Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
Die Andrea schenkte sich ein Cola light ein, nahm ihr Glas in die Hand und lehnte sich zurück. Gasperlmaier fand, der Moment war günstig.
„Ich muss mit euch über heute Nachmittag reden. Ihr seid gerade verschwunden, als ich eure Aussage aufnehmen wollte.“
Christoph setzte seine Bierflasche ab. „Was heißt verschwunden? Wir haben einfach keine Lust mehr gehabt, es war uns fad, dass wir nicht mehr grillen können, das war eh klar, als ihr den Marcel mitgenommen habt.“
Gasperlmaier versuchte ruhig zu bleiben. „Christoph, das ist eine Mordermittlung. Drei Leute sind gestorben. Der Marcel ist in höchstem Grade als Täter verdächtig, wenn wir auch noch nicht genau wissen, für welche Fälle. Und ich habe den ganz offiziellen Auftrag, eure Aussagen zu protokollieren. Du musst jetzt einfach einmal vergessen, dass ich dein Vater bin, sondern mich als Polizisten sehen. Und wenn dir das nicht passt, dann gebe ich der Frau Doktor Kohlross Bescheid, die hast du heute gesehen, die leitet die Ermittlungen, und die wird euch dann ganz offiziell auf den Posten zur Vernehmung und zum Protokoll vorladen.“
Eine so lange Rede hatte Gasperlmaier in den letzten Monaten zu Hause selten gehalten, und anscheinend war die Botschaft angekommen, denn der Christoph hielt sich ruhig, wenn er auch vor sich hin schmollte.
„Also!“, begann Gasperlmaier von neuem. „Wir müssen wissen, ob ihr vorgestern, so circa zwischen sechzehn und zwanzig Uhr, den Marcel gesehen oder gesprochen habt, oder ob ihr mit ihm zusammen wart. Das ist zunächst einmal die wesentliche Frage.“
„Papa, du täuschst dich da!“ Ganz sanft und nachgiebig antwortete der Christoph jetzt. „Wir waren eigentlich nicht mit dem Marcel zusammen. Wir waren am, wann war das jetzt?“ Gasperlmaier half nach: „Am Sonntag. Am Abend.“ „Wir waren baden. Dann sind wir nach hinten zur Seewiese spaziert. Dort haben wir was gegessen und getrunken. Dafür gibt’s Zeugen. Erstens kennt uns die Simone, die dort serviert, und zweitens hat uns auch der Paul gesehen. Dann sind wir zurück in Richtung Ort, und kurz nach dem Kahlseneck haben wir den Florian Schwaiger und seine Schwester getroffen. Die kennst du ja.“ Der Christoph fing an zu grinsen. „Du hast sie dir sicher genau angeschaut.“
Gasperlmaier spürte, wie ihm Hitze ins Gesicht stieg. Vor der Andrea brauchte ihn der Christoph aber wirklich nicht zu blamieren. Ein Blick zur Andrea zeigte ihm allerdings, dass sie den Christoph mit durchdringenden Blicken maß, die keineswegs freundlich gesinnt schienen. „Du brauchst nicht blöd daherreden!“, fuhr sie ihn an, „du hast dich ja auch kaum sattsehen können an ihr, bevor die da gekommen sind!“ Dabei wies sie mit dem Finger auf Gasperlmaier. „Ist ja schon gut!“, gab sich der Christoph versöhnlich, „du weißt ja, wie sie ist. Exhibitionistisch. Ich mag sie ja gar nicht. Die spinnt ja“, versuchte er Andrea zu beruhigen. „Ja, ja. Nur dass du mich die ganze Zeit genervt hast, dass ich auch meinen Badeanzug hinunterrollen soll!“ Zorn spritzte aus den Augen der Andrea, was sie nur umso attraktiver machte, wie Gasperlmaier fand. Leider, dachte er bei sich, war nun das Gespräch wieder in ein Fahrwasser geraten, in dem die Emotionen die Oberhand bekamen und die Fakten unterzugehen drohten. Was so ein schöner Busen alles für Probleme heraufbeschwören konnte. Hätte die Eva ihr Oberteil anbehalten, hätten sie sich heute alle zusammen viel Ärger erspart. Obwohl, dachte Gasperlmaier, die Frage war wohl, ob sie überhaupt eines besaß.
„Ihr habt also den Florian und die Eva getroffen. War die Ines auch dabei?“, versuchte Gasperlmaier das Gespräch zum Thema zurückzuführen. „Ja. Aber wir haben die zwei erst gestern kennengelernt. Die Ines und die Eva. Und dann sind wir zum Kirtag, und wir sind ein paarmal Tagada gefahren.“ „Und die Eva hat dich die ganze Zeit angebraten, dass es nur so geknistert hat!“, pfauchte die Andrea. Warum, dachte Gasperlmaier, ist sie dann mit ihm heute unter die Dusche, und warum sind sie überhaupt erst mit den anderen zum Strand hinübergefahren, wenn sie ihm doch so böse ist, wegen der Eva, und sie beide doch die Eva anscheinend überhaupt nicht ausstehen können? Gasperlmaier dachte, er werde die Frauen nie verstehen. „Und dann“, fuhr der Christoph fort, „haben wir den Marcel getroffen. Wie der die Eva gesehen hat, war er natürlich gleich hin und weg. Kannst du dir ja vorstellen.“ „Kannst
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