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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Jubeljahre, es muss mein Glückstag gewesen sein. Und da er kaum Bekannte in der Stadt hatte, brauchte ich keinen Klatsch zu fürchten. Jedenfalls habe ich bei ihm mein Glück versucht. Ich sagte ihm offen, in welcher Lage ich mich befand, und erwähnte beiläufig, dass mir ein Darlehen sehr gelegen käme.«
    »Hätten Sie sich das Geld nicht von der Bank leihen können?«
    »Habe ich ja. Wahnsinn. Für einen Bankangestellten, der die Prüfer stets im Nacken sitzen hat, der sichere Weg in den Ruin. Ich musste das Geld schnellstens ersetzen.«
    »Ich wette, Noah war ziemlich überrascht.«
    »Allerdings. Er lieh mir das Geld und weigerte sich, Zinsen dafür zu nehmen, weil das unchristlich sei. Ich musste jedoch eine Predigt über mich ergehen lassen, in der er mir mein Fehlverhalten vorhielt. Ich weiß noch, dass er sagte: ›Es gibt eine Zeit des Säens …‹«
    »›… und eine Zeit des Erntens‹«, vollendete Clem. »Das habe ich oft genug zu hören bekommen.«
    »Ja. Damals wusste ich nicht, worauf er hinauswollte, da ich kein Farmer bin. Er sagte, ein Farmer rieche an der Luft, rieche an der Erde und wisse dann genau, wann er die Saat ausbringen müsse. So solle ich es auch mit meinem Geschäft halten. Ich habe das Glücksspiel sofort aufgegeben, was mir nach dem Schrecken nicht sonderlich schwerfiel, und schließlich begriffen, was Noah gemeint hatte. Ich befasste mich intensiv mit dem Bankwesen, anstatt meine Tätigkeit als Bankier nur als irgendeine Arbeit zu betrachten. Inzwischen habe ich ein gutes Gespür für die Luft und die Kunden, die einen fruchtbaren Boden abgeben.«
    Clem nutzte die Gelegenheit. »Halten Sie mich für einen Boden, der fruchtbar genug ist, um mir ein Darlehen zu geben?«
    »Das kann ich noch nicht sagen. Kühn genug bist du. Aber ich bin es deinem Vater schuldig, mir die Sache reiflich zu überlegen.«
    Clem schlief gut. Dass Jocelyn ihn in dieser Nacht nicht erneut besuchte, schien nichts auszumachen. Er wollte nur noch nach Lancoorie zurück.
    Am Morgen bezahlte er seine Hotelrechnung, besorgte beim Tuchhändler Geschenke für Alice und fuhr dann im Pferdewagen zum Kolonialwarengeschäft, wo er großzügig Lebensmittel einkaufte, um seiner Schwester eine Freude zu machen. Er hatte sich in der Stadt hervorragend amüsiert und wollte seine Erlebnisse mit Alice teilen, die immerhin allein auf der Farm zurückgeblieben war. So viel hatte er ihr zu erzählen – nur die Nacht mit den Postle-Brüdern und Jocelyn würde er verschweigen. Er wurde rot. Seine Dora! Wenn man es recht betrachtete, war Jocelyn aus demselben Holz geschnitzt wie sie. Er konnte es beinahe hören, wie sein Vater darüber lachte.
     
    Alice traute ihren Augen nicht, als Clem den Wagen auslud und die Geschenke vor ihr auftürmte. Er hatte ihr ein blaues Kleid mit Haube gekauft und Leinen für den Haushalt, damit sie die verblichenen, immer wieder geflickten Laken und Handtücher ersetzen konnte. Der Stoff reichte für ein Dutzend davon und natürlich auch noch für Kissen- und Bettbezüge. Lachend lud er solche Stoffberge auf ihre Arme, dass die Hälfte auf den staubigen Boden fiel und Alice umherstolperte, um die kostbare Beute zu retten.
    »Um Gottes willen, Clem. Was hast du getan? Eine Bank ausgeraubt?«
    »Nicht nötig, Schwesterherz! Wir sind gar nicht pleite, absolut nicht. Noah hat uns etwas vorgemacht.«
    Er schleppte eine Kiste herbei und packte Schinken, Marmelade, Dosenpfirsiche, Bonbons, Kuchen und süße Brötchen aus sowie rote Äpfel für sie beide und grüne für die Pferde.
    »Oh, Clem, was soll das alles?«
    »Ich war auch im Kolonialwarenladen.«
    »Das sehe ich. Das nächste Mal möchte ich aber selbst einkaufen. Wir brauchen Tee, Mehl und Zucker, und du bringst diese Delikatessen mit!«
    »Magst du sie nicht? Der Schinken ist mit Zucker geräuchert, das Beste vom Besten.«
    »Ja, natürlich, aber …«
    »Keine Sorge. Hilf mir beim Auspacken, und ich werde dir alles erklären. Bei einer Party.«
    »Einer was?«
    »Einer Party. Alice Price, wir beide werden eine Party feiern. Seit ich in York auf einer gewesen bin, weiß ich jetzt alles über Partys.« Er reichte ihr eine bauchige Weinflasche. »Den haben sie dort serviert, daher habe ich für dich auch eine gekauft.«
    Alice runzelte die Stirn. »Bist du vielleicht immer noch ein wenig betrunken?«
    »Keineswegs. Ich bin stocknüchtern. Und schau mal hier …« Er holte zwei unhandliche Pakete hervor. »Decken. Nicht wie die alten, grauen

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