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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Abend widmete sie sich dieser Aufgabe und führte die großen Hauptbücher mit der gewohnten Sorgfalt weiter. Sie stellte fest, dass es ihr viel Freude machte, alles in bester Ordnung zu wissen. Mr. Warburton sollte kein Anlass geboten werden, sich über seine neue Haushälterin zu beschweren.
    Schließlich überwand er die Enttäuschung über die misslungene Gartenparty und fand wieder Freude am Alleinsein. Eines Tages traf er im Vorbeigehen auf Lil, die gerade Wäsche mangelte, und blieb nach wenigen Schritten stehen.
    »Mrs. Cornish, ich habe mich gefragt, wo Sie Ihre Mahlzeiten einnehmen.«
    »Auf meinem Zimmer, Sir. Ich hoffe, es ist Ihnen recht.«
    »Durchaus, durchaus. Aber wäre es für Sie nicht angenehmer, im Speisezimmer zu essen?«
    Lil fand diese Idee ziemlich töricht. Der Tisch wurde lange vor den Mahlzeiten für Warburton gedeckt, und sie würde warten müssen, bis er mit dem Essen fertig wäre.
    »Wenn Sie es wünschen, Sir«, erwiderte sie gehorsam. »Ich werde mit dem Essen warten, bis Sie Ihre Mahlzeit beendet haben.«
    »Nein, nein. Man soll für zwei decken. Es ist albern, dass wir beide jeweils allein essen. In Zukunft werden Sie die Mahlzeiten mit mir gemeinsam einnehmen, es sei denn, ich habe Gäste. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass ich in diesem Falle eine Ausnahme machen muss.«
    Lil war glücklich. Das war mehr als eine Beförderung! In diesem Moment wusste sie, dass sie es geschafft hatte.
     
    Eines Tages kam Warburton in heller Aufregung zu ihr. »Ein lieber Freund von mir ist in Perth eingetroffen. Es ist sein erster Besuch in Australien, und er wird mit einigen Freunden nach Minchfield House kommen. Ich werde ein großes Bankett veranstalten. Ich möchte, dass Lord Kengally Minchfield in vollem Glanz erlebt.«
    Lil fiel beinahe in Ohnmacht. »Sagten Sie ›Lord‹, Sir? Der Herr ist ein Lord?«
    »In der Tat. Während meines Aufenthaltes in London waren wir eng befreundet, und er hat mir viel Gutes getan. Sie und die Köchin werden ein hervorragendes sechsgängiges Menü zaubern, und ich werde mich um den Wein kümmern.«
    Dieses Ereignis war für Mr. Warburton weitaus wichtiger als die Gartenparty, und er sauste hektisch durchs Haus, um überall nach dem Rechten zu sehen.
    Am Mittwochabend war alles vorbereitet. Man hatte den Esstisch ausgezogen, so dass er Platz für vierzehn Gäste bot, und ihn mit dem schönsten Besteck und Porzellan, das Minchfield zu bieten hatte, gedeckt. Die Gärtner hatten tagelang die Bäume und Büsche im Park gestutzt und beschnitten, so dass kein Blatt mehr aus der Reihe tanzte. Die Anlegestelle war mit roten, weißen und blauen Bändern geschmückt worden. Das Haus sah an diesem Abend noch majestätischer aus als sonst, und Lil war von der Pracht einfach hingerissen.
    »Sie müssen sehr stolz sein, Sir«, sagte sie bewundernd.
    »Das bin ich, Mrs. Cornish, und ich möchte Ihnen für Ihre Mühe danken. Es ist keine leichte Aufgabe, ein Haus dieser Größe in Ordnung zu halten.«
    An diesem Abend stand Lil am geöffneten Fenster und atmete tief die Luft von draußen ein. Sie ahnte Schlimmes. Ein starker, salziger Wind wehte vom Meer her. Um Mitternacht, als sich die ersten Anzeichen des heftigen Sturms, der sich über dem Indischen Ozean zusammengebraut hatte, bemerkbar machten, stand sie noch einmal auf, um die Läden zu schließen. Die ganze Nacht heulte der Wind ums Haus. Am Morgen schließlich hatte der Sturm seinen Höhepunkt erreicht. Regen peitschte gegen die Fenster, Bäume wurden entwurzelt, das Dach der Personalunterkunft flog davon, der Fluss wurde zum reißenden Strom. Noch nie hatte Lil den Swan River so aufgewühlt erlebt. Sie fürchtete das Schlimmste.
    »Sie werden nicht kommen«, sagte Mr. Warburton betrübt, während das Unwetter ums Haus tobte und ein Hagelschauer auf dem Rasen des Parks niederging. »Bei diesem Wetter kann keine Yacht flussaufwärts fahren.«
    Ein durchnäßter Bote kämpfte sich bis Minchfield House und bestätigte Mr. Warburtons Befürchtungen. Lord Kengally hatte ein Telegramm geschickt, in dem er seinem Bedauern Ausdruck gab, dass der Ausflug nicht stattfinden könne.
    Mr. Warburton war niedergeschmettert. Die Anlegestelle sah erbärmlich aus, die zerrissenen Bänder flatterten traurig im Wind. Im Speisezimmer wartete der schön gedeckte Tisch noch immer auf die Gäste.
    Mr. Warburton war den Tränen nahe. »Bringen Sie alles hinaus«, schrie er Lil an. »Räumen Sie den Tisch ab, werfen Sie

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