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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Carty zu tun hast. Er hat drei Töchter im heiratsfähigen Alter. Ich vermute, er hat dich als möglichen Schwiegersohn ins Auge gefasst. So viele alleinstehende junge Männer gibt es hier nicht. Und von denen würde Carty sehr wenige für eine seiner Töchter auch nur in Betracht ziehen.«
    »Und er denkt dabei an mich?«
    »Ich glaube schon.«
    »Mein Gott, das kommt aber unerwartet.«
    »Mag sein. Und du solltest aufpassen, in welche Gesellschaft du dich begibst, Clem. Ich habe gehört, du hättest gestern Abend im
Duke of York
mit den Postle-Jungen getrunken. An deiner Stelle würde ich ihnen in Zukunft aus dem Weg gehen. Sie sind vermutlich harmlos, aber kannst du dir vorstellen, dass Dr. Carty ihnen eine seiner Töchter anvertrauen würde?«
    »Wohl kaum.«
    »Noah mag streng gewesen sein, aber du verdankst ihm einen guten Ruf, und den solltest du wahren. Ich hoffe, das klingt jetzt nicht wie eine Predigt …«
    »Sie machen es schon ganz gut«, meinte Clem grinsend. Tanner lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    »Freut mich, dass du nicht beleidigt bist. Wenn es meinen Kunden gut geht, habe auch ich etwas davon. Verstehst du? Eine Bank ist ein Unternehmen, genau wie eine Schaffarm. Es liegt in unser beider Interesse, dass du deine Sache gut machst.«
    Zum ersten Mal fasste Clem sein Gegenüber genauer ins Auge: Da stand ein Bankdirektor vor ihm, der in York hohes Ansehen genoss, ein wichtiger Mann. Sein sozialer Status schien unerreichbar. Der sorgsam gestutzte Bart und der seriöse dunkle Anzug trugen ihren Teil zu diesem Eindruck bei. Clem sah aber noch etwas anderes in ihm. Von Mann zu Mann hatte er mit ihm gesprochen, um Himmels willen! Er musste Alice von diesem Ereignis berichten. Tanner war auch nur ein Mensch.
    »Meinen Sie, ich sollte hingehen?«
    »Auf jeden Fall. Meine Frau und ich werden auch dort sein. Wir haben keine Kinder, um die wir uns sorgen müssen, also ist das nicht mein Beweggrund.« Er öffnete eine Dose Pfefferminzbonbons und bot Clem eins an. »Du wirst mich doch nicht im Stich lassen?«
    »Ich kann nicht hingehen. Ich habe keine anständigen Kleider. Außerdem bin ich gestern ohne einen Penny aus der Bank gewandert und musste im
Duke of York
anschreiben lassen. Könnte ich von Noahs Geld etwas abheben?«
    »Nicht, bevor Alice die Papiere unterzeichnet hat, aber ich gebe dir einen Vorschuß.«
    »Da bin ich aber erleichtert. Könnten Sie mir so viel geben, dass ich mir Kleider kaufen kann? So wie ich jetzt aussehe, kann ich mich nicht bei Dr. Carty blicken lassen.«
    »Wir treffen uns in der Mittagszeit drüben beim Tuchhändler und kleiden dich ein. Vorher solltest du Henty aufsuchen. Bestell für Noah einen schönen Grabstein, das würde ihm gefallen.«
    Tanner stand auf. Damit signalisierte er einem Kunden gewöhnlich, dass er entlassen war. Auch Clem erhob sich, doch dann fiel ihm noch etwas ein. »Da wäre noch eins, Mr. Tanner. Wenn ich alles geregelt habe, möchte ich mir Geld leihen, um die Farm zu erweitern. Ich habe mich gegen den Getreideanbau entschieden.«
    »Das ist recht und billig. Halte dich an das, was du kennst.«
    »Und Sie würden mir ein Darlehen geben? Dann könnte ich noch etwas in Reserve behalten.«
    »Wir werden sehen.«
    »Ich habe Sträflinge beantragt, um ein Stück Land zu roden.«
    Tanner war sichtlich erfreut. »Tatsächlich? Eine gute Idee. Ich wollte das schon vorschlagen. Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen.«
    »Und noch etwas.« Clem verlor allmählich sein Selbstvertrauen. »Ich möchte nicht allein zum Doktor gehen. Könnte ich um fünf Uhr herkommen und mich Ihnen und Mrs. Tanner anschließen?«
    »Selbstverständlich. Die Bank ist dann geschlossen. Wir wohnen im Haus dahinter. Von dort machen wir uns gemeinsam auf den Weg.«
    »Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher dabei. Ich war noch nie auf einer Party.«
    »Keine Sorge. Niemand wird dich beißen. Und jetzt los.«
     
    Da man ihn vorgewarnt hatte, machte sich Clem darauf gefasst, den Avancen dreier heiratswilliger Mädchen widerstehen zu müssen, doch er hätte sich keine Sorgen machen brauchen, da sie kaum Notiz von ihm nahmen. Stolz trug er seine neuen Hosen, das gestreifte Hemd mit dem steifen Kragen, die Fliege und seinen neuen Haarschnitt zur Schau. Im Nacken und an den Seiten war das Haar so kurz geschnitten, dass er sich wie ein geschorenes Schaf vorkam, doch man hatte ihm versichert, dieser Schnitt sei der letzte Schrei. Dass er mit den Tanners zusammen eintraf,

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