als mein Held Moschion auf einem Kostümkorb, der mit einer übergeworfenen Decke zum Diwan umfunktioniert worden war, brabbelte gereizt vor sich hin und mimte den von aller Welt unverstandenen Halbwüchsigen. Davos, der Geist, hockte versteckt in einem tragbaren Ofen. Von Zeit zu Zeit lehnte er sich hinaus, um mit Moschion zu sprechen – dem einzigen, der ihn »sehen« konnte. Dann bekam er es mit der Angst zu tun, weil Tranio sich dranmachte, im Ofen Feuer zu entzünden: anspruchsvolles Zeug. Sie sehen schon, warum ich so stolz darauf war. Obwohl mir das Stück im Moment völlig egal war. Ich war kurz davor, einen Mörder zu stellen; mir kam die Galle hoch.
    Im Feuer zu rösten, war nichts im Vergleich zu dem, was ich für Tranio plante, weil er meine Nachforschungen behindert hatte. Und was Grumio betraf, so dachte ich mit Genugtuung daran, daß Verbrecher in der Provinz gewöhnlich in der örtlichen Arena hingerichtet wurden. Ich blickte zum Garnisonskommandeur hinauf. Ob er wohl das Recht hatte, die Todesstrafe zu verhängen? Vermutlich nicht. Aber Ulpius Traianus, der römische Statthalter, würde es haben.
     
    Davos ließ einen entsetzten Schrei los, was von fast allen auf der Bühne ignoriert wurde. Er hielt sich das Hinterteil seines Geisterkostüms und rannte zum Tor hinaus, als sei er versengt. Die Menge genoß es, eine der Figuren leiden zu sehen. Die Stimmung war ausgezeichnet.
    »Was ist los, Falco?« keuchte Davos. In seinem Ofen hockend, war ihm die lange Verzögerung zu Anfang schmerzhaft bewußt geworden.
    »Eine Krise!« sagte ich knapp. Davos schaute verwirrt, kapierte aber offenbar schnell, um welche Art Krise es sich handeln mußte.
    Phrygia und Byrria waren durch das gegenüberliegende Tor auf die Bühne gekommen und scheuchten die »Sklaven« weg, um in der Küche, fern von neugierigen Ohren, den jungen Moschion durchzuhecheln. Tranio und Grumio rannten (meine Regieanweisung) in entgegengesetzte Richtungen, dadurch landete jeder in einer anderen Seitennische, und sie konnten nicht miteinander reden.
    Moschion hatte sich hinter dem Ofen versteckt, um seine Mutter und seine Freundin bei ihrem kleinen Plausch zu belauschen. Eigentlich eine sehr komische Szene. Während die Frauen Witziges von sich gaben, atmete ich tief durch, um mich zu beruhigen.
    Schon bald waren die Clowns wieder auf der Bühne. Hatte ich Tranio vielleicht falsch eingeschätzt? Ich hatte einen Fehler gemacht.
    Dem neben mir stehenden Musa flüsterte ich zu: »Das klappt nie …«
    Ich mußte mich entscheiden: entweder die Aufführung mitten in der Szene abzubrechen oder zu warten. Das Theater war voll mit ungebärdigen Soldaten, die für ihr Eintrittsgeld ein ordentliches Spektakel erwarteten. Wurden sie enttäuscht, konnten wir mit einer Riesenschlägerei rechnen.
    Meine Befürchtungen waren durchaus begründet. »Du wirst eins über die Rübe kriegen!« warnte der gewitzte Koch den Bauerntölpel, als sie auf der Bühne herumalberten. Das stand nicht im Text. »Wenn ich du wäre, würde ich abhauen, solange es noch geht!« Davos, aufgeweckter als die meisten, hatte sofort kapiert und murmelte: »Scheiße!«
     
    Tranio ging wieder zur Seitennische ab, aber Grumio kam auf uns zu. Vielleicht hatte er Tranios Gequatsche nur für Improvisation gehalten. Schließlich paßte es durchaus zu seiner Rolle.
    Musa warf mir einen Blick zu. Ich beschloß, nichts zu tun. Auf der Bühne wurde derweil Philocrates von seiner Mutter hinter dem Ofen entdeckt, bekam Streit mit seiner Freundin und mußte aus den üblichen komplizierten Handlungsgründen aufs Land verschwinden. Mein Drama entfaltete sich schnell.
    Philocrates verließ die

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