Leviathan - Die geheime Mission
klebenden Füßen an der schiefen Decke hin- und hergehuscht und hatte willkürlich Fetzen des Gesprächs wiederholt.
Nicht, dass Alek viel gesagt hatte. Die Antworten auf ihre Fragen – woher er kam, warum er hier war – hätten die Offiziere doch nicht verstanden. Und es ergab keinen Sinn, den Darwinisten seinen richtigen Namen zu verraten; die würden niemals glauben, dass er der Sohn des Erzherzogs war. Und als er ihnen zu sagen versuchte, wie gefährlich es sei, ihn hier festzuhalten, hatten seine Warnungen wie leere, aufgeblasene Drohungen geklungen.
Er hatte sich wie ein Dummkopf benommen – und dieses riesige Wesen und seine Menschen waren so fremdartig. Es war verrückt, die Kluft zwischen ihrer Welt und seiner überbrücken zu wollen.
Eingesperrt in der kalten, düsteren Kabine fragte sich Alek, ob seine noblen Absichten nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen waren. Als ob jemand Essen für hundert Männer über den Gletscher befördern könnte, und das jede Nacht und heimlich dazu. Vielleicht war er in Wahrheit nur aus einer makabren Neugier hergekommen, so wie ein Kind, das sich von einem toten Vogel angezogen fühlt?
Draußen vor dem kleinen Bullauge der Kabine wurde der schwarze Horizont langsam grau. Die Zeit lief ihm davon.
Otto Klopp würde bald aufstehen, um die zweite Wache zu übernehmen. Nach einer kurzen Durchsuchung würde er Alek in der Burg vermissen, und es würde nicht viel Fantasie erfordern, um sich vorzustellen, wohin er gegangen war. Innerhalb weniger Stunden würde Graf
Volger das notgelandete Luftschiff aufgestöbert, einen Plan entwickelt und die Schlussfolgerung gezogen haben, dass der Erbe des österreichisch-ungarischen Throns ein kompletter Idiot war.
Alek schob das Kinn vor. Zumindest einer Sache wegen hatte es sich gelohnt. Der junge Flieger, dieser Dylan, wäre bestimmt erfroren, wenn er die ganze Nacht im Schnee gelegen hätte. Aber Alek hatte ihn vor dem Frost gerettet. Vielleicht blieb man auf diese Weise in Kriegszeiten bei Verstand: indem man einige edle Taten inmitten des Chaos beging.
Natürlich hatte Dylan ihn fünf Minuten später verraten.
Was hatte das noch mit Verstand zu tun?
Im Korridor klimperte ein Schlüsselbund und Alek wandte sich von dem Bullauge ab. Die schiefe Tür schwang auf und herein marschierte …
»Du«, knurrte Alek.
Dylan lächelte ihn an. »Aye, ich bin es. Hoffentlich geht es dir gut.«
»Nein, kann ich nicht sagen, und zwar nur wegen dir undankbarem Schwein.«
»Aber, aber, wer wird denn gleich ausfallend werden? Besonders, wo ich dir Gesellschaft mitgebracht habe.« Dylan verneigte sich und zeigte mit dem Arm zur Tür. »Darf ich vorstellen: Dr. Nora Barlow.«
Eine weitere Person betrat den Raum und Alek riss die Augen auf. Statt einer Fliegeruniform trug sie ein buntes
Kleid und einen kleinen schwarzen Hut, und an der Leine führte sie ein bizarres Tier, das einem Hund ähnelte. Was machte denn eine Frau auf diesem Schiff?
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie. »Alek, nicht wahr?«
»Zu Ihren Diensten.« Als er sich verneigte, stupste das seltsame Tier Alek mit der Schnauze an die Hand und er bemühte sich, nicht zurückzuzucken. »Sind Sie der Schiffsarzt? Ich bin eigentlich nicht verletzt.«
Der Frau lachte. »Das kann ich mir denken. Aber ich bin kein Doktor der Medizin .«
Alek runzelte die Stirn und begriff, dass es sich bei ihrem schwarzen Hut um eine Melone handelte. Demzufolge gehörte sie zu den darwinistischen Schöpfern und übte diese gottlose Wissenschaft aus!
Er betrachtete voller Schrecken das Wesen, das an seinem Hosenbein schnüffelte. »Was ist das? Warum haben Sie dieses Tier hergebracht?«
»Oh, vor Tazza brauchen Sie sich nicht zu fürchten«, sagte die Frau. »Er ist absolut harmlos.«
»Ich sage kein Wort«, erwiderte Alek und versuchte, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. »Mir ist es gleichgültig, was mir dieses gottlose Tier antut.«
»Wie, Tazza? « Dylan lachte. »Vermutlich könnte er dich zu Tode lecken. Und er ist übrigens absolut natürlich. Er ist ein Beutelwolf.«
Alek starrte den Jungen an. »Dann nimm ihn doch bitte weg.«
»Ein Gespräch in Schieflage.«
Die Darwinistenfrau ließ sich auf einem Stuhl am oberen Ende der schrägen Kabine nieder und blickte ihn gebieterisch an. »Tut mir leid, wenn Tazza Sie nervös macht, aber er kann sonst nirgendwohin. Ihre deutschen Freunde haben unser Schiff ziemlich ruiniert.«
»Ich bin kein
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