Leuchtendes Land
beziehen.«
»Selbstverständlich«, antwortete er jovial. »Wenn der Ostflügel fertiggestellt ist, wird man Ihnen ein angemessenes Schlafzimmer und ein Wohnzimmer zur Verfügung stellen.«
»Vielen Dank, Sir, das ist sehr freundlich von Ihnen.«
»Was wollten sie von dir?«, fragte die Köchin neugierig.
»Nichts Besonderes. Sie stellen eine Liste der Möbel auf, die vom Feuer zerstört worden sind. Ich konnte mich kaum an den ganzen Kram erinnern, der in diesen Zimmern stand.«
»Geht wohl um die Versicherung. Reiche Leute kriegen ihr Geld zurück, wenn etwas verbrannt ist; die Armen müssen einfach so zurechtkommen. Irgendwie ist das nicht richtig.«
Als die Bauarbeiten Monate später vollendet, die Zimmer verputzt und tapeziert waren und das neue Mobiliar geliefert wurde, nahm sich die Köchin zwei Tage frei und fuhr nach Perth.
Bei ihrer Rückkehr hatte sie für Lil eine aufregende Neuigkeit.
»Sie haben Miss Lavinia eingesperrt! Wirklich! Ich habe es in der Stadt gehört!«
»Was meinst du mit ›eingesperrt‹?«
»Versteh doch, die haben sie in die Klapsmühle gesteckt, angeblich ist sie geisteskrank.«
»Du lieber Himmel! Der Brand muss sie um den Verstand gebracht haben.«
»Wohl kaum. Das würde nicht zu ihr passen. Es heißt, sie hätte getrunken. So eine Schande! Nur weil sich eine Frau ab und zu einen genehmigt, braucht man sie doch nicht gleich einzusperren. Dahinter steckt mehr, denk an meine Worte.«
Lil kannte die Hintergründe, behielt sie aber für sich. Sie wollte warten, bis Mr. Warburton wieder eingezogen war.
»Wie lange soll ich denn noch auf ihn warten?«, beklagte sich Thora bei ihrer Schwägerin. »Er hat gesagt, er bleibt nur ein paar Monate, und nun ist er schon fast ein halbes Jahr weg. Ich bin eine richtige Strohwitwe und das in meinem Alter! Das ist wirklich tragisch!«
Alice lächelte in sich hinein. »Tragisch« war das neue Lieblingswort ihrer Schwägerin. Einfach alles war tragisch: das Schniefen des Babys, ein Schlammfleck auf ihrem Rock, verbrannter Toast.
»Ich weiß, dass es schlimm für dich ist«, sagte sie tröstend, »aber Clem wird sicher bald heimkehren. Dann geht wieder alles seinen gewohnten Gang.«
»Eben davor habe ich ja Angst«, schmollte Thora. »In seinen Briefen schreibt er, er könne es gar nicht erwarten, nach Lancoorie zu kommen …«
»Und zu dir, meine Liebe!«
»Ja, ja, wie auch immer … Er wird so froh sein, diese schrecklichen Goldfelder endlich verlassen zu können, dass er sich nie mehr von hier wegbewegen wird. Dann sitze ich an diesem Fleck ein für alle Mal fest.«
Thora fing immer wieder damit an, und Alice war allmählich beunruhigt, weil die Drohungen ihrer Schwägerin, Lancoorie zu verlassen, immer ernsthafter klangen. Daher versuchte sie das Thema zu wechseln.
»Der arme Clem arbeitet offensichtlich sehr hart. Vergiss nicht, dass er einige Rückschläge einstecken musste. Immerhin hat er verletzt im Krankenhaus gelegen. Zum Glück habe ich das damals nicht gewusst, sonst hätte ich mir furchtbare Sorgen um ihn gemacht.«
»Dann hätte er eben nach Hause kommen sollen!«
»Ich bezweifle, dass er in seinem Zustand hätte reisen können. Inzwischen scheint er ganz erfolgreich zu sein, denn er hat bereits zwei Zahlungsanweisungen über jeweils fünfhundert Pfund geschickt. Und er schreibt, es kämen noch mehr. Ist das nicht aufregend?«
Thora stand an der Eingangstür und starrte auf den Weg zur Straße, als hoffe sie auf einen Besucher. Auf irgendeine Menschenseele.
»Es ist einfach nicht das Gleiche«, jammerte sie. »Die Postles haben Gold mit nach Hause gebracht. Ich hatte erwartet, er würde auch mit Gold heimkommen.«
Es störte Alice ungeheuer, dass Thora Clem immer nur als »ihn« bezeichnete, anstatt ihn beim Namen zu nennen, aber sie schwieg um des lieben Friedens willen. Es war nicht leicht, mit Thora zusammenzuleben.
»Die Postle-Jungs haben den größten Teil ihres Goldes in Coolgardie verkauft. Clem wird sicher auch einige Nuggets mitbringen. Thora, das Schlimmste haben wir überstanden. Clem schreibt, dass die Mine sehr ergiebig sei. Ich soll die Zahlungsanweisungen zur Bank bringen. Das ist doch großartig. Denn das bedeutet, dass noch mehr folgen wird. Ich bin sicher, dass er nach Hause kommt, sobald diese Mine erschöpft ist, weil er dich schrecklich vermisst.«
»Er vermisst wohl eher Lancoorie.« Thora drehte sich unvermittelt zu Alice um. »Es hat keinen Sinn. Ich habe mich entschlossen,
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