Lewis CS - Narnia 4
dem Bett. »Reite auf mir«, sprach Aslan und wandte sich an Suse und Lucy mit den Worten: »Ihr beiden Königinnen müßt jetzt laufen.« »Aber das tun wir ebenso gern«, antwortete Suse. Und weiter ging es.
So kamen sie schließlich hüpfend, tanzend und singend, mit Musik und Gelächter, brüllend und bellend und wiehernd alle dorthin, wo Miraz’ Männer standen, die Waffen fortgeworfen und die Arme erhoben hatten. Peters Heer stand im Kreis darum. Seine Leute hatten ihre Waffen in der Hand, atmeten noch schwer und schauten mit ernsten, aber frohen Gesichtern um sich. Das erste, was nun geschah, war, daß die alte Frau von Aslans Rücken glitt und zu Kaspian hinüberlief. Herzlich umarmten sie einander; sie war seine alte Kinderfrau.
Aslan öffnet in der Luft eine Tür
Als die Telmarer Aslan sahen, wurden ihre Gesichter aschgrau; ihre Knie zitterten, und manche fielen auf ihre Gesichter. Sie hatten nicht an Löwen geglaubt; darum war ihre Angst jetzt um so größer. Selbst die Rotzwerge, die wußten, daß er als Freund kam, standen mit offenen Mündern da und konnten nichts hervorbringen. Einige von den Schwarzzwergen, die zu Nikabriks Gruppe gehörten, versuchten, sich davonzumachen. Aber alle Sprechenden Tiere drängten sich um den Löwen; sie schnurrten und grunzten und quiekten und wieherten vor Freude, umschmeichelten ihn mit ihren Schwänzen, rieben sich an ihm, berührten ihn ehrfurchtsvoll mit den Nasen und krochen unter seinem Körper hindurch und zwischen seinen Beinen hin und her. Wenn ihr jemals beobachtet habt, wie eine kleine Katze mit einem großen Hund umgeht, den sie liebt und dem sie traut, so habt ihr ein ganz gutes Bild von dem, wie sich diese Tiere benahmen. Dann erzwang sich Peter, der Kaspian führte, den Weg durch die Menge der Tiere.
»Dies ist Kaspian, Herr«, sagte er. Kaspian kniete nieder und küßte des Löwen Tatze.
»Willkommen, Prinz«, sprach Aslan. »Glaubst du geeignet zu sein, das Königreich Narnia zu übernehmen?« »Ich - ich glaube nicht, Herr«, erwiderte Kaspian. »Ich bin wohl noch zu jung.«
»Gut«, sagte Aslan. »Hättest du dich selbst für geeignet gehalten, so wäre es ein Beweis dafür gewesen, daß du es nicht bist. Darum sollst du nun unter uns und unter Peter dem Prächtigen der König von Narnia sein, der Herr von Feeneden und der Kaiser der Einsamen Eilande, du und deine Erben, solange dein Stamm lebt Und deine Krönung - aber was ist denn hier los?« In diesem Augenblick nämlich näherte sich eine merkwürdige, kleine Prozession - elf Mäuse, von denen sechs zwischen sich etwas auf einer Bahre trugen, die aus Zweigen gemacht, aber nicht größer als ein Buch war. Man könnte sich keine traurigeren Mäuse als diese vorstellen. Sie waren mit Schlamm beschmiert, einige auch mit Blut, ihre Ohren hingen herab, ihre Barthaare waren zerzaust, ihre Schwänze schleiften durch das Gras, und ihr Anführer blies auf einer zarten Flöte eine wehmütige Melodie. Auf der Bahre lag etwas, was nicht besser aussah als ein Häufchen feuchten Pelzwerkes, alles, was von Riepischiep übrig war. Er atmete zwar noch, war aber mehr tot als lebendig, bedeckt mit unzähligen Wunden, hatte eine zerquetschte Pfote, und wo sein Schwanz gewesen war, hing ein verbundener Stumpf. »Das ist etwas für dich, Lucy«, meinte Aslan. Augenblicks brachte Lucy ihre Diamantflasche herbei. Obwohl nur ein einziger Tropfen für jede von Riepischieps Wunden nötig war, herrschte eine lange und angsterfüllte Stille, bevor sie die vielen Wunden behandelt hatte und der Mäuseheld von der Bahre sprang. Sofort fuhr seine eine Hand an das Heft des Schwertes; mit der anderen zwirbelte er seinen Bart. Er verbeugte sich. »Heil, Aslan«, ertönte seine helle Stimme. »Ich habe die Ehre…« Aber dann hielt er plötzlich inne. Er hatte nämlich keinen Schwanz mehr - sei es, daß Lucy diesen vergessen hatte, sei es, daß ihr Heilmittel zwar Wunden heilen, aber keine Glieder wieder wachsen lassen konnte. Jedenfalls gewahrte Riepischiep diesen Verlust, als er sich verbeugte; vielleicht hatte sich sein Gleichgewicht dadurch verschoben. Er blickte über seine rechte Schulter. Da er seinen Schwanz nicht sehen konnte, spannte er seinen Hals so lange an, bis er auch seine Schultern drehen mußte, und dann folgte der ganze Körper. Inzwischen hatte sich aber auch sein Hinterteil gedreht und war nicht mehr zu sehen. Darauf spannte er seinen Hals erneut an, um über seine Schulter zu sehen - mit dem gleichen Ergebnis.
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