Level X
wurde ich m i r des heftigen Hundegebells bewusst. Der Laut drang erst wie aus weiter Fer n e zu m i r, bis ich be m erkte, dass ich dicht an eines der Fenster gelehnt stand und der Hund, nur ein paar Zenti m eter entfernt, wie wild von der anderen Seite an der Scheibe kratzte. Instinktiv drehte ich m i ch um und rannte in Richtung Straße davon. Ich k a m allerdings nur bis zur nächsten Ecke, bevor ich d e m Mann in die Ar m e lief, den ich im Haus gesehen hatte. Er hielt ein Gewehr in der Hand und e r weckte den Eindruck, dass ihm nichts auf der Welt m ehr Spaß bereiten wür d e, als m i ch abzuknallen. Ich hob die Hände in die Luft und versuchte ihm zu erklären, dass ich keine bösen Absichten hegte. Er befahl m i r bloß, verdam m t noch m al das Maul zu halten, und dirigierte m i ch m it vorgehaltener W a ffe durch die E i ngangstür m eines eigenen Hauses.
Im Treppenhaus stand seine Frau, kreidebleich und zu Tode erschrocken, und scheuchte die Kinder nach oben, in Sicherheit. Der Mann befahl ihr, die Polizei zu rufen. Ihre Hände zitterten, als sie die 911 wählte.
Als wir durch die Tür ins W ohnzimmer traten, fiel m i r auf, dass der große Fernseher v i el zu laut gestellt war. Ein Nachrichtensprecher verkündete gerade den Tod irgendeiner bekannten Persön l ic h keit, deren Na m e m i r nichts sagte. Dann zeigten sie ein paar Archi v -Aufnah m en aus den frühen Sechzigern. Das Ganze nahm ich aufgrund m einer Situation eigentlich nur am Rande wahr, aber m i t einem Schlag drängte es sich in den Vordergrund und fesselte m eine ganze A uf m erksa m keit. Sie zei g ten ei n en Film über den ersten Präsidenten Kennedy: Jack Kennedy. Es war eine Szene in Dallas, die offensichtlich irgendwie m it d e m M ann in Verbindung stand, der heute getöt e t worden war. Ich schaute m it wachsender Fassungslosigkeit zu, doch gleichzeitig glommen die ersten Funken der Erkenntnis in m i r.
Ich sah, wie Präsi d ent J ack Kennedy in einem offenen Wagen neben seiner Frau an einem sonnigen Nov e m be r morgen des Jahres 1963 er m ordet wurde. Das Ganze wurde als hi s t ori s ch verbür g t e Tatsache pr äsentiert, als eine Fußnote der Geschichte.
Aber wie ich und die ganze W e l t wussten, war Jack Kennedy an diesem Tag nicht getötet worden. Ja, je m and hatte auf ihn geschossen, ihn aber ver f ehlt. D e r Atte n t ät e r wurde nie gefasst. J ack K e nnedy diente seine volle A m tszeit und lebte noch heute. E b enso wie sein Brud e r Bobby, der ihm für eine A m tsperiode als Präsident nach f olgte.
Und plötzlich ging m i r ein L i cht auf. Plötzlich wusste ich, was geschehen war.
Ich verstand es nicht. Aber ich wusste es.
Die Fahrt zur Polizeistation, all die Fragen und Aussagen waren für mich nicht m ehr als Hintergrundg e räusche. Die ganze W elt kam m i r vor wie ein lau f endes Fernsehgerät in der Ecke eines Zim m e r s, und dieses Zim m er war m ein Kopf. Die Cops hatten sicher den Eindruck, ich sei völlig apathisch, dabei jagten die Gedanken in m einem Kopf einander m i t einer derartigen Geschwindigkeit, dass ich Mühe hatte, nicht aufzuschreien vor körperlichem Sch m erz.
Ich weiß nicht, ob sie irgendeinen konkreten Verdacht hatten und die Klinik anrie f en oder ob die Klinik zu diesem Zeitpunkt bereits Meldung ge m acht hatte, dass sie einen Patienten ver m issten. Ich war auf jeden Fall nicht erstaunt, als irgendwann zwei m uskulö s e Pfleger auftauchten. Inzwischen hatte ich m i ch allerdings da m it abgefunden, zurückzugehen. Ja, ich hatte m i ch m it Dingen abgefunden, die ich nicht ein m al in m einen wildesten Träu m en für m öglich gehalten hätte. Meine einzige Sorge bestand d arin, wie ich di e W ahrheit ver m itteln s ollte, ohne als Irrer d azustehen. In Gedanken ging ich immer wieder die verschiedenen Möglichkeiten durch, w i e ich es anfangen könnte, überlegte, wessen Vertrauen ich gewinnen musste und wessen Hilfe ich unbedingt benötigte. Jetzt, im Rü c kblick, erstaunt es m i ch, dass ich da m als so ruhig war. D och diese R uhe war nur eine Folge des tiefen Schocks, unter dem ich stand. Die Erkenntnis dessen, was m it m i r geschehen war, hatte m i ch vollkom m en geläh m t, einem Kaninchen gleich, das von den Scheinwerfern eines Autos erfasst wird.
Eine vertraute S tim m e riss m i ch aus m einer Selbstversunkenheit. Ich dre h te m i ch um und s ah Harold vor dem Schalter stehen und m it zwei Cops diskutieren. Er sah aus, als wäre er direkt vom Flughafen
Weitere Kostenlose Bücher