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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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hergeholt. Also sag, wenn ich den Mund halten soll.«
    »Sprich weiter, Dad.« Sam schaute auf die Kaminuhr. Er hasste die Vorstellung, an seinem ersten Tag nach dem Urlaub zu spät zu kommen, aber er wusste auch, dass sein Vater ihn niemals hierherbestellt hätte, wenn es nicht wichtig wäre.
    »Vieles von dem hier«, David deutete auf das Buch, »ist zu kompliziert, um es jetzt zu erläutern, und vermutlich auch irrelevant. Aber hast du gewusst, dass fünfzehn Gesichtsmuskeln bewegt werden, wenn du lächelst? Und dass der Kehldeckel beim Lachen den Kehlkopf halb verschließt, was das Nach-Luft-Schnappen beim Lachen hervorruft?«
    »Worauf willst du hinaus?« Sams Konzentration hatte bereits zugenommen.
    »Mitten in der Nacht ist mir der Gedanke gekommen, dass in Mrs Sanchez’ Fall die Lippen und im Fall des Hausmeisters der Hals  …«
    »Und die Zähne bei Maria Rivera«, warf Sam ein.
    »Und da hätten wir wieder die Verbindung zum Lächeln«, sagte David. »Und bei allen drei Morden wurden die Gesichtsknochen zertrümmert.«
    Beide verstummten und dachten das Gleiche.
    Sauls Kehlkopf.
    Doch er hatte keine Gesichtsverletzungen.
    Nach Sams Erfahrung war es ziemlich ungewöhnlich, dass ein Täter, der das Opfer liebte, das geliebte Gesicht zerstörte – selbst wenn die Liebe irgendwann in Hass umgeschlagen war.
    War das noch ein Schlag gegen Terri?
    »Natürlich könnte das gar nichts bedeuten«, sagte David, »aber nur für den Fall …«
    »Du hast das richtig gemacht, Dad«, sagte Sam.
    Das Telefon klingelte, und David hob ab. »Dr. Becket.« Er hörte einen Augenblick lang zu und sagte dann: »Schon unterwegs.«
    Sam war bereits aufgesprungen. »Saul?«
    »Sie lassen ihn aufwachen«, erklärte David. »Sie wollen, dass wir dabei sind.«

64.
    »Du bist ja schon angezogen.«
    Als Cathy um sechs Uhr dreißig wieder aufgewacht war, hatte sie das Bett leer vorgefunden. Sie hatte Kez’ graue Weste angezogen und war hinaus auf die Veranda gegangen, wo Kez in einem ärmellosen schwarzen T-Shirt und einer Sporthose saß, vor sich einen Teller mit Toast, einen Krug Saft, frisch geschnittene Melonenscheiben und eine Kanne Kaffee auf einem kleinen Tisch.
    »Wow, das sieht gut aus.« Cathy beugte sich vor und küsste Kez auf den Mund. »Warum hast du mich nicht geweckt?«
    »Es war noch ziemlich früh, und du hast so friedlich ausgesehen.« Kez nahm sich ein Stück Melone. »Ich dachte, nach allem, was du durchgemacht hast, könntest du vielleicht ein bisschen Ruhe brauchen.«
    Cathy zupfte an der Weste. »Ist das okay?«
    »Großartig. Sie steht dir besser als mir.«
    »Nein, tut sie nicht.« Cathy setzte sich neben sie, schenkte sich ein Glas Saft ein und trank einen Schluck. »Hm. Granatapfel.«
    »Ein gesunder Start, bevor wir wohin gehen«, sagte Kez.
    »Wohin?« Cathy nahm sich ein Melonenstück.
    »An einen Ort, der etwas ganz Besonderes für mich ist.«
    »Das würde mir gefallen.« Cathy biss in die Melone.
    »Das ist noch so etwas, das ich nie mit jemandem geteilt habe.« Kez trank einen Schluck Kaffee und stand auf. »Aber wir müssen jetzt gehen.«
    »Jetzt sofort?« Cathy schaute auf das Frühstück. »Warum die Eile?«
    »Es muss jetzt sein«, antwortete Kez.
    »Okay.« Cathy leerte ihren Saft. »Habe ich noch Zeit zu duschen?«
    »Sicher.« Kez setzte sich wieder.
    »Und ich muss wirklich vorher im Krankenhaus vorbei«, sagte Cathy.
    »Kann das nicht bis später warten?« Kez schaute zu ihr hinauf. »Bitte …«
    »Ich will doch nur kurz Saul sehen.«
    »Und das wirst du auch«, sagte Kez. »Aber es ist noch sehr früh. Im Krankenhaus mag man keine frühen Besucher.«
    »Wir besuchen ihn zu jeder Zeit.«
    »Ein Grund mehr, einmal nicht so früh zu kommen«, beharrte Kez. »Wenn wir gleich aufbrechen, hast du später noch genügend Zeit, ihn zu sehen.« Sie hielt kurz inne. »Das ist sehr wichtig für mich, Cathy.«
    Die Dringlichkeit in ihren Augen war nicht zu übersehen.
    »Okay«, sagte Cathy. »Sicher.«

65.
    »Dad ist im Wagen vorausgefahren«, sagte Sam Grace am Telefon, während er wieder auf der Collins in Richtung Süden unterwegs war, »und ich habe Terri gesagt, ich würde sie abholen und ins Krankenhaus fahren.«
    »Weil du Sauls Reaktion auf sie sehen willst«, sagte Grace.
    »Ja, das will ich«, bestätigte Sam. »Obwohl wir nicht wissen, ob Saul den Angreifer überhaupt gesehen hat – und falls ja, ob er sich daran erinnert.« Er hielt kurz inne. »Wir wissen noch nicht einmal, ob er

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