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Leute, ich fuehle mich leicht

Titel: Leute, ich fuehle mich leicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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rauchen, bis der Arzt kommt. Außerdem haben wir verabredet, dass ich ein bisschen was von Mamas Ton mitbringe. Vorher wollen wir nämlich noch ein paar Skulpturen töpfern. Ich spüre es ganz deutlich: Johannes und ich, wir gehören zusammen. Ich bin begeistert!
    Mama und Papa waren gestern Abend allerdings weniger begeistert, als ich ihnen die Sache mit der Mikrobe gebeichtet habe. Papa hat nur den Kopf geschüttelt und ist seufzend im Keller verschwunden, um ein paar von seinen Latschen zu schrubben. Papa lässt Mama immer allein. So als sei sie an allem schuld. Dabei ist sie das gar nicht. Jedenfalls nicht nur. In jedem Fall stellt sie sich den Herausforderungen des Lebens, was ich echt tapfer finde. Besonders was meine blutige Mikrobe anbelangt.
    Mit zusammengepressten Lippen hat sich Mama die Sache mal genauer angesehen. Dabei hat sie immer wieder gemurmelt: »Mensch, Kind. Du hast doch gar nichts zuzusetzen. Wie kann man nur einen solchen Blödsinn machen! Dein Körper verbraucht vermutlich deine ganze restliche Energie, um die Wunde einigermaßen abheilen zu lassen.«
    Ich habe nur gemeint: »Tut mir leid, ich finde die Mikrobe trotzdem gut.«
    Damit ich kapiere, dass man sich die Haut nicht einfach mit einem Obstmesser einritzt und Zigarettenasche reinstreut, hat mir Papa dann noch für zwei Wochen das Taschengeld gestrichen. Das ist ärgerlich, aber nicht dramatisch. Schlimmer wäre in jedem Fall eine Blutvergiftung gewesen. Wegen der Anzeige von Pias Vater habe ich mich auch wieder abgeregt, weil ich Pia heute Morgen im Schul-Fahrradschuppen getroffen habe und sie meinte, ich könne ja nichts dafür, wenn Alina so schräg drauf wäre. Ich habe gesagt: »Stimmt. Die ist voll schräg drauf. Richtig beängstigend.« Wir haben uns verstehend zugelächelt und dann sind wir hintereinander den Trampelpfad Richtung Schule entlangmarschiert. Dabei habe ich gemerkt, dass Pia von hinten genau wie Alina aussieht. Oder umgekehrt. In jedem Fall, denke ich, das Schlimmste ist vorüber. Trotzdem muss ich Alina bei Gelegenheit noch mal ins Gewissen reden, dass sie sich die Liebschaft zu Pia besser abschminken soll. Wenn ihr mich fragt, nimmt das ja langsam psychotische Züge an.
    Unangenehm war nur die Sache mit Cotsch. Nachdem ich gestern Abend Mama und Papa meine Vergehen in puncto »Einbruch« und »Mikrobe« gebeichtet hatte, bin ich rüber zu Helmuths Haus, um nach Cotsch zu fahnden. Im festen Glauben, Cotsch sei bei ihm, habe ich geklingelt. Die war aber nicht da. Gerade in dem Moment, als Helmuth mir unrasiert und mit triefigem Blick die Tür geöffnet hat, ging schräg gegenüber bei Gérard-Michel und Dorle die Haustür auf und Cotsch kam raus. Ich muss nicht sagen, dass sie wieder mein geknotetes Herrenhemd und ihre Hotpants trug. Leider hat sie zu spät realisiert, dass Helmuth und ich nur ein paar Meter von ihr entfernt auf dem Fußabtreter herumlungerten. Sie hat debil gekichert und sich von Gérard-Michel in den Po kneifen lassen. Seine Frau Dorle war wohl gerade im Kirchenchor, um ein Requiem einzuüben.
    Helmuth hat mich mit seiner behaarten Tennishand am Arm gepackt, so als würde er gleich aus den Latschen kippen, und hat geschnauft: »Freunde, nicht mit mir. Nicht mit mir.«
    Zwei Sekunden später kam es dann auch schon zum ultimativen Kampf der Giganten. Helmuth und Gérard-Michel haben sich in ziemlich unflätiger Weise quer über den Platz angebrüllt. Von wegen: »Du Hurensohn, du Verräter.«
    Worte, die ich in meinem Leben noch nie gehört habe - außer vielleicht von Cotsch. Jetzt weiß ich, woher sie diese Vokabeln hat. Wahrscheinlich lässt sie sich die beim Liebesspiel von diesen Opis ins Ohr quatschen. Leute, ich will mir das gar nicht vergegenwärtigen. In jedem Fall ging dieses Gebrüll eine Zeit lang hin und her, bis der arme Helmuth plötzlich einen von seinen beschissenen Blumentöpfen aus dem Vorgarten geklaubt und nach Gérard-Michel geworfen hat. Zack! Die lila Veilchen flogen im hohen Bogen und landeten einen Millimeter neben Gérard-Michels Fuß.
    Der hat echt den Mund nicht wieder zugekriegt. Irgendwann hat er gebrüllt: »Willst du mich etwa mit den Scheiß-Blumen deiner Frau umbringen?«
    Und Helmuth hat geschrien: »Exfrau, mein Lieber! Exfrau! Dieses Schicksal wird dir auch noch blühen!«
    Die Veilchen hatte ihm seine Frau wohl bei ihrem Auszug dagelassen. Cotsch hat eins der Veilchen vom Treppenabsatz aufgehoben, sich ins Haar gesteckt und cool gemeint: »Ihr klärt das wohl

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