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Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02

Titel: Letzter Tanz - Lincoln Rhyme 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaffery Deaver
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in Richmond hatte das auch immer gesagt. Sie meinte damit: Bau keinen Scheiß.
    Sie schob den Gashebel ein wenig nach vorne. Die Turbinen heulten auf, und der Learjet jagte davon. Sie fuhren an der Haltebucht vorbei, wo der Killer die Bombe an Eds Maschine angebracht hatte. Heute standen dort zwei Polizisten Wache.
    »Lear neun fünf Foxtrot Bravo«, rief die Bodenkontrolle. »Fahren Sie weiter, und halten Sie kurz vor Startbahn fünf links.«
    »Foxtrot Bravo. Halte kurz vor Null fünf links.«
    Sie rollte auf die Startbahn.
    Der Lear war niedrig gebaut. Trotzdem fühlte sich Percey jedesmal wie ein Adler, wenn sie auf dem linken Sitz saß - ob in der Luft oder am Boden. An diesem Ort hatte sie Macht. Sie traf alle Entscheidungen, die ohne Kommentar befolgt wurden. Die Verantwortung lag ganz allein auf ihren Schultern. Sie war der Kapitän.
    Ihre Augen wanderten über die Instrumente.
    »Klappen fünfzehn, fünfzehn, grün«, bestätigte sie die Gradangaben.
    Brad wiederholte das Ganze noch einmal: »Klappen fünfzehn, fünfzehn, grün.«
    Der Tower meldete sich. »Lear neun fünf Foxtrot Bravo, bitte drehen Sie auf Position. Erlaubnis zum Start auf Rollbahn fünf links.«
    »Fünf links, Foxtrot Bravo. Erlaubnis zum Starten.«
    Brad hakte die letzten Positionen auf der Checkliste ab. »Druck normal. Temperaturwahl auf Automatik. Transponder und Außenlicht an. Dauerzündung, Pitotrohrheizung und Blitzlichter auf Ihrer Seite.«
    Percey überprüfte diese Kontrollen und gab dann ihr Okay. »Dauerzündung, Pitotrohrheizung und Blitzlichter an.«
    Sie fuhr den Lear auf die Startbahn, stellte das Bugrad gerade und brachte es bündig auf die Mittellinie.
    Sie warf einen Blick auf den Kompaß. »Alle Kompaßinstrumente zeigen null fünf. Startbahn fünf links. Ich gebe Gas.«
    Sie drückte die Schubhebel nach vorne, und das Flugzeug nahm Geschwindigkeit auf. Sie spürte, wie Brads Hand den Steuerknüppel gleich unterhalb ihrer umfaßte.
    »Startleistung gesetzt.« Dann rief Brad: »Geschwindigkeitsanzeige reagiert.« Die Anzeigen rasten nach oben, zwanzig Knoten, dreißig Knoten, vierzig Knoten...
    Den Schubhebel bis zum Anschlag nach vorne. Das Flugzeug schoß vorwärts. Sie hörte ein leises Stöhnen hinten aus Roland Beils Ecke und unterdrückte ein Lächeln.
    Fünfzig Knoten, sechzig Knoten, siebzig...
    »Achtzig Knoten«, verkündete Brad. »Bestätigt!«
    »Gecheckt«, antwortete sie nach einem kurzen Blick auf die Anzeigen.
    »V eins«, rief Brad. »Rotieren.«
    Percey nahm die rechte Hand vom Schubhebel und griff den Steuerknüppel. Der Plastikgriff, der sich bisher schwammig hin- und herbewegt hatte, wurde mit dem Luftwiderstand plötzlich stabil. Sie zog den Steuerknüppel leicht zurück und brachte den Lear ganz nach Standardverfahren auf einem Steigungswinkel von siebeneinhalb Grad nach oben. Die Turbinen brummten gleichmäßig. Sie zog den Steuerknüppel noch ein wenig weiter zurück und erhöhte den Steigungswinkel damit auf zehn Grad. »Positive Rate«, rief Brad. »Fahrwerk einziehen, Klappen einfahren.« Durch die Kopfhörer kam knisternd die Stimme vom Tower. »Lear neun fünf Foxtrot Bravo, nach links abdrehen. Steuerkurs zwei acht null. Rufen Sie Abflugkontrolle.«
    »Zwei acht null, neun fünf Foxtrot Bravo, danke, Sir.« »Schönen Abend.«
    Sie zog den Steuerknüppel weiter an, elf Grad, zwölf, vierzehn... Sie ließ die Schubhebel noch für ein paar Minuten länger auf Startleistung und damit höher als nötig. Lauschte dem süßen Dröhnen der Turbomotoren.
    In dieser schlanken, silbrigen Nadel fühlte sich Percey Clay frei. Es war, als würde sie in das Herz des Himmels vorstoßen und alles Schwere, allen Schmerz hinter sich lassen. Für einen Moment vergaß sie Eds Tod und den Tod von Brit, und sie vergaß diesen schrecklichen Teufel, den Totentänzer. All der Schmerz, die Ungewißheit, all das Häßliche waren tief unter ihr auf der Erde gefangen, und sie war frei. Es schien vielleicht unfair, daß sie diesen Belastungen so leicht entkommen konnte, aber so war es nun einmal. Denn die Percey Clay, die nun den Lear N6595FB steuerte, war nicht die kleinwüchsige Percey Clay mit dem eckigen Gesicht oder die Percey Clay, deren einziger Sex-Appeal das Geld aus Daddys Tabakgeschäften war. Es war nicht Peer-ceee, der Mops, oder Percey, der Troll. Nicht die ungelenke Dunkelhaarige, die beim Abschlußball am Arm ihres entsetzten Cousins verzweifelt mit den schlecht sitzenden langen Handschuhen kämpfte

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