Letzter Gipfel: Ein Altaussee-Krimi (German Edition)
mir nur aufgefallen, weil sonst überhaupt kein Verkehr war, weil ja das Wetter so schlecht war. Und außerdem hat er es ziemlich eilig gehabt, war mein Eindruck.“ Der Silotransporter vor ihm wurde immer langsamer, wohl weil er das Polizeifahrzeug hinter sich bemerkt hatte, mutmaßte Gasperlmaier. Er verzichtete jedoch auf ein Überholmanöver, denn er musste sich darauf konzentrieren, was er der Frau Doktor mitzuteilen hatte. „Und den braunen Passat, den habe ich gestern vor der Ischler Tourismusschule wiedergesehen. Also, ich meine, den gleichen Typ. Ob es wirklich dasselbe Auto war, das kann ich natürlich nicht wissen.“ Im Rückspiegel bemerkte Gasperlmaier, dass sich hinter ihnen bereits eine ansehnliche Kolonne gebildet hatte. Niemand überholte gern ein Polizeiauto, schon gar nicht bei Regen und schlechter Sicht. „Und das ist Ihnen nicht früher eingefallen?“ Gasperlmaier hatte sich gegen die Kritik gewappnet. „Gestern und heute, den ganzen Tag schon, habe ich so ein Gefühl gehabt, dass ich was Wichtiges übersehen habe, und einmal, gestern, als wir aus dem Krankenhaus gekommen sind, da ist es mir fast wieder eingefallen. Als Sie abgeholt worden sind.“ „Ah, ja?“ Die Frau Doktor klang ein wenig sarkastisch, fand Gasperlmaier. Vielleicht war in seiner Stimme ja doch so etwas wie Eifersucht oder Vorwurf mitgeklungen. „Ja, und es ist mir halt erst jetzt wieder eingefallen. Als ich so ein ähnliches Auto gesehen habe.“ Gasperlmaier war entschlossen, dieses Gespräch jetzt zu einem für ihn positiven Ende zu bringen. „Und jetzt habe ich mir gedacht, fahren wir noch einmal zur Tourismusschule und schauen, ob das Auto dort steht. Und wenn es dort steht, finden wir sicher heraus, wem es gehört, und fragen den einmal, was er denn am Montagvormittag auf dem Loser gemacht hat.“ „Richtig gedacht, Gasperlmaier. Und, danke für die Beobachtung. Wenn Sie recht haben, müssen Sie sich jetzt innerlich auf die Verhaftung eines Mörders einstellen. Das kann gefährlich werden!“ Die Frau Doktor langte unter ihre Jacke und klopfte auf das Holster, in dem sie ihre Glock 17 trug. Gasperlmaier war zufrieden, dass die Sache damit anscheinend in Ordnung war, hoffte aber, dass die Frau Doktor ein wenig übertrieben hatte. Auf eine Schießerei in einer Schule voller Kinder hatte er absolut keine Lust.
In St. Agatha bog der LKW , der sich noch immer vor ihnen befand, zu einer Tankstelle ab. Gasperlmaier stellte im Rückspiegel fest, dass der Laster hinter ihnen gleich wieder auf die Bundesstraße einbog, ohne zu tanken. Wahrscheinlich, dachte Gasperlmaier bei sich, hat er sich von mir verfolgt gefühlt und wollte mich abschütteln. In Gasperlmaier kam die Lust auf, den LKW anzuhalten und seinen Fahrtenschreiber zu kontrollieren. Doch damit, das wusste er, durfte man sich jetzt nicht aufhalten.
Der Parkplatz der Tourismusschule war noch voll belegt, es war ja noch am Vormittag. „Fahren Sie einmal vorsichtig eine Runde und schauen wir, ob das Auto dasteht“, sagte die Frau Doktor. Doch kaum war Gasperlmaier auf den Parkplatz eingebogen, manövrierte ihnen gegenüber ein brauner Kombi aus einer Parklücke heraus. „Schauen Sie, Gasperlmaier! Ist er das?“ Gasperlmaier bemühte sich, zwischen den Autos hindurch einen guten Blick auf das Fahrzeug zu erhaschen, was schwierig war. Farbe und Form schienen mit seiner Erinnerung übereinzustimmen. „Schon, glaub ich!“ „Verfolgen!“, befahl die Frau Doktor. „Aber mit Abstand! Scheiße, dass wir jetzt kein Zivilfahrzeug zur Verfügung haben!“ Gasperlmaier war erstaunt über die derbe Ausdrucksweise der Frau Doktor, tat aber, was er konnte. Im Leben nicht hätte er sich träumen lassen, dass er einmal eine Verfolgungsjagd im Auto erleben würde, noch dazu am Steuer. Es kamen ihm Zweifel, ob er und der Opel der Herausforderung gewachsen sein würden. Gerade als Gasperlmaier am hinteren Ende des Parkplatzes um die geparkten Autos herum wendete, verschwand der braune Passat auf der Straße in Richtung Innenstadt. Jetzt hatte ihn Gasperlmaier ganz genau erkennen können. „Gas! Gas!“, befahl die Frau Doktor. Gasperlmaier trat ordentlich auf das Gaspedal und überquerte den Parkplatz in, aus seiner Sicht, halsbrecherischer Geschwindigkeit. Mit quietschenden Reifen folgte er dem Passat. „Solange wir ihn nicht sehen, drücken Sie drauf, wenn wir ihn in Sicht haben, Abstand!“, ordnete die Frau Doktor an. Nach wenigen hundert Metern Fahrt und einer
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