Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
zu erklären versucht hatte, dass keine Notwendigkeit bestünde, sich im Bad einzusperren. Man kenne einander schließlich seit Jahren, und niemand müsse sich für seinen Körper schämen.
Justament, dachte Gasperlmaier, gehe ich jetzt ins Bad unten und dusch mich ganz heiß. Denn er wusste, dass aus Gründen, die noch nicht gänzlich erforscht waren, aus der Dusche im ersten Stock eiskaltes Wasser schoss, wenn man im Erdgeschoß den Regler auf „heiß“ drehte. Euch erwisch ich noch, dachte sich Gasperlmaier, hastete ins Bad im Erdgeschoß und drehte auf, noch bevor er seine Unterhose hinuntergelassen hatte. Schon ertönte aus dem Bad oben ein Juchzer der Andrea und ein lautes „Hee!“ in einer viel tieferen Stimmlage. Gasperlmaier entspannte sich, drehte die Brause auf eine ihm angenehme Temperatur und ließ das Wasser über seinen verschwitzten Körper laufen. Nach wenigen Minuten war ihm wohler, und wieder wenige Minuten später saß er mit einer Flasche Bier auf der Bank auf der Terrasse und genoss den Blick in den grünen Dschungel vor seinen Augen, den die Christine da hatte wachsen lassen, sodass man von den Ausseer Bergen nicht einmal mehr die Gipfelkreuze sah. Dem Gasperlmaier war das heute ausnahmsweise einmal egal, sosehr er sich sonst darüber aufregen konnte, dass die Pflanzen der Christine Räume und Garten in einer Weise überwucherten, dass er sich manchmal regelrecht von dem grünen Geschlinge bedroht fühlte. Er nahm einen tüchtigen Schluck, brüllte noch einmal „Kommt’s runter! Ich muss mit euch reden!“ zur geöffneten Tür hinein und legte die Beine auf den Sessel, den er vorsorglich der Bank gegenüber hingestellt hatte.
Es dauerte nicht lang, und die Andrea erschien auf der Terrasse, mit hängendem Kopf. Sehr hübsch war sie, dachte Gasperlmaier bei sich, und war einerseits stolz auf den Christoph, dass er dieses Geschöpf hatte erobern können, andererseits aber auch fast ein wenig neidisch. Schnell verdrängte Gasperlmaier die Anwandlung von Neid. „Entschuldigung“, schniefte die Andrea und traute sich den Kopf kaum heben. Die nassen schwarzen Harre hingen ihr vors Gesicht und hatten auf dem knallgelben T-Shirt, das sie jetzt trug, Flecken hinterlassen, die ihre Haut und den BH durchscheinen ließen. Gasperlmaier wandte seine Blicke ab. Bei der Freundin seines Sohnes, dachte er, war äußerste Beherrschung Ehrensache. „Setz dich hin!“, sagte Gasperlmaier, nahm seine Füße vom Sessel und schob ihn der Andrea hin. „Ist ja nichts passiert. Ich hab ja nichts gesehen.“ Ohne es zu wollen, dachte er dennoch an das Hinterteil, das er sehr wohl genau gesehen hatte. „Und es ist ja schließlich kein Verbrechen. Und ungesund auch nicht.“ Was er genau meinte, das ließ Gasperlmaier im Unklaren. Ob er meinte, dass Duschen an sich nichts Ungesundes sei, oder ob er die von ihm vermutete Beschäftigung miteinander während des Duschens meinte, diese Entscheidung, dachte er sich, konnte er schon der Andrea selber überlassen. Als sie sich hinsetzte, konnte er nicht umhin festzustellen, dass die Beine, die da aus dem ebenso gelben Minirock herausragten, weder zu dünn noch zu dick, sondern gerade gewachsen und wohlgeformt waren, wie das sein sollte. Und seinen Blick etwas höher gleiten lassend stellte Gasperlmaier fest, dass die Andrea durchaus auch Attribute besaß, mit denen eine Dirndlbluse sich ansprechend füllen ließ. Er rief sich zur Ordnung und fragte: „Wo ist denn der Christoph?“ Der Andrea wurde eine Antwort erspart, denn in dem Moment tauchte der Christoph, der gerade dabei war, sich ein schwarzes T-Shirt über seinen durchaus muskulösen Oberkörper zu ziehen, auf. Gut, dachte sich Gasperlmaier, dass der Bub so viel Sport betreibt. Er hatte in dem Alter schon ein beträchtliches Bäuchlein und dazu einen festen Schwimmreifen um die Hüften herumzuschleppen gehabt, weil seine Mutter ja viel mehr auf nahrhafte Kost als auf ausreichende Bewegung geachtet hatte. Vieles war der Gasperlmaier-Mutter zu gefährlich gewesen: das Fußballspielen sowieso, das Herumklettern in den Felsen erst recht, und sogar gegen das Skifahren hatte sie schwere Vorbehalte geäußert, die nicht gerade weniger geworden waren, als sie den Gasperlmaier einmal mit blutverschmiertem Gesicht und einem gebrochenen Wadenbein von der Piste hatte aufklauben müssen.
Der Christoph wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzen, doch Gasperlmaier schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. „Setz
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