Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
Problem?«
»Die Knight hat wie üblich vor dem Schub die Umgebung nach Objekten auf Kollisionskurs abgesucht«, erwiderte Alex. »Wir haben sechs Objekte aus dem Gürtel auf Abfangkurs.«
»Objekte aus dem Gürtel?«
»Schnelle Objekte ohne Transpondersignal«, erwiderte Alex. »Es sind Schiffe, aber sie fliegen ohne Kennung. Sie werden uns etwa zwei Tage vor der Donnager erreichen.«
Holden holte sich die Anzeige heran. Sechs kleine Signaturen, deren Farbe sich von Gelborange zu Rot veränderte. Sie beschleunigten stark.
»Tja«, sagte Holden zu dem Bildschirm. »Und wer, zum Teufel, seid ihr?«
8 Miller
»Erde und Mars leben dank ihrer Aggressionen gegen den Gürtel. Unsere Schwäche ist ihre Stärke«, behauptete die maskierte Frau auf Millers Terminal. Der geteilte Kreis der AAP hing hinter ihr, als hätte ihn jemand auf ein Tuch gemalt. »Fürchtet sie nicht. Ihre einzige Macht ist eure Angst.«
»Na ja, und außerdem ungefähr hundert Kanonenboote«, bemerkte Havelock.
»Nach allem, was ich höre, dürfen die nicht schießen, wenn Sie in die Hände klatschen und sagen, dass Sie an sie glauben«, antwortete Miller.
»Das muss ich unbedingt mal probieren.«
»Wir müssen uns erheben!«, forderte die Frau mit zunehmend schrillerer Stimme. »Wir müssen unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen, niemand darf uns herumkommandieren! Vergesst nicht die Canterbury! «
Miller schaltete den Bildschirm ab und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Auf der Wache herrschte wegen des Schichtwechsels gerade viel Betrieb, die Stimmen übertönten einander, während die letzte Schicht die Neuankömmlinge über die jüngsten Ereignisse unterrichtete. Der Duft von frischem Kaffee wetteiferte mit Zigarettenqualm.
»Es gibt vielleicht ein Dutzend wie sie.« Havelock nickte in die Richtung des Terminals. »Aber sie ist mein Liebling. Manchmal rechne ich damit, dass sie Schaum vor dem Mund bekommt.«
»Wie viele Dateien sind es?«, fragte Miller, worauf sein Partner mit den Achseln zuckte.
»Zwei- bis dreihundert.« Havelock zog an seiner Zigarette. Vor einiger Zeit hatte er wieder mit dem Rauchen angefangen. »Alle paar Stunden kommt eine neue. Sie treffen von verschiedenen Orten ein. Manchmal werden sie über Funk gesendet, mitunter tauchen sie auf öffentlichen Partitionen auf. Orlan hat in einer Hafenbar ein paar Leute entdeckt, die kleine Lesegeräte verteilen, als wären es Flugblätter.«
»Hat unser Boss die Leute festgesetzt?«
»Nein«, antwortete Havelock, als sei nichts weiter dabei.
Eine Woche war vergangen, seit James Holden, der Märtyrer von eigenen Gnaden, stolz verkündet hatte, dass er und seine Mannschaft mit jemandem von der marsianischen Raummarine reden würde, statt weiterhin mit Dreck und Andeutungen um sich zu werfen. Der Film vom Untergang der Canterbury lief überall, allenthalben entstanden Debatten. Die Logdateien, die den Vorfall dokumentierten, waren in Ordnung, oder sie waren offensichtlich manipuliert. Die Torpedos, die den Frachter zerstört hatten, waren Atomraketen oder normale Piratenwaffen gewesen, die versehentlich den Antrieb getroffen hatten, oder es war alles nur aus alten Filmen zusammengeschnitten, um zu vertuschen, was die Canterbury wirklich getroffen hatte.
Die Unruhen hatten mehr oder weniger drei Tage gedauert, gleich einem Feuer, das heiß genug war, um sich selbst neu zu entzünden, sobald es frische Luft bekam. Die Regierungsbüros waren wieder geöffnet, schwer bewacht zwar, aber immerhin. Die Docks waren in Rückstand geraten, holten aber auf. Der hemdlose Dreckskerl, der auf Millers Befehl niedergeschossen worden war, lag im Gefängniskrankenhaus von Star Helix und bekam neue Knie. Er reichte Beschwerden gegen Miller ein und bereitete sich auf die Mordanklage gegen ihn selbst vor.
In Sektor Fünfzehn waren sechshundert Kubikmeter Stickstoff aus einem Lager verschwunden. Eine nicht lizenzierte Hure war zusammengeschlagen und in einen Schrank gesperrt worden. Nachdem sie ihre Aussage über die Angreifer gemacht hatte, würde man sie verhaften. Die Cops hatten die Burschen erwischt, die auf Ebene Sechzehn die Überwachungskameras demoliert hatten. Oberflächlich betrachtet, war alles wieder in Ordnung.
Aber nur oberflächlich.
Als Miller zum Morddezernat gestoßen war, hatte er sich vor allem über die unglaubliche Ruhe der Angehörigen gewundert. Menschen, die gerade eben Ehefrauen, Ehemänner, Kinder und Geliebte verloren hatten. Leute, deren Leben soeben
Weitere Kostenlose Bücher