Leuchtendes Land
Männer nahmen ihr gegenüber Platz, und der Anwalt warf einen Blick auf seine Notizen. »Nun, Mrs. Cornish, Sie sind in der Brandnacht aus der Küche heraufgekommen, weil Sie den Rauch bemerkt haben?«
Lil nickte wie versteinert.
»Konnten Sie sofort feststellen, wodurch der Brand entstanden war?«
»Durch die Lampe«, flüsterte sie. »Sie war umgefallen und zerbrochen. Die Vorhänge hatten Feuer gefangen und brannten wie Zunder.«
»Wer hatte die Lampe zerbrochen?«
Lil schaute Mr. Warburton an, der ihr ein schwaches Lächeln schenkte. »Sie müssen wahrheitsgemäß antworten, meine Liebe.«
»Miss Lavinia«, erwiderte sie nervös.
»Denken Sie genau nach«, ermahnte sie der Anwalt, nachdem er ihre Antworten sorgfältig auf einem Formular notiert hatte. »Würden Sie sagen, Miss Warburton befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem angetrunkenen Zustand?«
Lil holte tief Luft. Sie spürte, dass ihre Zeit auf Minchfield vorüber war. Da konnte sie ebenso gut die Wahrheit sagen.
»Ja.«
Er nickte und schrieb weiter. »Haben Sie Miss Warburton früher schon in angetrunkenem Zustand erlebt?«
»Ja, einmal, als ich Milch für mein Baby geholt habe. Sie hielt sich im Speisezimmer auf und war betrunken.« Lil setzte sich aufrecht hin und warf Mr. Warburton einen entschlossenen Blick zu. »Tatsächlich hörte ich jemanden im Speisezimmer und sah durch die Glasscheibe in der Tür, was sich abspielte. Miss Lavinia zerbrach eine Figurine aus Porzellan. Später behauptete sie, jemand vom Personal sei es gewesen.«
»Warum haben Sie damals nichts gesagt?«, fragte ihr Arbeitgeber.
Lil antwortete ausweichend. »Würden Sie Miss Warburton als Lügnerin bezeichnen?«
Der Anwalt hustete und beugte sich über seine Papiere. »Hat deshalb das gesamte Personal außer Ihnen und der Köchin gekündigt?«
»Teilweise. Sie hatten genug von ihr. Von ihr und den Prügeln.«
Dies schien den Anwalt zu interessieren. Er ließ sich von Lil die Einzelheiten berichten und schrieb diese sorgfältig nieder.
Endlich war die Befragung zu Ende, und Lil wurde gebeten, ihre Aussage zu unterzeichnen. Inzwischen war sie sehr neugierig geworden, worum es sich bei dem offiziell wirkenden Formular handeln mochte, und fingerte am Füllfederhalter herum, um Zeit zu gewinnen. Ihre Antworten standen unter einem vorgedruckten Abschnitt, über dem sie die Überschrift »Nervenheilanstalt Perth« entdeckte. Sofort wurde ihr klar, was die beiden im Schilde führten, doch sie ließ sich nichts anmerken und setzte ihren Namen unter das Dokument.
»Ist das alles wirklich nötig?«, fragte sie mit Unschuldsmiene. »Das Feuer war doch nur ein Unfall.«
»Eine reine Formalität«, entgegnete Mr. Warburton und unterschrieb das Blatt ebenfalls. Dann wurde es vom Anwalt gegengezeichnet. »Es ist eine Privatangelegenheit. Würden Sie bitte auch die anderen Papiere unterzeichnen – als Zeugin?«
»Gern.«
Bei diesen »anderen Papieren« handelte es sich um Rechtsurkunden, die in rosa Aktendeckel eingebunden waren. Lil überflog sie rasch. Sie hielt ihren Kopf respektvoll gesenkt. Was sie las, erstaunte sie. »Der als Minchfield Farm bekannte Besitz wird von Miss Lavinia Grace Warburton auf ihren Bruder Robert Jamieson Warburton überschrieben …« Sie sperrten die alte Lavinia ein! Offensichtlich gehörte ihrem Bruder rein gar nichts auf Minchfield. Was hatte die Köchin doch gleich erzählt? Miss Lavinia war nach Minchfield gekommen, um ihre Tante zu pflegen. Ihren Onkel vermutlich auch, der ihr daraufhin seinen gesamten Besitz hinterlassen hatte. Von Mr. Warburton war keine Rede gewesen.
Kein Wunder, dass sich Mr. Warburton nie gegen seine Schwester gestellt hatte. Sie hätte ihn einfach hinauswerfen können.
Es war an der Zeit zu gehen. Lil wurde mit Dank entlassen und von Mr. Warburton zur Tür begleitet. Dort blieb sie unvermittelt stehen.
»Sir, ich habe mir über die Zukunft Gedanken gemacht. Wenn alles wieder hergerichtet ist, werden Sie vermutlich neues Personal einstellen, nicht wahr?«
»Sicher doch.«
»Dürfte ich mich in diesem Fall um die Stelle als Haushälterin bewerben? Ich liebe dieses Haus und würde es gut leiten.«
Jetzt war es ausgesprochen.
Zweifellos war Mr. Warburton mit dem Werk dieses Morgens überaus zufrieden. Er lächelte wohlwollend. »Ja, das dürfen Sie. Ich wollte Ihnen die Stelle ohnehin anbieten.«
»Als Haushälterin kann ich kaum in der Personalunterkunft wohnen. Ich müsste ein Zimmer im Haus
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