Leuchtfeuer Der Liebe
ideale Bedingungen für eine Seereise.
Aus ferner Vergangenheit hörte er ihre laute Stimme, die in seinem Kopf widerhallte. Es war der einzige Streit in ihrer Ehe gewesen.
„Wie kannst du mir das antun?" klagte Emily. „Wieso schickst du mich einfach weg wie ein unmündiges Kind?"
Er erinnerte sich lebhaft an ihre zarten Schultern, als er sie in den Armen gehalten und seinen Griff verstärkt hatte, weil sie versucht hatte, sich ihm zu entziehen. „Emily, bitte sei vernünftig. In ein paar Tagen bin ich bei dir in San Francisco. Die Zeit wird dir wie im Flug vergehen. Du wirst mich gar nicht vermissen."
Ihre Schultern zuckten, und sie zog ein spitzenbesetztes Taschentuch aus ihrem Retikül. „Du weißt, wie sehr ich es hasse, von dir getrennt zu sein."
„Unsinn. Denk daran, wie sehr du dich letzten Sommer amüsiert hast. Du hast mit deiner Stiefmutter die Oper besucht und mein ganzes sauer verdientes Geld ausgegeben." Obwohl krank vor Schuldgefühlen, hatte er es geschafft, einen heiteren Ton anzuschlagen. „Für dich ist ein Ausflug in die Großstadt mit all den eleganten Modegeschäften, wo du nach Herzenslust einkaufen kannst, eine wunderbare Abwechslung. Dieses Jahr fährst du nur ein paar Wochen früher als sonst."
„Dieses Jahr ist eben anders." Sie hatte den Blick gesenkt und die Hand um ihre Mitte gelegt, wo ihr Baby heranwuchs. Sein Baby.
Als sie ihm die frohe Nachricht eröffnet hatte, war er vor Freude und Glück ganz außer sich gewesen. Und sein Jubelschrei war durch das große Haus, in dem sie wohnten, gehallt. Einige Wochen später hatte das Glücksgefühl sich in freudige Erwartung gewandelt - und dann hatte Emily ihn aus ihrem Bett verbannt.
Verwöhnt und sorglos hatte Jesse sich leichtfertig in Lucys Arme geflüchtet - Lucy mit ihrem schrillen Lachen und ihrer atemberaubenden Sinnlichkeit. In seiner Selbstherrlichkeit hatte er geglaubt, nichts könne sein Glück trüben, hatte er sich für unverletzlich gehalten.
Erst als sie angefangen hatte, Ansprüche zu stellen, war er zur Vernunft gekommen. Eines Morgens beim Erwachen hatte er das Gesicht seiner Geliebten im gnadenlos grellen Licht der Morgensonne gesehen und erkannt, wie gefährlich nah er daran war, sein Leben zu zerstören. Und plötzlich hatte er begriffen, dass er Lucy sagen musste, dass es vorbei war. Doch zuvor sollte Emily die Stadt verlassen.
„Dieses Jahr ist wirklich anders." Seine Stimme hatte belegt geklungen, und er hatte sich geräuspert. Er hatte Emily in einer Gemütsaufwallung heftig an sich gezogen und ihr beinahe den breitrandigen Hut vom Kopf gerissen. „Ich schwöre dir, Liebste, alles wird gut, wenn wir wieder zusammen sind." Er hatte zur stämmigen Matrone im grauen Reis ekostüm neben den Schiffskoffern hinübergedeutet. „Mrs. Ferris wird auf dich aufpassen. Du wirst mich gar nicht vermissen."
Emilys zartes Kinn hatte zu zittern begonnen. „Unsinn. Du weißt, wie sehr ich dich vermissen werde. Komm mit mir, Jesse."
„Ich kann nicht, Emily." Er war sich mit der Hand durchs Haar gefahren. „Granger hat für kommenden Mittwoch eine Konferenz unserer Direktoren angesetzt. Daran muss ich teilnehmen."
„Ständig durchkreuzt Granger Clapp unsere Pläne."
Jesse hatte den Verdacht gehabt, in Emilys Worten könnte ein Körnchen Wahrheit liegen. Er und Granger hatten beide um Emilys Gunst geworben, und als sie sich für Jesse entschied, hatte sein Rivale - und Freund - sich als sehr schlechter Verlierer erwiesen.
„Lass mich bei dir bleiben", hatte Emily gebettelt. „Und wir reisen nächste Woche gemeinsam."
„Nein, es ist alles vorbereitet." Er hatte ihr die Tränen von den Wangen geküsst und sein Herz gegen ihr Flehen verschlossen. Und zufällig hatte er den Blick zum Himmel gerichtet und am westlichen Horizont einen dünnen Streifen dunkler Wolken bemerkt. Es hat nichts zu bedeuten, hatte er sich eingeredet. Das
Postschiff fuhr diese Route jede Woche, und noch nie war etwas passiert.
„Gib mir einen Abschiedskuss, Emily. Küss mich, und wir werden sehr bald wieder vereint sein."
„Ach, Jesse, ich will nicht reisen."
„Du musst, Liebste. Deine Stiefmutter erwartet dich." Jesse hatte die Lider gegen ihren forschenden Blick halb gesenkt. Hatte Emily Bescheid gewusst? Hatte sie ihm angesehen, dass er sie betrog?
„Ich liebe dich, Emily", hatte er gesagt. „Ich liebe dich unendlich." Vergiftete Worte. Worte, die sie in den Tod geschickt hatten. Jesse hatte sich geschworen, diese Worte nie
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