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Leuchtendes Land

Titel: Leuchtendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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brauchen sie im Grunde immer noch, denn dieses Land ist riesig und wird mehr und mehr erschlossen.«
    Schließlich war Clem wieder unterwegs. In einer Pappmappe, die mit einer dünnen roten Kordel verschnürt war, hatte er nun eine verwirrende Sammlung von Formularen dabei.
    Dr. Carty trank in der Bank gerade eine Tasse Tee mit Mr. Tanner. »Ach, Clem. Auf dich habe ich gewartet. Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja.«
    »Und mit Alice?«
    »Vielen Dank, Doktor, es geht ihr gut.«
    »Ich habe den Totenschein für euch.«
    »Wie bitte?«
    Clem hatte Mühe, sich innerlich von Jocelyn und der verlockenden Vorstellung loszureißen, er könne sich vielleicht bald Geld von dieser Bank leihen. Er hörte kaum auf das, was Dr. Carty sagte.
    »Den Totenschein für deinen verstorbenen Vater, Clem. Wenn es dir recht ist, lasse ich ihn bei Mr. Tanner.«
    »Ich benötige ihn, um die Urkunden für Lancoorie auf dich und Alice umzuschreiben«, erläuterte Tanner.
    »Ach ja, natürlich.«
    »Bleibst du heute Abend in der Stadt?«, fragte Carty. Clem zuckte ein wenig schuldbewusst zusammen. Hatten sie erfahren, was in der letzten Nacht geschehen war? Unmöglich! Er hatte schon längst im Sinn, eine weitere Nacht hier zu verbringen, wenn Jocelyn zur Verfügung stand. Hinter seinem Unschuldsblick tanzte ein schelmisches Lächeln. Er würde auch eine Woche bleiben, wenn er ihrer Gesellschaft sicher sein konnte.
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete er. »Habe noch nicht darüber nachgedacht. Ich habe noch einiges mit Mr. Tanner zu regeln. Und ich muss Vorräte für Alice besorgen.« Er zermarterte sich das Hirn nach weiteren Entschuldigungen. »Und ich muss einige Besuche machen, um mich bei den Leuten zu bedanken. Vor allem bei den Frauen, die zur Beerdigung gekommen sind. Sie waren sehr freundlich, haben das ganze Essen mitgebracht und so.«
    Carty nickte erfreut. »Das solltest du wirklich tun. Gute Manieren scheinen heutzutage Seltenheitswert zu haben.«
    Tanner lieferte ihm noch einen weiteren Grund. »Vergiss nicht den Grabstein, Clem. Der alte Henty, der Steinmetz, hat schon nachgefragt. Er macht seine Arbeit gut und würde dir den bestmöglichen Preis machen.«
    »Ja, das muss ich auch noch erledigen, nicht wahr?«
    »Also abgemacht. Du wirst hierbleiben. Ich habe dich danach gefragt, weil Mrs. Carty Geburtstag hat und wir heute Abend eine Party für sie geben. Bei uns zu Hause. Ich weiß zwar, dass du in Trauer bist, Clem, aber weder der Herr noch dein lieber verstorbener Vater würden etwas dagegen haben, wenn du auch kämst. Du bist so selten in der Stadt und hast ein Recht auf ein bisschen Unterhaltung. Du hast viel durchgemacht. Wir würden uns freuen, dich bei uns begrüßen zu dürfen.«
    Clem starrte ihn an. Er hatte Carty nie besonders gemocht. Er war ein kleiner, stämmiger Mann mit vollem weißem Haar und femininen roten Lippen, die durch seine dünnen weißen Koteletten noch betont wurden. Seine Augen blickten kalt. Blaßblau und kalt wie die eines Fisches. Wurde man krank, so erzählten sich die Leute, führe er sich auf, als würde man ihn auf unverschämteste Weise belästigen. Er war sehr reich, einer der reichsten Männer im Distrikt, und besaß nicht nur Land, sondern auch das lukrative Fuhrunternehmen
Carty Coach and Carrying Company
.
    »Er wird kommen«, antwortete Mr. Tanner an Clems Stelle.
    »Schön. Wir erwarten dich um fünf«, meinte Carty. »Du brauchst kein Geschenk mitzubringen, das ist nicht nötig.«
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte Clem den Bankdirektor, nachdem der Arzt gegangen war. »Ich kenne ihn kaum und bin seiner Frau noch nie begegnet.«
    Tanner lachte und räumte die Teetassen ab. »Denk mal scharf nach. Du hast da draußen einen ansehnlichen Besitz.«
    »Wer sagt das? Drei Viertel davon sind noch immer Buschland. Die Wolle hält uns gerade am Leben. Besser, als ich dachte, das muss ich zugeben, aber das macht mich noch nicht zu seinemgleichen.«
    »Seinesgleichen«, berichtigte ihn Tanner. »Du musst auf eine korrekte Sprache achten. Noah legte Wert darauf, und du solltest es ihm gleichtun. Es ist nur eine Frage der Disziplin.«
    Clem ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Reden wir nun über Carty oder über meine Sprache?«
    »Über beides. Du wirst in wenigen Monaten neunzehn und bist Landbesitzer. Lancoorie mag zwar unterentwickelt sein, ist aber trotz allem eine beachtliche Schaffarm. Du solltest dich nicht unterschätzen, vor allem nicht, wenn du es mit Männern wie

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