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Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Titel: Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Stimme. Seit fast einer Stunde wiederholte der Asteroid diese Behauptung. »Sie ist mein … mein.«
    »Von mir aus«, murmelte Miller. »Du kannst sie haben.«
    Ihm tat die Schulter weh. Das Quietschen des Wagenrades war lauter geworden und übertönte manchmal sogar das irre Heulen der verdammten Seelen von Eros. Der Daumen kribbelte, weil er ihn unerbittlich auf das Handterminal presste, um sich nicht vorzeitig in die Luft zu jagen. Mit jeder Ebene, die er höher kam, wurde die Rotationsschwerkraft schwächer, dafür machte sich die Corioliskraft deutlicher bemerkbar. Es war nicht ganz so wie auf Ceres, doch es fühlte sich vertraut an, als sei er wieder daheim. Er freute sich schon darauf, dass er die Aufgabe bald abschließen konnte, und stellte sich vor, er hockte mit einem Sechserpack Bier in seinem Wohnloch und hörte Musik, die von einem leibhaftigen Komponisten stammte, statt das wirre Kauderwelsch der toten Station. Vielleicht etwas leichten Jazz.
    Wer hätte je gedacht, dass er sich leichten Jazz wünschen könnte?
    »Fangt mich doch, wenn ihr könnt, ihr Ärsche«, sagte Eros. »Ich bin weg, weg, weg. Weg und weg und weg.«
    Die inneren Ebenen der Station waren einerseits vertrauter, andererseits aber auch fremder. Abseits vom Massengrab der Casinoebene kam mehr vom alten Eros zum Vorschein. In der Röhrenbahn brannte noch Licht. Die Anzeigetafeln erklärten ihm, es habe Störungen gegeben und er möge sich in Geduld üben. Die Luftaufbereiter summten. Der Boden war relativ sauber. In dieser beinahe normalen Umgebung hoben sich die Veränderungen umso deutlicher ab. Dunkle Wedel überzogen manche Wände, Flocken des Zeugs wehten von oben herab und wirbelten in der Rotationsschwerkraft wie Rußwolken. Die Schwerkraft spürte er zwar, doch die ungeheure Beschleunigung, der Eros ausgesetzt war, machte sich überhaupt nicht bemerkbar. Miller zog es vor, nicht weiter darüber nachzudenken.
    Er musste dem Protomolekül Respekt zollen. Für etwas, das auf anaerobe Prokaryoten eingestellt gewesen war, machte es seine Sache ausgesprochen gut. Er hielt inne und überprüfte die Sensoren des Anzugs. Die Temperatur war, seit er das Casino verlassen hatte, um ein halbes Grad gestiegen, und um ein Zehntel Grad, seit er diesen Hauptgang betreten hatte. Auch die Hintergrundstrahlung nahm zu, sein ohnehin schon geschundener Körper fing sich gerade eine weitere Strahlungsdosis ein. Die Konzentration von Benzol sank dagegen, und der Anzug registrierte exotische aromatische Kohlenwasserstoffe – Tetracen, Anthracen, Naphtalin –, deren eigenartige chemische Wirkungen die Sensoren einigermaßen verwirrten. Also bewegte er sich in die richtige Richtung. Er beugte sich vor, weil sich der Karren gegen ihn sperrte wie ein bockiges Kind. Wenn er sich recht erinnerte, war Eros mehr oder weniger wie Ceres aufgebaut, und Ceres kannte er wie seine Westentasche. Noch eine Ebene weiter hinauf, höchstens zwei, und er würde auf eine Konzentration von Anlagen stoßen, die in niedriger Schwerkraft besser funktionierten und unter anderem der Energie- und Luftversorgung der unteren, von höherer Schwerkraft belasteten Ebenen dienten. Das war ein naheliegender Ort, um ein Kontroll- und Kommandozentrum wachsen zu lassen. Der richtige Platz für ein Gehirn.
    »Weg und weg und weg«, erklärte Eros. »Weg.«
    Es war seltsam, wie die Trümmer der Vergangenheit alles formten, was danach kam. So schien es auf allen Ebenen zu geschehen; offenbar war dies eine Grundwahrheit des Universums. Früher, als noch die ganze Menschheit unter hoher Schwerkraft gelebt hatte, hatte man die Wege der römischen Legionen mit Asphalt und Stahlbeton ausgelegt, ohne eine Kurve oder Biegung zu verändern. Auf Ceres, Eros und Tycho richtete sich die lichte Weite eines normalen Korridors nach den Bohrköpfen, die Platz für die Lastwagen und Aufzüge der Erde geschaffen hatten, und diese wiederum waren breit genug gewesen, um auf Schienen zu laufen, zwischen denen Maultiere die Lasten ziehen konnten.
    Nun wucherte das Fremde – dieses Ding aus der dunklen Weite des Alls – in den Korridoren, Schächten, Kabelkanälen und Wasserleitungen, die eine Handvoll ehrgeiziger Primaten angelegt hatte. Er fragte sich, was geschehen wäre, wenn das Protomolekül nicht von Saturn eingefangen worden wäre, sondern tatsächlich die Ursuppe der Erde erreicht hätte. Keine Fusionsreaktoren, keine Raumschiffe, keine hoch entwickelten Körper, die das Molekül übernehmen konnte.

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