Leute, ich fuehle mich leicht
verhindern, dass die beiden Verliebten raffen, dass wir uns in ihrer Nähe aufgehalten haben. So ein Scheiß.
Ich beschließe, die Angelegenheit professionell anzugehen, schlüpfe mit geducktem Haupt in die Küche, hechte an der Arbeitsfläche und dem langen Esstisch vorbei und linse dann um die Ecke. Mama legt sich gerade den Gurt ihrer Handtasche neu über die Schulter, und Rita putzt sich ihren Zinken mit ihrem geblümten Stofftaschentuch, das sie immer griffbereit in ihrer Blumenkleidtasche hat. Schnell krabble ich auf allen vieren weiter über den Teppich, ganz so wie ich es im Ausbildungscamp des FBI gelernt hätte, und angle mir sehr geschickt die Schuhe vom Abtreter. Damit ziehe ich mich zurück in die Küche und beschließe, meine Chucks erst draußen auf der Straße wieder anzuziehen. Mir reicht es für heute. Ich will hier nur noch weg. Doch so einfach soll es nicht sein. Ich weiß nicht, wo Cotsch steckt. Ich mache mich also noch mal runter in den Keller, weil ich meine, hinter der angelehnten Tür einen Hauch von Licht wahrgenommen zu haben. Ich stupse die Tür auf und im Schein der nackten Glühbirne erblicke ich Cotsch, in seltsame Kleidung gehüllt. Der Fetzen sieht aus wie ein Hochzeitskleid mit tiefem Dekolleté und Tüllvolants. Vor meiner Schwester liegt ein geöffneter Überseekoffer, aus dem noch mehr groteske Kleidungsstücke quellen.
»Was machst du da? Ich dachte, du suchst Rita!«
»Habe ich ja auch. Dabei habe ich aber diesen Koffer entdeckt und darin ihr Brautkleid gefunden.«
»Aha.«
»Ich denke, ich werde es mitnehmen.«
Meine Schwester ist eine echte Borderlinerin. Ich muss es ganz einfach so sagen. Am besten, ich halte mich da raus. Mir wird das gerade alles ein bisschen zu psycho.
Ich sage nur: »Kommst du jetzt mit oder bleibst du hier?«
»Ich stöbere noch ein bisschen rum. Vielleicht finde ich noch Schmuck oder so.«
»Okay. Übrigens: Mama knutscht gerade draußen im Garten mit Rita rum.«
»Was?«
Augenblicklich rafft Cotsch ihre bauschigen Röcke zusammen, als würde sie einen Cancan-Tanz hinlegen wollen, und rauscht in Ritas räudigem Brautkleid an mir vorbei. Es müffelt nach Mottenkugeln. Der lange Schleier weht. Vielleicht hätte ich die Info besser für mich behalten sollen. Auf der anderen Seite finde ich schon, dass Cotsch sich auch mal ein bisschen einbringen könnte, wenn es kniffelig wird. Langsam folge ich ihr die Stufen hinauf und bleibe an der Wohnzimmertür stehen. Ich sehe hinaus in den blühenden Garten, in dessen Mitte die Braut steht und Mama und Rita eine astreine Szene beschert. Cotsch kreischt so laut, dass man es wahrscheinlich noch am Südpol bei den Eskimos hört.
»Mama! Jetzt hast du es definitiv geschafft, mich zu traumatisieren!«
Ja, da könnte Cotsch recht haben. Ich ziehe mich vornehm durch den Flur zurück zur Haustür. Es ist ein gutes Gefühl, mich heute mal aus allem rauszuhalten. Ich öffne die Tür und trete ins mittägliche Sonnenlicht. Gerade als ich um den Oleander biege, kommt mir leider Alice mit ihren Segelohren auf dem Fahrrad entgegen, mit dem Cotsch neulich einen schweren Unfall hatte. Nachdem es Alice zu ihrem Geburtstag geschenkt bekommen hatte, wollte Cotsch direkt im Anschluss an das Kaffeetrinken nur eine klitzekleine Proberunde damit drehen. Ohne zu fragen, ist sie aufgestiegen und losgeheizt. Ich muss nicht sagen, dass sie die PS sehr schnell auf 180 hochgepitcht hatte. Gerade als sie dabei ist, die Tour de France zu gewinnen, bricht der Lenker von diesem Scheiß-Rad in der Mitte durch, und meine Schwester klatscht, mit dem Kinn zuerst, auf den Asphalt. Platsch. Wie das dann aussah, muss ich wohl keinem erläutern. Wie auch immer. Alice schafft es heute gerade noch rechtzeitig abzubremsen, bevor auch sie volle Pulle in mich reinbrettert.
Gleich quäkt sie los: »Lelle, was machst du denn hier?«
»Nichts. Und du?«
»Hä? Ich wohne hier.«
»Ich weiß.«
»Warst du gerade bei uns?«
»Nein, wieso?«
»Und warum springst du dann hinter unserem Oleander hervor?«
»Nur so.«
»Hast du bei uns ins Haus geguckt?«
Meine Güte, ist Alice jetzt unter die CSI-Miami-Beamten gegangen, oder was? Was soll dieses verdammte Ausgefrage? Sie hat sich ihr Rad zwischen die Beine geklemmt, klammert sich mit beiden Händen an der Lenkstange fest und glupscht mich durchdringend an. Es ist klar, sie wird nicht lockerlassen.
Ich sage also: »Ich wollte sehen, ob meine Mutter hier ist.«
»Und? Ist sie hier?«
»Keine
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