Level X
aßen war m eine Neugierde geweckt.
»Einverstanden«, sagte ich schließlich.
Auf Emmas Anweisung hin zog die Krankenschwester die Vorhänge teilweise zu – gerade so weit, dass das einfallen d e Licht nicht das der flackern d en Kerze überstrahlte –, entzündete dar a uf die Kerze und stellte sie auf einen kleinen Tisch neben m einem Bett. Man hatte die Gurte, die m i ch ans Bett fesselten, gelockert und m i r frische Kissen in den Rücken gelegt. Die Krankensc h wester s e tzte sich sc h li e ßlich s till in eine Eck e , und bald hatte ich vergessen, dass sie überhaupt da war.
»Machen Sie es sich beque m , entspannen Sie sic h , lehnen Sie sich zur ü ck, beobachten Sie die Flamme … versuchen Sie nicht, etwas in ihr zu sehen, s uchen Sie nicht nach S chatten, denn das hieße, Ihr Verstand arbeitet, und ich m ö chte, dass S i e ganz abschalten … sehen Sie ein f ach nur in die Flam m e, m itten hinein, ve rs uchen Sie, den Punkt zu finden, an dem die Flamme beginnt, den kleinen Lichtkranz am Docht, wo die Fl a m m e zu leuchten beginnt …« Und so fuhr sie fort, rei h te W ort an W ort, sprach leise und sanft z u m i r und s chien da m it die ganze A t m osphäre zu dä m p fen, während ich das Zentrum der Flam m e suchte, es schließlich fand und hineinstarrte. »Sie können es sehen, nicht wahr, Rick? Jetzt können Sie es sehen, das Herz der Flamme … und den stillen, ruhigen Punkt m itten in diesem Herz … Sehen Sie weiter hinein, Rick … tiefer, tiefer … in das Ze nt rum des Zentru m s … tiefer, tiefer und im m er tiefer …« Und so weiter und so fort. Ich u m schreibe das G a nze ein wenig, da ich m i ch wirklich ni c ht m ehr an alle Det a ils erinn e rn ka n n. Es war keine unangeneh m e Erfahrung, im Gegenteil, sie war sogar recht angenehm und überraschend entspannend nach alle m , was i ch durchge m acht hatte. Aber ich glaube nicht, dass es außer dieser Entsp a nnung auch noch etwas anderes bewirkte. Ich fühlte m i ch ganz sicher nicht schläfrig, doch dann hörte ich, wie E mma sagte, ich solle die Augen schließen, und instinktiv gehorchte ich. Dann sagte sie, dass ich von nun an nur noch ihre Stim m e hören würde. Ich würde m eine Aug e n nicht m ehr öffnen wollen, ich würde keinen anderen L aut, kein Geräusch hören. Und in dieser Stille, in diesem Schweigen würde ich m it ihr reden.
Und danach war nichts m ehr.
Bis ich hörte: »Eins, zwei, drei.«
Ich öffnete die Augen. Ich fühlte m i ch ausgezeichn e t:
erfrischt, opti m istisch – ich war ein neuer Mensch.
» W ie fühlen Sie sich, Richard ? «, fragte sie.
»Großartig. Wow! Ich weiß n i cht, was Sie getan haben, aber es hat sich gelohnt.«
»Sagen Sie m i r, Richard, wer ist Rick?«
Einen Augenblick lang war m ein Kopf völlig leer. I ch wusste nicht, wovon sie sprach. Dann erinnerte ich m i ch plötzlich an die ganze ungl a ubliche Geschichte – und hätte vor Scham i m Boden v e rsinken m ögen. Ich glaube sogar, dass ich tat s ächlich e r r ö tete. Aber m i r war klar, dass ich ihr antworten m usste, und m i r war klar, dass ich die Wahrheit sagen m usste. »Rick war, schätze ich, ein reines Produkt m e iner Fantasie. Eine Art alternative Version m einer selb s t .«
»Sie haben ihn erfunden ? «
»Nun … ja, ich glaube schon.« Ich musste erneut leicht verlegen lächeln und kam m i r ausgesprochen dä m lich vor.
»Und Charlie. W er ist C harlie ? «
»Oh, kommen Sie schon!«, a n twortete ich. Ich e m pfand die Absurdit ä t des Ganzen langsam als wirkli c h de m ütigend.
»Verschonen Sie m i ch da m it! Ich m eine, Sie wissen doch, dass ich halluziniert habe. Aber das ist jetzt vorbei. Können wir die ganze Sache n i cht einfach v e rgessen und noch ein m al von vorne anfangen ? «
Natürlich d u r f te ich nic h t sogleich nach Hause gehen. Das wäre zu viel erwartet g ewesen. Körperlich war ich zum Beispiel vollkom m en erschöp f t und benötigte dringend Ruhe. Die Spritzen und Pillen, die m an m i r nun gab, waren fast ausschlie ß lich Vita m i npräparate. Aber der eigentliche Grund für m eine rasche Genesung war eher psychologisch. Endlich war ich von d e m schrecklichen Wahn geheilt, zwei Personen in einer zu sein.
Meinen vorhergehenden Zustand als schizophren zu bezeich n en, wäre nicht richtig gewe s en. Es ist ein viel zu vager Begriff, der eher von Laien benutzt wird. Schizophrenie bezeichnet eine ganz andere, allge m einere und weniger spezifische Art der
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