Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
Virus auf Eros überlassen haben. Als wir die Anubis verloren, geriet unser Zeitplan um Monate ins Hintertreffen. Es war ein Geschenk Gottes, den infizierten Körper auf der Station zu finden.«
Ich wusste es. Verdammt, ich habe es gewusst. Laut sagte er: »Warum?«
»Sie wissen doch, was das Virus ist«, antwortete Dresden. Zum ersten Mal schien er um Worte verlegen. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Dies ist das Wichtigste, was der Menschheit je passiert ist. Es ist zugleich auch der Beweis, dass wir im Universum nicht allein sind, und unsere Erlösung aus den Beschränkungen, die uns an diese kleinen Blasen aus Fels und Luft ketten.«
»Sie beantworten meine Frage nicht.« Holden gefiel es nicht, wie dank der gebrochenen Nase seine Stimme etwas komisch und keineswegs so drohend klang, wie er es gern gehabt hätte. »Ich will wissen, warum Sie anderthalb Millionen Menschen umgebracht haben.«
Fred räusperte sich, ohne Holden zu unterbrechen. Dresden blickte zwischen Holden und dem Colonel hin und her.
»Ich antworte Ihnen doch, Kapitän. Anderthalb Millionen Menschen, das ist Kleinkram. Wir arbeiten hier in ganz anderen Dimensionen.« Dresden ging zu einem Stuhl, setzte sich und zog ordentlich das Hosenbein hoch, um den Stoff nicht zu sehr zu spannen, bevor er ein Bein über das andere schlug. »Wissen Sie, wer Dschingis Khan war?«
»Was?«, sagten Holden und Fred fast gleichzeitig. Miller starrte Dresden ausdruckslos an und tippte mit dem Lauf der Pistole gegen die Panzerung seines Oberschenkels.
»Dschingis Khan. Einige Historiker behaupten, Dschingis Khan habe im Laufe seiner Eroberungen ein Viertel der Erdbevölkerung getötet oder vertrieben«, erzählte Dresden. »Er tat es, um ein Reich aufzubauen, das schon bald nach seinem Tod wieder zerfiel. Nach heutigem Maßstab würde das bedeuten, fast zehn Milliarden Menschen zu töten, um eine einzige Generation lang, vielleicht auch anderthalb, Einfluss zu haben. Eros ist vergleichsweise nicht einmal ein Rundungsfehler.«
»Es ist Ihnen wirklich egal«, sagte Fred leise.
»Im Gegensatz zu Dschingis Khan wollen wir kein vergängliches Reich aufbauen. Ich weiß, was Sie glauben. Wir wollten uns aufspielen und strebten nach der Macht.«
»Wollen Sie das nicht?«, fragte Holden.
»Natürlich wollen wir das«, antwortete Dresden mit schneidender Stimme. »Aber Sie denken in zu kleinen Maßstäben. Das größte Imperium der Menschheit errichten, das ist, als wollte man den größten Ameisenhaufen der Welt bauen. Unbedeutend. Da draußen gibt es eine Zivilisation, die vor über zwei Milliarden Jahren das Protomolekül erschaffen und auf uns losgelassen hat. Schon zu diesem Zeitpunkt waren sie Götter. Was ist hernach aus ihnen geworden? Da sie weitere zwei Milliarden Jahre Zeit hatten, sich zu entwickeln?«
Mit zunehmender Furcht hörte Holden Dresden zu. Es klang, als hielte er diese Ansprache nicht zum ersten Mal. Vielleicht hatte er es schon oft getan, und sie hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Er hatte mächtige Leute überzeugt, und deshalb besaß Protogen nun Stealthschiffe aus den Werften der Erde und genoss insgeheim anscheinend grenzenlose Unterstützung.
»Wir müssen schrecklich viel aufholen, meine Herren«, fuhr Dresden fort. »Aber glücklicherweise können wir dazu das Werkzeug unserer Feinde benutzen.«
»Aufholen?«, bemerkte ein Soldat, der links neben Holden stand. Dresden nickte, und der Mann lächelte.
»Das Protomolekül kann den Wirtsorganismus auf molekularer Ebene umbauen und im Handumdrehen genetische Veränderungen vornehmen. Das betrifft nicht nur unsere DNA, sondern jede stabile Reproduktionseinheit. Doch es ist nur eine Maschine, es denkt nicht. Es befolgt Anweisungen. Wenn wir lernen, die Programmierung zu verändern, werden wir die Architekten dieser Veränderungen.«
Holden unterbrach ihn. »Wenn es gedacht war, das Leben auf der Erde auszulöschen und durch etwas zu ersetzen, das die Schöp fer des Protomoleküls wollten, warum wollen Sie es dann loslassen?«
»Gute Frage.« Dresden hob einen Zeigefinger wie ein dozierender Professor. »Das Protomolekül wurde nicht mit einem Benutzerhandbuch geliefert. Wir konnten bisher noch nie beobachten, wie es sein Programm abarbeitet. Das Molekül benötigt eine erhebliche Masse, ehe es genügend Rechenleistung besitzt, um die Anweisungen auszuführen. Worin auch immer sie bestehen.«
Dresden deutete auf die Bildschirme, über die unzählige Daten liefen.
»Wir sehen ihm bei
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