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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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rutschen, mit den Füßen verhake ich mich zitternd in einer schlaufenartigen Wurzel, wie ein Trapezkünstler im Zirkus. »Hier. Hab ich einen.«
    »Wo?« Arthurs warme Hand sucht, ohne dass er seinen Blick von der paddelnden Alina löst. Endlich hat seine Hand den Ast, er reißt ihn an mir vorbei, schmerzhaft durch mein Gesicht, meine Wange brennt. Arthur schleudert den Ast über unsere Köpfe nach vorne ins Wasser, da planscht und prustet Alina, jetzt ohne zu rufen, wie weggetreten. Hell und voll steht der Mond über uns und ich sehe die Augen meiner besten Freundin im weißen Licht blinken, angstvoll, erschrocken und unendlich einsam. Sie greift nicht nach dem Ast, sie hebt nur müde die Hände in die Dunkelheit, lässt sich willenlos von den Strudeln nach unten ziehen, wegsinken, tiefer hinein ins Wasser, bis zum schlammigen Grund.
    Ich kralle mich an Arthurs Hemd fest. »Arthur, was sollen wir machen?« Ich kreische es fast.
    Mein Freund arbeitet sich schwer atmend immer weiter nach vorne, Richtung Strömung. Seine Stimme hat einen ganz dunklen, fremden Klang bekommen: »Setz dich oben hin und halt mich an den Beinen fest.«
    »Okay.« Vorsichtig bewege ich mich wieder zurück, ohne die Verankerung meiner Füße zu lösen. Meine Zähne klappern aufeinander. Als ich oben sitze, packe ich Arthurs Hosenbeine. Dieser Sicherung traue ich nicht wirklich, die Jeans sitzen bei ihm immer so locker auf den schmalen Hüften. Also greife ich fest um seine Fesseln
und stemme mich jetzt mit den Füßen in der Wurzel ab, wie ein Kutscher auf dem Kutschbock, der seine durchgehenden Pferde fest an den Zügeln hält.
    Arthur rutscht weiter nach vorne, mit dem Oberkörper hängt er schon im Wasser. Er brüllt: »Alina, greif verdammt noch mal den Ast.«
    »Ich kann nicht.« Alina blubbert und sinkt immer tiefer, ihre Augen verschwinden.
    Jetzt strampelt sich Arthur aus meinem Griff los. Er brüllt: »Lelle, lass los!«
    Ich will nicht. Leute, ich will ihn nicht loslassen, ich habe ihn doch so fest. Mein Griff wird härter.
    »Lass los!«
    »Nein!«
    »Lass verdammt noch mal los!«
    Ich gehorche, aber ich schluchze: »Nein.«
    Und dann reißt sich Arthur sein Hemd vom Körper und springt ins schwarze Nichts. Das Flusswasser spritzt hart und schneidend bis zu mir nach oben, die Tropfen peitschen in mein Gesicht. Ich hatte ihn doch so fest. Lieber Gott, lieber Gott. Um mich herum ist es finstere Nacht, die Wasseroberfläche glitzert und funkelt im Mondlicht, so, als wäre nichts. Alina! Draußen, auf der anderen Seite des Flusses, über dem Feld, wird es am Horizont heller. Hinter mir raschelt und knistert es. Alina! Die Tiere des Waldes horchen auf. Ich suche mit den Augen nach meinen Freunden und atme nicht mehr. Ich starre hinaus auf den Fluss, da sind in die Luft gestreckte Arme. Hände, die ins Leere greifen. Prusten, Husten, Schlucken und schwere Atemzüge. »Arthur?«
    Langsam bewege ich mich im Entengang wieder die Böschung hinunter, wobei ich mich an Wurzeln und glitschigen
Gräsern festklammere, um ja nicht abzurutschen. Ich bin voll bei mir, ganz konzentriert. Mir wird nichts passieren, nicht wahr? Jetzt erreiche ich die Wasseroberfläche, da hocke ich mich auf einen flachen Stein. Meine Füße in den Chucks werden feucht, die Feuchtigkeit steigt immer höher, saugt sich in meine Strümpfe. Ich bin bereit. Ich bin innerlich bereit, hier jetzt Leben zu retten, das meiner Freunde. Arthur und Alina bewegen sich gemächlich auf mich zu, atmend und wimmernd. Arthur hat sie! Das Klatschen von Händen auf der Wasseroberfläche ist zu hören, sie kommen näher. Gott, bitte! Und ich starre hinaus, versuche Genaueres zu erkennen, um schnell reagieren zu können. Ich habe einen Ast, meine Hand legt sich feucht und fest und entschlossen um das raue Holz. Ich bin bereit. Ich atme tief ein und aus und ich bin bereit.
    »Lelle?« Johannes’ warme Stimme flüstert atemlos neben meinem Ohr.
    Ich fahre herum. »Du hast mich erschreckt!« Ich rutsche weg, sodass meine Unterschenkel im Wasser hängen. In dem Moment legt sich eine kalte zitternde Hand um meine Wade.
    »Lelle, zieh sie hoch!«
    Sie haben das Ufer erreicht! Schemenhaft erkenne ich zwei Körper. Arthur und Alina. Schnell krabbelt Johannes neben mich. Er beugt sich weit vor und ich packe ihn an seinem Gürtel, um ihn zu sichern, gleichzeitig lehne ich mich mit dem Oberkörper nach hinten gegen die Böschung.
    »Ich hab sie.« Johannes stößt die Worte hervor und sein Rücken

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