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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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klingt nett«, bemerkte Cathy.
    Kez reichte ihr den Joint; Cathy zog daran und gab ihn wieder zurück.
    »Als ich sechs Jahre alt war«, fuhr Kez fort, »ein Jahr vor seinem Tod, wollte ich auf eine Kostümparty. Ich hab meinem Vater gesagt, ich wolle als Reggie Jackson gehen – du weißt schon, oder?« Sie sah Cathy nicken. »Mein Vater hat gelacht und gesagt, Jackson sei ein Kerl und ich ein kleines Mädchen. Das hat mich geärgert, und ich habe ihm gesagt, er solle nicht über mich lachen. Ich nehme an, ich hatte schon damals ein Problem mit meinem Äußeren. Ständig hatte ich das Gefühl, dass mich jemand auslacht.«
    »Aber er hat dich nicht ausgelacht«, sagte Cathy leise.
    »Mein Vater sagte, er würde mir ein Reggie-Jackson-Shirt machen.«
    Kez hielt das Shirt und den Schläger an sich gedrückt; nun legte sie den Schläger neben sich auf die Couch, nahm einen tiefen Zug vonihrem Joint, reichte ihn an Cathy weiter und strich das Shirt auf den Knien glatt. Cathy sah, dass es sich um ein Yankee-Shirt in Kindergröße mit einer großen schwarzen 44 auf dem Rücken handelte.
    »Er hat mir auch gesagt – und das sehr ernst –, dass er mich niemals auslachen würde. Ich könne mich darauf verlassen.« Kez lächelte ironisch. »Doch als es wirklich darauf ankam, war er nicht mehr da.«
    »Darf ich es mal haben?« Cathy schaute auf das Yankee-Shirt.
    Kez gab es ihr im Tausch für den Joint und sah, wie Cathy von dem seltsamen chemischen Geruch die Nase rümpfte. »Das ist so ein Trockenreinigungszeug, das ich mal benutzt habe. Egal, wie oft ich es seitdem gewaschen habe, der Geruch geht einfach nicht raus.«
    »Verstehe«, sagte Cathy und gab das Hemd wieder zurück. »Ich weiß, wie schwierig es manchmal ist, etwas Wertvolles zu bewahren. Es gab nicht viel, was ich nach dem Mord an meinen Eltern aus unserem alten Haus mitgenommen habe, aber ich habe meinen alten Raggedy-Ann-Stuhl behalten, und den würde ich nie wegwerfen.«
    »Ich wusste gleich, dass du es verstehst«, sagte Kez. »Ich wusste schon beim ersten Mal, als wir miteinander gesprochen haben, dass du jemand bist, mit dem ich alles teilen kann.«
    »Danke«, erwiderte Cathy.
    Kez legte nun auch das Hemd beiseite, wand sich herum und streckte sich auf der Couch aus, die Füße auf Cathys Schoß.
    »Oh«, sagte Cathy. »Die letzte Tätowierung.«
    Zwei kleine, filigrane Muster befanden sich auf Kez’ rechter Fußsohle.
    »Sind das chinesische Zeichen?«, fragte Cathy. »Was bedeuten sie?«
    »Lieh gou« , antwortete Kez.
    »Du sprichst Chinesisch?«
    »Nicht ein Wort.«
    »Was bedeuten sie denn?«, fragte Cathy erneut.
    Kez lächelte.
    »Komm ins Bett.«

63.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte David zu Sam, als er ihn auf dessen Handy anrief. Er wollte Grace nicht wecken, nicht um sechs Uhr morgens. »Es ist nichts passiert.«
    »Es muss etwas passiert sein«, sagte Sam, »sonst würdest du nicht anrufen.«
    Sam war in der Küche und trank gerade seinen ersten Espresso des Tages. Er war bereits mit Woody Gassi gegangen und hatte sein Bestes getan, um sich vor seinem ersten Tag wieder im Büro noch ein wenig zu entspannen. Eigentlich wollte er in ein paar Minuten gehen und noch kurz im Krankenhaus vorbeischauen, bevor er zum Büro ging. Er hoffte – wahrscheinlich vergeblich –, dass man ihm gestatten würde, sich langsam wieder einzugewöhnen; doch Lieutenant Kovac betrachtete die Zeit in Naples vermutlich als ausreichenden Mitleidsurlaub.
    »Ich glaube, ich hab was gefunden«, sagte David, »das möglicherweise eine Verbindung zwischen deinen Strandmorden und dem Angriff auf Saul darstellen könnte.«
    »Was sagst du da?«, stieß Sam hervor.
    »Hast du eine Viertelstunde Zeit?«
    Sam schaute auf die Wanduhr. Er sehnte sich danach, nach seinem Bruder zu schauen und alles zu tun, damit Saul nicht zu lange unbeaufsichtigt blieb. »Kannst du es mir nicht einfach jetzt erzählen?«
    »Ich muss dir eines meiner Bücher zeigen«, erwiderte David. »Ich könnte es in dein Büro bringen, oder …«
    »Schon gut, Dad.« Sam war aufgestanden. »Ich bin unterwegs.«
    »Die physiologischen Mechanismen des Lachens …«
    David hatte das Buch mit ins Wohnzimmer gebracht. Sam saß aufdem alten, zerschlissenen Sofa und starrte die Seite an, auf die sein Vater deutete.
    »Möchtest du, dass ich das ein wenig präzisiere, Sohn?«
    »Aber immer«, antwortete Sam.
    »Okay.« David ließ sich neben ihn auf das Sofa fallen. »Das ist vermutlich ein bisschen weit

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