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Leute, ich fuehle mich leicht

Titel: Leute, ich fuehle mich leicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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besser unter euch, Männer.«
    Dann hat sie den Arm um mich gelegt und so sind wir durch die warme Sommernacht nach Hause geschwebt. So wie wir in der Kindheit immer Arm in Arm durch die Siedlung gelaufen waren. Cotsch und ich, in unseren kleinen Kleidchen mit der aufgestickten Borte und mit geflochtenen Zöpfen.
    Bei der Gelegenheit meinte ich zu Cotsch: »Lass das mal mit den falschen Brüsten. Ich finde dich so viel schöner.«
    Und Cotsch hat gemeint: »Ich werde drüber nachdenken.«
    Und ich: »Das ist eher was für Susanna, um von ihren Segelohren abzulenken.«
    Ich sage euch, Leute: In diesem Leben kann mir nichts mehr passieren.
     
    Bevor ich gegen drei Uhr zur Mathenachhilfestunde aufbreche, mache ich in meinem Zimmer noch ein paar gymnastische Übungen. Dazu lege ich mich auf den Boden und hebe mein Bein hoch, dann senke ich es wieder runter. Die richtige Atmung ist von absoluter Bedeutung, ich muss mich total konzentrieren. Um ganz locker zu bleiben, habe ich die Kommode vor meine Zimmertür geschoben, damit keiner von den Vollidioten reinkommt. Man weiß ja nie. Ständig wollen sie was. Es bringt echt gar nichts, zu sagen: »Ich ziehe mich in mein Zimmer zurück und will nicht gestört werden.« Garantiert geht drei Minuten später die Tür auf, und Mama glotzt rein, um zu sehen, was ich mache. Bei der Gymnastik braucht mich echt keiner zu beobachten. Ich glaube, Mama sucht Anschluss. Die hält es nicht aus, ein paar Minuten für sich zu sein. Die ist voll manisch. Ständig muss sie gucken, was meine Schwester und ich in unseren Zimmern veranstalten. Cotsch meint: »Mama hat Schiss, dass wir uns umbringen.« Ich nicke, und Cotsch meint dann: »Bald hat sie mich so weit.«
    Durch die Tür höre ich meine Schwester schon wieder schreien und die Türen knallen. Ich wünschte echt, Mama würde für sich irgendwie ein Hobby entdecken, das sie ablenkt. Aber Cotsch meint: »Vergiss es, Lelle. Wir sind Mamas Hobby.« Wahrscheinlich hat sie recht. Mama hat einfach totale Panik, dass sie uns ein Trauma beibringt, wenn sie sich nicht permanent um uns kümmert. Oder dass eine von unseren familiären Problematiken nach außen dringen könnte. Die Sorge kann sie sich sparen. Die Leute wissen doch eh schon bestens über uns Bescheid. Meiner Schwester und mir ist das allerdings so was von scheißegal. Das sind alles Spießer, die ihr Leben nicht zu nutzen wissen. Cotsch sagt: »Ich will einfach nur bumsen.« Das ist ihr Lieblingswort. Und ihre Lieblingsbeschäftigung. Damit sie auch immer zum ersehnten Ziel kommt, hat sie eine ganz spezielle Taktik entwickelt. Sie meint: »Man muss die Männer zappeln lassen.« Und wenn sie genug gezappelt haben, gibt sich meine Schwester ihnen hin, um sie anschließend wegzuwerfen. Wie einen Müllbeutel oder so. Da leiden die Männer drunter. Sie wollen mehr. Aber Cotsch sagt: »Das können die knicken.«
    Jetzt schreit sie im Flur rum: »Ich hasse dich.« Wahrscheinlich versucht Mama, ihr gerade wieder einzureden, erst nach der Hochzeit Sex zu haben. Ich vermute, inzwischen ist die gestrige Eskalation zwischen Helmuth und Gérard-Michel bis zu ihr vorgedrungen. Ich finde, Mama sollte uns einfach mal machen lassen. Das ist doch nicht ihr Problem, wenn die beiden Penner sich nicht unter Kontrolle haben und mit jungen Hüpfern rumbumsen müssen. Ich hatte übrigens noch nie »Intimkontakt« mit einem älteren Herrn - geschweige denn mit einem jüngeren. Dabei würde ich gerne. Mit Johannes. Mit Arthur habe ich nur auf seinem Hochbett übernachtet und rumgeknutscht. Die Unterhose hat Arthur immer anbehalten. Leider. Er meinte, wir sollten uns mit dem Sex schön viel Zeit lassen.
    Ich mache noch ein paar Dehnübungen, stehe vom Boden auf und gehe raus in den Flur. Da hockt Mama schon wieder auf der Treppe und wischt so ein bisschen hektisch an ihren Augen rum. Ich lege den Arm um sie und sage: »Was ist los?«
    »Dorle hat gerade angerufen und will mich unter vier Augen sprechen.«
    »Wegen gestern oder was?«
    »Ja.«
    »Sag ihr, sie soll scheißen gehen. Du hast damit doch gar nichts zu tun.«
    »Na ja, sie meint, ich hätte bei eurer Erziehung versagt.«
    »Die hat sie doch nicht alle beisammen. Lass dich nicht einschüchtern, Mama. Oder wäre es dir lieber, wir wären so debil wie diese blöde Corinna?«
    »Nein.«
    »Na also.«
    Mama lächelt und ich klopfe ihr noch mal so ein wenig auf die Schulter. Das tut ihr gut. Dann sage ich: »Ich fahre jetzt los.«
    Sie nickt und ich schiebe

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