Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
hinaus. Die Eigendrehung der Station zog das Schiff vor ihnen weg, doch Amos brachte ihren Flug sofort wieder unter Kontrolle und steuerte die Notluke der Thoth-Station an.
Als Amos an der Rosinante vorbeiflog, betrachtete Holden die Außenseite des Schiffs und überlegte, was alles repariert werden musste. Allein im Bug und im Heck klafften ein Dutzend Löcher, die den Schusskanälen im Innern des Schiffs entsprachen. Die Kugeln der Gausskanonen, die der Abfangjäger ausgespien hatte, waren auf dem Weg durch die Rosinante vermutlich nicht einmal sehr viel langsamer geworden. Die Crew konnte von Glück reden, dass kein Geschoss den Reaktor getroffen und durchschlagen hatte.
Die falschen Aufbauten, die dem Schiff das Aussehen eines Gastankers gaben, waren stark verbeult. Dem entsprach eine ebenso hässliche Narbe in der gepanzerten Außenhülle. Der Schaden erstreckte sich jedoch nicht auf die innere Hülle, denn sonst wäre das Schiff in zwei Teile zerbrochen.
Da die Luftschleuse zerstört und sämtliche Sauerstofftanks einschließlich des Recyclingsystems luftleer waren, würde sich die Reparaturrechnung auf mehrere Millionen Dollar belaufen. Dem Schiff stand ein wochenlanger Aufenthalt im Dock bevor, sofern sie überhaupt eines erreichen konnten.
Vielleicht konnte die Molinari sie abschleppen.
Amos blinkte dreimal mit der gelben Warnlampe seiner EVA-Ausrüstung, worauf sich die äußere Schleusentür der Station öffnete. Er flog hinein, drinnen warteten vier Gürtler in Kampfmontur auf sie.
Sobald die Atemluft in die Schleuse eingeströmt war, nahm Holden den Helm ab und betastete die Nase. Sie fühlte sich an, als sei sie doppelt so dick wie sonst, und pochte bei jedem Herzschlag.
Naomi streckte die Hände aus und berührte überraschend sanft sein Gesicht. Die Daumen lagen links und rechts neben seiner Nase. Sie drehte seinen Kopf hin und her, untersuchte die Verletzung und ließ wieder los.
»Ohne Operation wird sie krumm bleiben«, erklärte sie. »Aber Sie sahen vorher sowieso zu gut aus. Die krumme Nase gibt Ihrem Gesicht etwas mehr Charakter.«
Holden musste grinsen, doch ehe er antworten konnte, ergriff einer der AAP-Kämpfer das Wort.
»Wir haben die Schlacht gesehen, hermano. Ihr habt sie ordentlich verdroschen.«
»Danke«, entgegnete Alex. »Wie läuft es da drin?«
Der Soldat mit den meisten Sternen auf dem AAP-Abzeichen sagte: »Weniger Widerstand als erwartet, aber die Sicherheitskräfte von Protogen kämpfen um jeden Meter. Sogar ein paar Eierköpfe sind auf uns losgegangen. Wir mussten sie erschießen.«
Er deutete auf die innere Schleusentür.
»Fred ist zur Operationszentrale unterwegs. Er will euch pronto da drinnen sehen.«
»Führen Sie uns hin«, sagte Holden, was dank der angeschlagenen Nase mehr oder weniger erstickt klang.
»Was macht das Bein, Käpt’n?«, fragte Amos, als sie durch den Korridor der Station liefen. Holden hatte den Schuss durch die Wade und das anschließende Humpeln schon fast wieder vergessen.
»Es tut nicht weh, aber der Muskel ist nicht mehr so geschmeidig wie vorher«, antwortete er. »Und bei Ihnen?«
Amos grinste und betrachtete das Bein, das er sich vor einigen Monaten auf der Donnager gebrochen hatte. Bei ihm war das Humpeln noch nicht abgeklungen.
»Nichts Schlimmes«, erklärte er. »Was einen nicht umbringt, das zählt nicht.«
Holden wollte etwas erwidern, verkniff sich aber die Bemerkung, als die Gruppe um eine Ecke bog und vor einem Schlachtfeld stand. Offensichtlich war hier ein Angriffsteam durchgekommen, denn überall auf dem Flur lagen Tote, und die Wände waren voller Einschusslöcher und Brandmarken. Zu seiner Erleichterung zählte Holden erheblich mehr Tote in der Uniform von Protogen als in der Kluft der AAP. Immerhin lagen noch so viele tote Gürtler im Gang, dass es ihm den Magen umdrehte. Als er an einem Toten vorbeikam, der einen Laborkittel trug, hätte er beinahe angehalten und ausgespuckt. Die Wachleute hatten eine falsche Entscheidung getroffen und in der falschen Firma angeheuert, aber die Wissenschaftler auf dieser Station hatten anderthalb Millionen Menschen getötet, einfach nur um zu sehen, was passieren würde. Wenn es nach Holden ging, konnten sie gar nicht tot genug sein.
Jemand zupfte ihn am Arm, und er blieb stehen. Direkt neben dem toten Wissenschaftler lag etwas, das nach einem Küchenmesser aussah.
»Was denn«, sagte Holden. »Er ist doch nicht damit auf euch losgegangen, oder?«
»Ist das nicht
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