Level 4 Kids 02 - Apollo 11 im Fussballfieber
gar nicht lange her, dass Kio hierher gezogen war. In jener ersten Nacht hatte er beobachtet, wie Kio an einem Seil aus dem Fenster geklettert war, weil er zusammen mit seinem Vater den »Notausstieg« prüfte, wie Kio erzählt hatte. Heute aber war es ruhig. Kein Kio, der aus dem Fenster kletterte, kein Hund, der gegen den Laternenpfahl pinkelte, niemand. Herr Dickmann wandte sich vom Fenster ab und startete seinen Computer. Er wollte mal nachschauen, wie die aktuellen Wetten standen. Was er da sah, verschlug ihm die Sprache!
Wetten!
H err Dickmann war schon einmal mit seinen Eltern bei einem Trabrennen gewesen. Sein Vater hatte ihm und Minni jeweils zehn Euro gespendet, die sie hatten verwetten dürfen. Das hatte Herrn Dickmann gut gefallen. Minni hatte auf die schönsten Pferde gesetzt, er auf die lustigsten Namen. Sein Vater hatte die Wettzeitungen gewälzt, sich bei Experten umgehört und ungeheuer fachmännisch getippt. Herrn Dickmanns Mutter hatte den Kopf geschüttelt und gesagt, sie passe nur auf, dass die anderen drei der Familie nicht »Haus und Hof« verspielten.
Das hatte Herr Dickmann damals nicht verstanden. Sie besaßen weder ein Haus noch einen Hof. Am Ende jedenfalls hatte Minni plus/ minus null dagestanden, Herr Dickmann dreiEuro gewonnen und ihr Vater 45 Euro verspielt! Mehr als 50 hätte er auch nicht gedurft, hatte seine Mutter damals gesagt.
Wenn jetzt jemand Herrn Dickmann gefragt hätte, ob er auf Sieg seiner Mannschaft wettete, hätte er mit Sicherheit eingeschlagen und satte zwei Euro gesetzt, vielleicht sogar drei.
Vor ihm auf dem Monitor konnte Herr Dickmann die Einsätze auf oder gegen seine Mannschaft nachlesen. 230 Schüler hatten auf das morgige Spiel gesetzt. Drei davon fielen Herrn Dickmann sofort ins Auge: ein Schüler mit dem Internetnamen
Toronto
hatte 17 Euro gesetzt, ein anderer mit dem Namen
Wahnsinn
27 und der letzte mit dem klangvollen Namen
Alles oder Nichts
hatte gar 48 Euro eingezahlt. Achtundvierzig! Auf Sieg von Herrn Dickmanns Mannschaft! Und da außer diesen dreien alle anderen auf die gegnerische Mannschaft gesetzt hatten, würden
Alles oder Nichts
, wenn er richtiglag, 480 Euro ausgezahlt.
Herr Dickmann hielt den Atem an. Niemals hatte er so viel Geld auf einem Haufen gesehen.
Nicht einmal als sein Vater sich den neuen Computer gekauft hatte. Den hatte er nämlich mit Kreditkarte gezahlt. Trotzdem: 48 Euro einzusetzen war ein sehr hohes Risiko. Einen so hohen Betrag auf eine Mannschaft zu setzen, der 98,7 Prozent der Wettteilnehmer keinen Sieg zutrauten, konnte sich nur jemand leisten, der entweder sehr viel Geld besaß oder sich seiner Sache sehr sicher war. Er kannte niemanden mit viel Geld. Er kannte aber auch niemanden, der an den Sieg seiner Mannschaft glaubte.
Vermutlich gehörten die drei zu einer anderen Schule, die noch nichts von ihm, Herrn Dickmann, dem fettesten Torhüter der Fußballgeschichte, gehört hatten.
Mit diesen Gedanken legte sich Herr Dickmann ins Bett. Er musste schließlich am nächsten Tag fit sein.
In der Nacht träumte er von einem Stadion mit 50 000 Zuschauern, das plötzlich mitten auf dem Schulhof stand. Das Spiel wurde im Elfmeterschießen entschieden, bei dem natürlich Herr Dickmann den entscheidenden Elfer miteiner zuvor nie gesehenen Glanzparade hielt, von seiner Mannschaft auf Händen getragen und von den Zigtausend Fans bejubelt wurde. Die Bundesligavereine überschütteten ihn mit Vertragsangeboten, die er alle lässig ablehnte, da er lieber ein berühmter Privatdetektiv statt ein Fußballtorhüter werden wollte.
Noch während so mancher Vereinsmanager über Herrn Dickmanns Berufswunsch lachte, wurde der Pokal aus dem Stadion gestohlen. Herr Dickmann übernahm seinen ersten, extrem gut bezahlten Auftrag als Detektiv. Gerade als er zunächst den Hausmeister des Stadions befragen wollte, riss der Wecker ihn aus dem Traum.
Ein schwerer Tag stand ihm bevor, ob als Detektiv oder als Torhüter, würde sich noch herausstellen.
Böses Foul
D er Mittelstürmer der gegnerischen Mannschaft ging doch niemals in die fünfte Klasse! Herr Dickmann konnte seinen Blick nicht mehr von ihm abwenden. Ungläubig starrte er auf dessen Oberschenkel, gegen die seine eigenen fast wie Streichhölzer wirkten. Und seine eigenen waren schon von einem beachtlichen Kaliber. Leider alles nur Fett, während die Oberschenkel des Mittelstürmers aus purem Muskelfleisch modelliert zu sein schienen. Der Typ war so groß wie ein Oberstufenschüler
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