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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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erhob sich im Schatten des Obstbaums. Er begriff, dass er geschlafen hatte. Während er sich die Augen rieb, hörte er eine laute Frauenstimme: «Rakesh, so wirft man doch nicht! Guckst du denn kein Fernsehen?»
    Masterji versteckte sich hinter dem Baum; er hatte die Stimme erkannt.
    «Ja, Tante. Tut mir leid.»
    «Ich bin nicht deine Tante.»
    Ein halbes Dutzend Jungen versammelte sich um Mrs Rego. Sunilund Sarah waren bei ihr, auch Ramu, der ein rotes Hemd und ein goldenes Schwert in der Hand trug und das Gesicht geschminkt hatte. Der Festspieltag an der Schule musste eigentlich zu Ende sein. Warum war Mrs Puri nicht hier? Warum hatte sie Ramu ausgerechnet bei Mrs Rego gelassen? Aber er hatte nicht mehr das Recht, sie nach ihrem Leben zu fragen.
    «… Jungs, versprochen ist versprochen, ich weiß, aber heute kann ich einfach nicht. Aber ich
werde
demnächst mit euch zum Strand gehen, und dort werden wir alle Zuckerrohrsaft trinken. Bis dahin hoffe ich, dass ihr alle keinen Ärger kriegt und …»
    «Tante, keinen Strandausflug und
dafür
eine Standpauke? Das ist nicht fair!»
    «Tut mir leid, Vikram. Demnächst werde ich mit euch allen an den Strand gehen.»
    Nachdem Mrs Rego gegangen war, lief das Kricketspiel weiter. Einer der Jungen jagte dem Ball bis in den Tempelhof nach.
    «Masterji», sagte er, «Ich bin Marys Sohn, Timothy.»
    Er nahm den alten Lehrer bei der Hand und zog ihn mit sich zu den anderen ins Freie. Sofort rannten zwei von ihnen weg.
    «Was ist passiert?», fragte Masterji.
    «Ach, dieser Kumar ist ein bisschen seltsam. Dharmendar auch.»
    Timothy lächelte.
    «Gehen Sie mit uns zum Strand, Masterji? Tante Rego wollte das eigentlich mit uns machen.»
    «Warum wollt ihr denn zum Strand?»
    «Warum wohl – um Kricket zu spielen.»
    «Dann fahrt doch allein.»
    «Jaja, aber jemand muss für uns die Busfahrt zahlen. Und hinterher den Zuckerrohrsaft, Masterji.»
    «Aha», sagte er. «Vielleicht gehe ich demnächst mal mit euch dahin – wenn du mir diese Frage beantworten kannst: Warum gibt es Gezeiten am Strand?»
    «So halt.»
    «Nichts geschieht nur so halt.» Masterji deutete auf den Jungen, der den Ball geworfen hatte. «Wie heißt du?»
    «Vijay.»
    «Weißt du, warum, Vijay?»
    Er hob einen roten Stein auf, ging zur Mauer des tamilischen Tempels und zog einen Kreis um den weit geöffneten Dämonenmund.
    «Dies ist die Erde. Unser Planet. In der Unendlichkeit des Raumes.»
    Masterji sah Schatten auf der Mauer, er spürte in seiner Nähe Schweiß und Hitze und stellte fest, dass sie sich alle hinter ihm versammelt hatten.
    «So klein ist unsere Erde?», fragte jemand.
    Masterji wollte antworten, sagte dann: «Ich könnte hier eine Schule eröffnen. Eine Abendschule.»
    «Abendschule?», fragte Timothy. «Für wen denn?»
    Die Jungen sahen sich an; Masterji betrachtete sie und lächelte, als wäre die Antwort ganz offensichtlich.
    Die Sonne war zwischen zwei Wolkenkratzer in Malabar Hill gerutscht; die Gebäude in der vordersten Reihe waren zu einer flimmernden Silhouette geworden, etwas, das abwechselnd aus Hell und Dunkel bestand, wie die unterste, gerade noch sichtbare Stufe eines Ghats, das zu einem Fluss hinabführt.
    Ajwani saß auf der Mauer von Marine Drive, betrachtete die Tetrapoden unter ihm und die Wellen, die sie umspülten.
    Seit einer Stunde grübelte er nach, seit er von der Falkland Road hierhergekommen war. Nun war ihm alles klar.
Deshalb
also hatte Shah Turm B schon vor Ablauf der Frist bezahlt. Um alle in Vishram Turm A zur Verzweiflung zu bringen. Deshalb hatte er nichts unternommen, als die Story in der Zeitung stand. Er wollte, dass
sie
die Sache erledigten.
    «Und bringt Shanmugham dazu, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen», sagte Ajwani laut; der junge Japaner, der sich neben ihn gesetzt hatte, um die Stadt zu fotografieren, sah ihn befremdet an.
    Ajwani dachte über die Einzelheiten von Mr Shahs Lebensgeschichte nach. Nun kam es ihm so vor, als stimmte damit irgendetwas nicht. Wenn Shah mit nur zwölf Rupien und achtzig Paise und ohne Schuhe an den Füßen nach Mumbai gekommen war, wie war es ihm dann gelungen, einen Lebensmittelladen in Kalbadevi aufzumachen? Er hatte einen Vater im Dorf, der musste ihm Geld geschickt haben. Männer fühlen sich den Söhnen ihrer ersten Ehefrau gegenüber verantwortlich. Ajwani schlug sich mit der Hand an die Stirn. Diese Selfmade-Männer hielten immer mit einem Teil ihrer Lebensgeschichte hinterm Berg. Die Wahrheit war so

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