Letzter Weg
und rümpfte die Nase, als ihr ein merkwürdiger, starker Geruch entgegenschlug. Dann spähte sie hinein und zog fasziniert einen Baseballschläger heraus.
Einen alten Baseballschläger. Er hatte überall Dellen, war verkratzt und an einigen Stellen voller Flecken.
Die dunkelsten Stellen fanden sich am dicken Schlagende.
»Was tust du da?«
Kez’ Stimme kam aus dem Nichts.
Cathy ließ den Schläger fallen.
61.
Nachdem er vollständig bekleidet auf einem Bett im Ärztezimmer des Miami General eingedöst war, wachte David erschrocken auf. Seine erste Angst galt Saul; dann erkannte er, dass etwas vollkommen anderes ihn aus dem Schlaf gerissen hatte.
Irgendetwas, das mit Sams Strandmorden zu tun hatte.
Und mit Saul.
David stand langsam auf und versuchte, die wachsende Armee von Schmerzen zu ignorieren, die dieser Tage jedes Mal auf ihn einstürmte, wann immer er sich mehr als eine halbe Stunde hingelegt hatte. Er zog die Schuhe an, sah nach seinem Jungen, stellte fest, dass dessen Zustand unverändert war, gab ihm einen Kuss und fuhr mit dem Aufzug runter zur Krankenhausbibliothek.
Geschlossen.
Natürlich war sie geschlossen; es war ja auch zwanzig nach drei am Morgen.
David erwog, es bis zum nächsten Tag auf sich beruhen zu lassen, doch er konnte es nicht.
Langsam ging er auf den Parkplatz hinaus, holte seinen alten Mercury, fuhr auf den Biscayne Boulevard und von dort in Richtung Süden ein kleines Stück bis zur 192sten, von wo aus er auf den William Lehman Causeway einbog, dann links Richtung Golden Beach und nach Hause.
Er brauchte seine eigenen Bücherregale.
Er musste etwas nachschlagen.
62.
»Ist schon okay«, sagte Kez zum dritten Mal zu Cathy.
»Nein, ist es nicht.« Cathy war noch immer tief beschämt. »Und ich habe anfangs wirklich nur nach dem Kästchen mit dem Dope suchen wollen …«
»Was eine gute Idee war«, sagte Kez.
Sie hatte Schläger und Sporthemd genommen und griff nun hinter die Walnusstruhe, um das kleine Kästchen hervorzuholen.
»Ich könnte jetzt auch einen brauchen«, fügte sie hinzu.
Kez ging ins Wohnzimmer voraus, stellte das Kästchen auf den Kaffeetisch, setzte sich auf die Couch und schaute zu Cathy hinauf.
»Mein Mantel steht dir«, bemerkte sie.
»O Gott«, sagte Cathy. »Ich hätte ihn mir nicht nehmen sollen.«
»Warum denn nicht? Ich habe dir doch gesagt, du solltest dich wie zu Hause fühlen.«
Kez hatte sich eine graue Männerweste übergezogen, auf der in Kastanienbraun My Camel’s In Bed gedruckt war. Ihre Beine mochten vielleicht nicht dem klassischen Schönheitsideal entsprechen; dennoch verspürte Cathy den Wunsch, sie zu küssen. Aber sie war noch nicht mit Entschuldigen fertig. Trotz Kez’ Versicherungen hatte sie das Gefühl, etwas kaputt gemacht zu haben. Vertrauen war verloren gegangen, und sie konnte es nicht ertragen, dafür verantwortlich zu sein.
»Normalerweise schnüffle ich nicht herum. Ich kann es nicht ausstehen, wenn Leute in meinem Privatleben herumwühlen … es tut mir wirklich leid, Kez. Wenn du mich jetzt rausschmeißt, werde ich mich zwar hundeelend fühlen, aber ich würde es verstehen.«
»Das will ich aber nicht«, sagte Kez.
Kez war ruhig und freundlich, doch Cathy fühlte noch etwas anderes unter dieser Freundlichkeit – etwas, das ihr verriet, dass es Kez doch etwas ausmachte, was ja auch kein Wunder war. Doch Kez drehteschon wieder einen Joint und klopfte neben sich auf die Couch zum Zeichen, dass Cathy sich setzen solle. Cathy hoffte, dass vielleicht doch noch nicht alles verloren war, dass sie keinen irreparablen Schaden angerichtet hatte.
»Ich würde gerne wissen«, sagte Kez plötzlich, »ob ich dir noch etwas anderes anvertrauen kann.«
»Das kannst du.« Es war also nicht okay. »Ich verspreche dir, Kez, dass ich nie wieder …«
»Vergiss das«, unterbrach Kez sie. Sie hob den Joint an die Lippen, leckte das Papier an, drehte ihn fertig, formte die Spitze und legte ihn ab. »Kann ich dir etwas anvertrauen, das mir sehr wichtig ist? Etwas sehr Privates.« Sie hielt kurz inne. »Was sagst du?«
»Es würde mir sehr viel bedeuten, dass du mir noch immer vertraust.«
Cathy wartete, während Kez den Joint anzündete und einen tiefen Zug nahm.
»Der Schläger, den du gefunden hast, gehörte meinem Dad«, begann Kez. »Joey hieß er. Er war Schneider. Total verrückt nach Baseball. Er hat mir immer davon erzählt, mich zu Spielen mitgenommen oder sie gemeinsam mit mir im Fernsehen geschaut.«
»Das
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