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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Waschmittel taten die Arbeit, die bald teure Parfums übernehmen würden. Und wahrscheinlich waren sie besser als diese. Shah lächelte, er wünschte, Satish wäre bei ihm, damit er ihn auf derartige Kleinigkeiten aufmerksam machen könnte. Er faltete einen Zwanzigrupienschein und legte ihn als Überraschung für die Frau des Arbeiters neben ein Seifenstück.
    Ein mit Marmorfliesen beladener Lastwagen mit offener Ladefläche kämpfte sich durch den Dreck der Baustelle. Shah hockte sich an den Rand des Stockwerks und schrie zu den Arbeitern hinunter: «Diese Fliesen nicht abladen!» Er gestikulierte wild: «Rührt sie ja nicht an!»
    Auf dem Weg nach unten stand Shanmugham so weit von seinem Arbeitgeber entfernt wie möglich; dieser sprach in sein Handy.
    «‹Beige›, habe ich geschrieben. Für den Fall, dass du zu blöd bist, um zu wissen, was das ist. Du hast mir ‹Creme› geschickt. Glaubst du etwa, ich kann es mir leisten, Zeit zu verlieren? Hier läuft alles nach einem festen Plan. Und alles wird sich nun wegen dir verschieben. Bis heute Abend möchte ich den richtigen Marmorfarbton hier haben!»
    Unten angekommen marschierte Shah zum Lastwagen und brüllte seine Arbeiter an, die bereits mit dem Abladen des Marmors begonnen hatten. Sie blinzelten ihn an. Er beschimpfte sie. Sie luden den Marmor wieder auf. Die Dieselabgase des davonfahrenden Lastwagens qualmten ihm ins Gesicht. Eine Minute später hustete er immer noch.
    Shanmugham begleitete ihn zu dem verdorrten Baum, der neben den Arbeiterhütten wuchs. Eines der Arbeiterkinder putzte sich an der Wasserpumpe unter dem Baum die Zähne. Als es den fetten hustenden Mann sah, wich es zurück.
    Shah setzte sich neben die Wasserpumpe. Shanmugham sah, gleich den ersten Monsuntropfen, die auf den Boden fallen, wierote Pünktchen den weißen Zahnpastaschaum auf dem Boden befleckten.
    «Sir, wir sollten Sie ins Krankenhaus bringen …»
    Shah schüttelte den Kopf. «Das ist schon öfter vorgekommen, Shanmugham. Das ist in ein paar Minuten wieder vorbei. Mir geht’s gleich wieder gut.»
    In der Nähe lag eine Kuh, die mit peitschendem Schwanz Fliegen vertrieb. Der Arbeitersohn starrte die zwei Männer an, aus seinem Mund tropfte Zahnpasta.
    «Kommen Sie, Sir. Lassen Sie uns ins Breach Candy Hospital gehen. Ich rufe Doktor Nayak an.»
    «Nayak wird mir wieder Angst einjagen und mir sagen, ich soll nicht auf die Baustelle gehen. Wir müssen mit den Bauarbeiten fertig werden, ehe der Monsun kommt. Und das wird nur der Fall sein, wenn ich jeden Morgen hier auftauche.»
    Shanmugham wusste, dass er recht hatte; der schmerbäuchige Leib des Arbeitgebers war wie ein menschlicher Zementmischer, der die Arbeiter in Bewegung brachte.
    «Mr J. J. Chacko», sagte Shah, «genau hier. Direkt vor meiner Nase.»
    Er sah zu dem großen Grundstück, das dem Excelsior direkt gegenüberlag und auf dem das große Ultimex-Logo aufgestellt war.
    «Weißt du, wann er mit den Bauarbeiten anfängt? Gibt es einen Termin?»
    «Keinen Termin, Sir. Aber er wird irgendwann im Oktober anfangen.»
    «Lass uns zurückgehen.» Shah stand auf. «Ich möchte nicht, dass die Arbeiter denken, dass etwas nicht stimmt.»
    Er zeigte mit dem Finger auf die Brust des Mannes, der seine linke Hand war.
    «Ich möchte, dass diese
Neins
lauter
Jas
werden, Shanmugham. Und zwar sofort.»

DRITTES BUCH
SICH VIER ODER FÜNF SEKUNDEN LANG
WIE EIN MILLIONÄR FÜHLEN

4. JUNI
    Vittal, der alte Bibliothekar der St. Catherine’s School war wahrscheinlich der einzige Mensch in Vakola, der die guten Neuigkeiten noch nicht gehört hatte. Masterji war froh, sich in seiner Gesellschaft zu befinden. Er nahm sein Sonderrecht als pensionierter Lehrer wahr und kam jeden Montag in die Schulbücherei, um der kostenlosen Lektüre der
Times of India
zu frönen.
    «Solche wie Sie gibt es nicht mehr, Masterji», sagte Vittal, während er sich bückte und die Bände der
Encyclopaedia Britannica
auf dem Regalbrett ordnete. «Die jungen Leute wollen nicht mehr Lehrer werden. Computer oder Banken, damit haben sie’s. Geld, Geld, Geld.»
    Masterji blätterte in der Zeitung. «Kein Sinn für den Dienst an der Gemeinschaft, oder?»
    Der Bibliothekar putzte sich mit einem Taschentuch die Nase und wackelte mit dem Kopf.
    «Wissen Sie noch, wie es war, als wir jung waren? Wir mussten jeden Morgen in die Schule laufen. Lernten bei Kerzenlicht für die Prüfungen. Heutzutage erledigen Computer die Arbeit für sie.»
    Masterji lachte. «Ich habe

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