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Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Titel: Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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heult! Und die sind schuld! Die Brut, die elende!“ Gasperlmaier kroch auf den Knien zur Frau Doktor hinüber und versuchte gleichzeitig seine Wahrnehmung auf seinen eigenen Körper zu konzentrieren: Konnte er alle Gliedmaßen bewegen? Lief irgendwo das Blut aus ihm heraus? Fühlte er Schmerzen? Seine eigene Schnelldiagnose ergab, dass er über seinen Körper verfügen konnte, wenn auch unter Schmerzen.
    „Frau Doktor? Frau Doktor?“ Gasperlmaier spürte ein Würgen im Hals, gleich würden ihm die Tränen kommen. Was war denn hier geschehen? Hatte der Georg auf die Frau Doktor geschossen? Warum nur? Gasperlmaier suchte nach dem Hals der Frau Doktor, strich dabei fast zärtlich ihr Haar zur Seite und war nahezu glücklich, als er deutlich ihren Pulsschlag fühlen konnte, erschrak allerdings, als er klebriges Blut in einem dünnen Rinnsal über seine Finger rinnen sah. Er näherte seinen Handrücken dem Mund der Frau Doktor, um festzustellen, ob sie atmete. Gasperlmaier stellte fest, dass seine Hand nicht nur vom Blut der Frau Doktor rot gefärbt war, auch er selbst blutete: Auf dem Handrücken konnte er zwei Glassplitter ausnehmen, die in seiner Haut steckten. Zwar meinte Gasperlmaier, Atemhauch vor dem geöffneten Mund der Frau Doktor zu spüren, doch lenkte ihn das Geschrei des Georg viel zu sehr ab, als dass er genau hätte beurteilen können, ob er sich nicht täuschte. Wenn auf sie geschossen worden war, dann war Eile geboten. Der Friedrich rührte sich noch immer nicht, hielt den Georg von hinten umkrampft und wimmerte weiter „Georg! Georg!“ in dessen Ohren hinein.
    Gasperlmaier brachte die Frau Doktor in stabile Seitenlage, wie er es gelernt hatte, wobei er einen heftigen Stich in seinem rechten Knie verspürte. Er zog sein Handy heraus, stellte aber fest, dass das Display eingedrückt war, und warf es in plötzlich aufflammendem Zorn durch das zerschlagene Fenster in den Garten. Die Frau Schwarz kam soeben, eine brennende Zigarette in der Hand, die Stiege herunter und begann, anstatt zu helfen, hysterisch zu kreischen. Gasperlmaier humpelte auf sie zu, fiel nach einem neuerlichen Stich in seinem rechten Knie wieder hin, streckte der Frau Schwarz die Hand entgegen und keuchte: „Handy!“ Die Frau Schwarz aber wimmerte nur. Hinter ihr kam die Judith, in die Decke gewickelt, die Stiege herunter und hielt ihr Handy ans Ohr. „Ja, einen Notarzt, und die Rettung. Es gibt mehrere Verletzte. Eine Schießerei. Nein, mehr kann ich nicht sagen.“ Gasperlmaier kroch zurück zur Frau Doktor. Da fragt sich doch, dachte er, wer hier in einer Krise die Nerven wegwarf und wer sie behielt. Die Frau Schwarz würde man wohl nach Hause schicken müssen.

14
    Die Frau Doktor lag auf die Bahre geschnallt, der Notarzt hatte ihr bereits eine Infusion an den Arm gehängt, die an einem improvisierten Gestell über ihr baumelte. Erbarmungswürdig sah sie aus, dachte Gasperlmaier bei sich, mit dem blutverkrusteten Gesicht, den verklebten Haaren. Hilflos, wie ein kleines Mädchen. Ohne dass es ihm wirklich bewusst wurde, strich ihr Gasperlmaier sanft mit dem Zeigefinger über die linke Wange, die zuerst noch sauber gewesen, jetzt jedoch von Gasperlmaiers Blut verschmiert war. Die Frau Doktor lächelte. „Gasperlmaier, jetzt müssen Sie allein weitermachen.“ Ihre Stimme war sehr klein geworden, sehr schwach, kaum wahrzunehmen. „Gott sei Dank, Frau Doktor, war es nur ein Baseballschläger“, beruhigte sie Gasperlmaier. Der hatte allerdings ganze Arbeit geleistet: Die Frau Doktor war k. o. gegangen und erst nach einer Viertelstunde wieder aufgewacht, und die Rissquetschwunde auf ihrem Kopf würde dafür sorgen, dass sie ein ganzes Büschel ihrer schönen Haare vor dem Nähen der Wunde verlieren würde, dachte Gasperlmaier.
    Er selbst hielt einer Sanitäterin die Hand hin, um sich verarzten zu lassen. Die zog mit einer Pinzette vorsichtig die Glassplitter aus Ballen, Handrücken und Fingern. Im Laufe des Gefechts musste er mehrmals in den Scherbenhaufen gelangt haben. Gasperlmaier zuckte und sah über seine linke Schulter, um nicht Augenzeuge der schmerzhaften Operation sein zu müssen. „Sind’s doch nicht so wehleidig! Die anderen hat’s viel schwerer erwischt!“ Ein wenig psychologisches Feingefühl, fand Gasperlmaier, wäre bei einer Sanitäterin im gegenständlichen Fall schon angebracht, auch wenn er offenbar nicht zu den Schwerverletzten gezählt wurde.
    Gasperlmaier sah sich um. Der Friedrich saß immer noch an die

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