Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
dich hin. Mir ist wurscht, was ihr da oben gemacht habt. Ich meine“, fuhr er, sich sogleich korrigierend, fort, „nicht wurscht ist es mir, ich interessiere mich sogar dafür!“ Das war jetzt wieder vollkommen verdreht herausgekommen. Die Andrea und der Christoph starrten ihn einigermaßen entsetzt an. Gasperlmaier fühlte schon Glut an seinen Ohrenspitzen. Nicht, dass die Kinder jetzt glaubten, er hätte ihnen gern beim miteinander Duschen oder was auch immer zugesehen! Gasperlmaier riss sich zusammen, um die richtigen Worte zu finden. „Nein“, sagte er, „ich interessiere mich natürlich nicht dafür, was ihr zwei in eurem Zimmer oder unter der Dusche treibt, ich hab nur gemeint, dass ich es nicht ungern sehe, wenn ein junger Mann eine Freundin, eine Beziehung hat, dass er nicht herumlumpt, und in die richtigen Hände gerät.“ Gasperlmaier fühlte, dass er zwar das Missverständnis hatte aufklären können, dabei aber übers Ziel hinausgeschossen war. Die beiden begannen schon, einander ratlose Blicke zuzuwerfen. Er entschloss sich, zur Sache zu kommen.
„Ich muss mit euch eigentlich über etwas ganz anderes reden, nicht über eure Privatsachen.“ Der Christoph setzte sich auf die Bank neben seinen Vater, der jedoch konnte ihm nicht in die Augen schauen, denn der Christoph hatte den Kopf gesenkt, seine langen Haare nach vorne geworfen und schrubbte sie mit einem Frottiertuch. Das machte Gasperlmaier nervös. Augenkontakt durfte schon sein, wenn man mit wem etwas Ernstes besprechen musste.
„Sind die Haare jetzt endlich trocken?“, fuhr Gasperlmaier den Christoph ein wenig plötzlich und ungehalten an, sodass der erschrocken innehielt, sich seinem Vater zuwandte und ärgerlich fragte: „Was hast denn schon wieder?“ Schlechter Start, dachte Gasperlmaier bei sich, er musste den Christoph beruhigen und die Atomsphäre bereinigen. „Magst vielleicht auch ein Bier?“, fragte Gasperlmaier. Etwas überrascht antwortete der: „Vielleicht?“ Gasperlmaier stand auf, um noch eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank zu holen. Als er dem Christoph die Flasche hinstellte und ihm zuprostete, reagierte der allerdings wieder muffig. „Und die Andrea kriegt nichts? Bei deinen Gästen bist du doch auch nicht so?“ Gasperlmaier wurde ungeduldig. Wie lang, dachte er, würde es dauern, bis die jungen Herrschaften so zufriedengestellt waren, dass ein vernünftiges Gespräch möglich war? Er wandte sich an Andrea: „Ein Cola? Einen Saft?“ „Geh Papa!“ Wieder war Christoph mit ihm unzufrieden. „Das war vielleicht früher so, dass die Frauen Saft und die Männer Bier bekommen haben. Heute gibt’s da keine Unterschiede mehr. Wann wirst du das endlich begreifen?“ „Ich trink schon ein Cola auch!“, sagte Andrea, der die ganze Debatte sichtlich peinlich war, kleinlaut zu Gasperlmaier, und der begab sich wieder auf den Weg in die Küche. Hinter sich hörte er den Christoph schimpfen: „Sag’s ihm doch ruhig, dass du auch ein Bier willst! Sei doch nicht so feig!“ „Vielleicht will ich aber gar kein Bier, sondern verdammt noch mal ein Cola!“ Die Andrea war jetzt auch laut geworden, sodass Gasperlmeier sie in der Küche noch gut hören konnte. Wirklich toll war das gelaufen. Er hatte sich vorgestellt, großzügig zu verzeihen, hatte ein Getränk nicht nur angeboten, sondern auch serviert, und das Resultat waren Bissigkeit und Streitereien von allen Seiten. Gasperlmaier schnappte sich eine Flasche Cola light – gezuckerte Getränke gab es im Hause Gasperlmaier nicht –, eine Mineralwasserflasche und eine Flasche Bier, die er zwischen Unterarm und Brust einklemmte. Dann angelte er noch ein Glas aus dem Küchenschrank und stellte alles vor die Andrea hin. „Nimmst dir einfach, was du gerne hast.“ Gasperlmaier hoffte, den richtigen Ton getroffen zu haben. Recht schwierig war das mit dem Christoph in der letzten Zeit geworden. Er redete mit Gasperlmaier in einer Art, als wisse er alles besser, könne alles schneller und Gasperlmaier selber sei schon ein wenig vertrottelt und nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. Das konnte einen schon einmal auf die Palme treiben.
Jetzt allerdings hielt der Christoph den Mund. Die Andrea schaute ihn mit einem Blick an, den Gasperlmaier von der Christine kannte und der bedeutete: „Wenn du jetzt noch etwas falsch machst, dann kostet es dich stundenlange Mühe und Plage, dass ich wieder freundlich zu dir bin.“ Anscheinend hatte der Christoph den Blick auch schon verstanden.
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