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Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)

Titel: Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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Autotür geöffnet und bedeutete dem Gasperlmaier, auch einzusteigen. „Das glaube ich Ihnen gern!“ Sie winkte dem dicken Friedrich sogar noch neckisch zu. „Auf Wiedersehen, Herr Loisenhammer. Vielleicht kann ich mich ja auch einmal mit einem gewerkschaftlichen Anliegen an Sie wenden!“
    Die Frau Doktor lachte noch, als sie das Auto schon gestartet hatte. „Dem haben wir aber jetzt einen schönen Schrecken eingejagt“, grinste sie, „was, Gasperlmaier?“ Gasperlmaier fand, sie hatte ein wenig übertrieben und den Friedrich Loisenhammer lächerlich gemacht. Das, so fürchtete er, konnte auch ihm jederzeit passieren, wenn er sich bei der Frau Doktor im Ton oder in der Wortwahl vergriff. Er musste vorsichtig sein.
    Gasperlmaier war es plötzlich so, als hätte er in der Schule irgendetwas Wichtiges gesehen, das mit ihrem Fall zusammenhing. Er zermarterte sich das Hirn, aber je mehr er sich bemühte, desto mehr entschwand ihm das Bild, das seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Oder war es vor der Schule gewesen? Es war zwecklos. Gasperlmaier ärgerte sich darüber, dass es ihm immer wieder so ging. Manchmal fiel ihm etwas ein, was er unbedingt wissen wollte, und er schaltete den Computer ein, um im Internet nachzusehen. Wenn der hochgefahren war, war es oft schon zu spät. Es war ihm entfallen, was er noch vor wenigen Minuten dringend hatte wissen wollen. Manchmal fragte er sich, ob das was mit beginnender Demenz oder Alzheimer zu tun haben konnte.
    „Schwarze Lehrergewerkschafter sind so sexy! Finden Sie nicht, Gasperlmaier?“ Die Frau Doktor konnte sich noch immer nicht beruhigen. Gasperlmaiers Schweigen jedoch deutete sie falsch. „Gasperlmaier, hab ich Sie etwa beleidigt? Sind Sie politisch auch eher konservativ eingestellt?“ Plötzlich war sie ernst geworden. Gasperlmaier fühlte sich bei dieser Frage nicht wohl. Er wählte seit Jahr und Tag die Sozialdemokraten, wie auch seine Eltern das getan hatten, Gedanken darüber hatte er sich aber nie viel gemacht. Die Christine wählte die Grünen, Gasperlmaier aber hatte bei politischen Debatten zu Hause kaum jemals etwas beizutragen. Die Christine meinte, es passe schon, dass einer in der Familie den Roten eine Stimme gab. Gasperlmaier war nicht gerade glücklich darüber, dass er sich jetzt auch politisch deklarieren musste, sodass der Informationsvorsprung, was sein Verhältnis zur Frau Doktor betraf, auf ihrer Seite immer größer und größer wurde. Das musste sich ändern. „Wie heißen Sie eigentlich mit Vornamen?“, platzte er heraus. Die Frau Doktor sah erstaunt zu ihm hinüber, obwohl sie gerade dabei war, in den fünften Gang zu schalten. Gasperlmaier begriff, dass das natürlich eine völlig inadäquate Antwort auf ihre Frage gewesen war – er hatte ja seine Gedankengänge, die ihn schließlich dazu geführt hatten, für sich behalten.
    Die Frau Doktor riskierte einen neuerlichen Seitenblick. Mit angehobenen Augenbrauen. „Gasperlmaier, da sind Sie mir jetzt aber eine Erklärung schuldig. Ich frag Sie nach Ihrer politischen Einstellung – zugegeben, das geht mich nichts an – aber trotzdem finde ich Ihre Reaktion seltsam: Sie fragen mich daraufhin nach meinem Vornamen?“ Gasperlmaier erkannte den angehobenen Ton am Ende des Satzes, der eine Erklärung forderte. Er spürte Hitze in sein Gesicht aufsteigen, der Erklärungsnotstand machte sich wieder einmal in einer Sprechhemmung bemerkbar. „Ich …“ Gasperlmaier fuchtelte hilflos mit den Händen in der Luft herum, bemühte sich aber gleichzeitig, regelmäßig und tief ein- und vor allem auszuatmen. Es half. Er versuchte, seine Gedankengänge kurz zu fassen. „Nein, nein“, begann er, „das macht nichts. Ich meine, dass Sie wegen der Politik nachfragen. Ich habe mir nur gedacht, dass Sie fast alles über mich wissen, und ich gar nichts über Sie. Und jetzt wollten Sie auch noch wissen, wie ich über Politik denke. Und da ist mir eingefallen, dass ich nicht einmal Ihren Vornamen kenne!“
    „Ach so. Entschuldigung.“ Die Frau Doktor, so schien es Gasperlmaier, war ein wenig betroffen. „Ich heiße Renate. Ich sage meinen Vornamen nicht gern, er gefällt mir nicht. Ich weiß auch nicht, wie meine Eltern darauf gekommen sind.“ Die Frau Doktor bog so plötzlich in die Einfahrt zum Supermarkt ein, dass Gasperlmaier gegen sie geschleudert zu werden drohte. Unwillkürlich stützte er sich mit der Hand auf ihrem Oberschenkel ab, zog sie aber so schnell wieder zurück, als hätte er sich

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