Leviathan - Die geheime Mission

Titel: Leviathan - Die geheime Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Keith; Westerfeld Andreas; Thompson Helweg

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dunklen Verdauungskanälen, wo der Schiet in Ballast und Wasserstoff umgewandelt wurde. Da war es auch leicht, ihren Körper zu verbergen … Aber im Kopf musste sie sich anpassen.
    Deryn hatte sich immer für einen Wildfang gehalten, denn sie hatte mit Jaspert gebalgt und war mit Dad Ballon gefahren. Aber im Umgang mit den anderen Kadetten ging es nicht nur um ein paar Knüffe – die benahmen sich eher wie ein Rudel Hunde. Sie schubsten sich und rauften um die besten Plätze am Kadettentisch in der Messe. Sie verhöhnten sich gegenseitig beim Entziffern der Signalflaggen oder bei den Navigationsaufgaben und spotteten darüber, wen die Offiziere gerade gelobt oder ausgeschimpft hatten. Ständig stritten sie darum, wer weiter spucken und schneller Rum trinken und lauter rülpsen konnte.
    Ein Junge zu sein, war entsetzlich anstrengend.
    Auch wenn es gar nicht so schlecht war. Ihre Fliegeruniform gefiel ihr besser als alle Mädchenklamotten. Die Stiefel donnerten ganz wunderbar über den Boden, wenn sie zum Signalunterricht oder zu den Gefechtsübungen lief, und ihre Jacke hatte ein Dutzend Taschen, unter anderem für ihre Pfeife und ihr Segelmesser. Und Deryn störte sich auch nicht daran, nützliche Fähigkeiten zu
üben wie Messerwerfen, Fluchen oder keinen Schmerz zu zeigen, wenn man geboxt wurde.
    Aber wie hielten Jungen das ihr ganzes brüllendes Leben lang aus?

    Deryn ließ die Futtertasche von ihren schmerzenden Schultern rutschen. Diesmal hatte sie das Rückgrat des Schiffs vor den anderen erreicht und konnte sich einen Moment Pause gönnen.
    »Trödeln Sie wieder, Mr Sharp?«, rief jemand.
    Deryn drehte sich um und sah den Kadetten Newkirk, der gerade über die Seitenwölbung der Leviathan kletterte. Die Gummisohlen seiner Schuhe quietschten. Hier oben gab es keine flatternden Wimpern, sondern nur die harten Dorsalschuppen, an denen Winden und Kanonen angebracht waren.
    »Ich warte nur, bis Sie mich eingeholt haben, Mr Newkirk«, rief sie zurück.
    Es war immer noch ein komisches Gefühl, die anderen Jungen Mister zu nennen und zu siezen. Newkirk hatte Pickel im Gesicht und konnte sich kaum das Halstuch richtig binden. Aber die Kadetten sollten sich benehmen wie richtige Offiziere.
    Als sie das Rückgrat erreichten, ließ Newkirk seinen Futterbeutel fallen und grinste. »Mr Rigby ist noch Meilen hinter uns.«
    »Aye«, sagte Deryn. »Diesmal kann er uns nicht vorwerfen, dass wir getrödelt hätten.«

    Sie standen einen Moment da, schnauften und genossen die Aussicht.
    Auf der Oberseite des Flugtiers herrschte lebhaftes Treiben. An den Webeleinen brannten elektrische Lampen und Glühwürmchen, und Deryn spürte, wie die Membran von fernen Fußtritten vibrierte. Sie schloss die Augen und versuchte, das Luftschiff in seiner Gesamtheit zu fühlen, die hundert Spezies, die miteinander verbunden einen riesigen Organismus ergaben.
    »Brüllend brillant hier oben«, murmelte Newkirk.
    Deryn nickte. In den letzten zwei Wochen hatte sie sich freiwillig zum Dienst an der frischen Luft gemeldet, wann immer das möglich war. Auf der Dorsalseite zu stehen war echtes Fliegen: Man hatte den Wind im Gesicht und in alle Richtungen sah man Himmel. Und es bedeutete ihr so viel wie die Stunden in den Ballons von Dad.
    Ein Trupp Takler eilte vorbei, mit zwei Wasserstoffschnüfflern an Leinen, die nach Löchern in den Membranen
suchten. Einer schnüffelte im Vorbeilaufen an Newkirks Hand und der stieß ein lautes Kreischen aus.

    Die Takler lachten und Deryn ebenfalls.
    »Soll ich einen Sanitäter rufen, Mr Newkirk?«, fragte sie.
    »Geht schon«, fauchte er und starrte misstrauisch auf seine Hand. Newkirks Mutter gehörte zu den Affen-Ludditen und er hatte offensichtlich eine gewisse Nervosität gegenüber Tierschöpfungen geerbt. Warum er sich da freiwillig zum Dienst auf einem verrückten Bestiarium wie der Leviathan gemeldet hatte, blieb Deryn ein Geheimnis. »Ich kann einfach keine sechsbeinigen Tiere leiden.«
    »Vor denen braucht man sich nicht zu fürchten, Mr Newkirk.«
    »Ach, Klappe, Mr Sharp«, murmelte er und hob seinen Futtersack auf. »Kommen Sie. Rigby ist gleich da.«
    Deryn stöhnte. Ihre brennenden Muskeln hätten gut noch eine Minute Pause vertragen können. Aber dann lachte sie Newkirk an und der endlose Wettbewerb ging weiter. Sie schlang den Futterbeutel um und folgte ihm in Richtung Bug.
    Brüllend harte Arbeit, ein Junge zu sein.

12. KAPITEL
    Als sich Deryn und Newkirk dem Bug näherten, wurden die