Lewis, CS - Narnia 5
Insel gekommen ist.«
»Bist du Lord Octesian?« fragte Lucy den Drachen, undals er traurig den Kopf schüttelte, fügte sie hinzu: »Bist du jemand, der verzaubert worden ist–ein Mensch, meine ich?«
Er nickte heftig.
Und dann sagte jemand (hinterher stritt man sich, ob es Lucy oder Edmund gewesen war): »Du bist doch nicht–bist du vielleicht Eustachius?«
Und Eustachius nickte mit seinem schrecklichen Drachenkopf und schlug mit dem Schwanz auf das Wasser, und alle wichen zurück (und einige der Seeleute benutzten Ausdrücke, die ich lieber nicht aufschreiben will), um den riesigen, kochendheißen Tränen auszuweichen, die aus den Augen des Drachen flossen.
Lucy versuchte ihr Bestes, um ihn zu trösten, sie nahm sogar ihren ganzen Mut zusammen, um sein schuppiges Gesicht zu küssen, und fast alle sagten »So ein Pech!«, und einige versicherten Eustachius, sie würden alle zu ihm halten, und viele sagten, es gäbe sicher einen Weg, ihn zu entzaubern, und in ein oder zwei Tagen sei bestimmt wieder alles in Ordnung. Natürlich hätten sie alle gern seine Geschichte gehört, aber er konnte nicht reden. In den folgenden Tagen versuchte er es mehr als einmal, diese Geschichte für sie in den Sand zu schreiben. Aber es gelang ihm nie. Erstens einmal hatte Eustachius (der nie die richtigen Bücher gelesen hatte) keine Ahnung, wie man eine Geschichte erzählt. Und außerdem hatten die Muskeln und die Nerven der Drachenklauen, die er benutzen mußte, nie schreiben gelernt, und sowieso waren sie dafür nicht gebaut. Deshalb schaffte er es nie bis zum Ende, bevor die Flut kam und alles–außer den Buchstaben, auf die er ohnehin schon vorher getreten war oder die er aus Versehen mit seinem Schwanz ausgewischt hatte–fortspülte. Und das, was die anderen lasen, sah etwa so aus–die Punkte stehen für die Buchstaben, die er verwischt hatte:
ICH BIN SCHLAF… ADR DARCH ICH MEINE DRARCHEN HOLE WEIL ER TOT WAR UND RENETE SO STAR … WACHE AUF UND KON … VON MEIN ARM OH WEH …
Es war jedoch allen klar, daß Eustachius einen viel besseren Charakter hatte, seit er ein Drache war. Er war begierig, ihnen zu helfen. Er flog über die ganze Insel und stellte fest, daß alles bergig war und daß nur wilde Ziegen und Herden von wilden Schweinen hier lebten. Er brachte ihnen viele tote Tiere als Proviant für das Schiff. Er war auch ein sehr humaner Jäger, denn er konnte ein Tier mit einem Schlag seines Schwanzes töten, so daß es nicht wußte, daß es getötet worden war. Er aß natürlich auch selbst ein paar, aber er aß immer allein, denn jetzt, wo er ein Drache war, aß er seine Nahrung gerne roh, und er wollte nicht, daß ihn die anderen bei seinen unappetitlichen Mahlzeiten sahen. Und eines Tages kam er sehr müde, aber überglücklich angeflogen und brachte eine riesig große Kiefer ins Lager, die er in einem weit entfernten Tal mit den Wurzeln ausgerissen hatte und aus der man einen ausgezeichneten Mast zimmern konnte. Und wenn es am Abend kühl wurde, wie das manchmal nach den starken Regenfällen geschah, dann war er für alle eine große Hilfe, denn sie kamen zu ihm, lehnten sich mit dem Rücken gegen seinen heißen Körper und ließen sich aufwärmen und trocknen; und ein Stoß seines feurigen Atems setzte auch den widerspenstigen Holzstoß in Brand. Manchmal nahm er eine ausgewählte Gruppe auf seinem Rücken mit auf einen Flug, und sie sahen unter sich die grünen Hänge vorbeifliegen, die felsigen Höhen, die engen, rinnenartigen Täler und weit draußen über dem Meer im Osten einen dunkelblauen Fleck am blauen Horizont, der vielleicht Land war.
Die für ihn ganz neue Erfahrung, von den anderen gemocht zu werden–und, was noch wichtiger war, andere zumögen–, hielt Eustachius davon ab, zu verzweifeln. Denn es war trostlos, ein Drache zu sein. Jedesmal, wenn er über einen Bergsee flog und sein eigenes Spiegelbild sah, schüttelte es ihn. Er haßte die riesigen, fledermausartigen Flügel, den gezackten Kamm auf seinem Rücken und die grausamen, gekrümmten Klauen. Fast hatte er Angst, wenn er mit sich allein war, doch wenn er mit den anderen zusammen war, dann schämte er sich. An den Abenden, an denen er nicht als Wärmeflasche benutzt wurde, schlich er sich vom Lager fort und lag zusammengerollt zwischen dem Wald und dem Wasser. Zu seiner großen Überraschung war Riepischiep bei dieser Gelegenheit sein beständigster Trostspender. Die edle Maus kroch von dem fröhlichen Kreis um das Lagerfeuer fort
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