Lewis, CS - Narnia 5
Morgen hier auftauchte. Ich wollte dir erzählen, wie es kam, daß ich mich wieder zurückverwandelt habe.«
»Schieß los!« sagte Edmund.
»Also–gestern nacht war ich so unglücklich wie nie zuvor. Und dieser fürchterliche Armreif tat so schrecklich weh …«
»Ist dein Arm in Ordnung?«
Eustachius lachte–sein Lachen war ganz anders als früher–und zog den Armreif mühelos vom Arm. »Da ist er«, sagte er. »Und meinetwegen kann ihn jeder haben, der ihn haben will. Tja, wie ich sagte, lag ich wach und überlegte, was wohl aus mir werden würde. Und dann–aber vielleicht war es nur ein Traum. Ich weiß es nicht.«
»Rede weiter«, forderte Edmund ihn ungeduldig auf.
»Also ich schaute auf und sah etwas, was ich am allerwenigsten erwartet hätte–einen riesigen Löwen, der langsam auf mich zukam. Und das eigenartigste war, daß gestern nacht kein Mond schien, und trotzdem war der Löwe von Mondlicht umgeben. Er kam näher und näher. Ich hatte schreckliche Angst. Vielleicht denkst du, ich, als Drache, hätte ihn ohne weiteres überwältigen können. Aber es war nicht diese Art von Angst. Ich hatte keine Angst davor, er könne mich auffressen. Ich hatte einfach vor dem Löwen an sich Angst–wenn du das verstehen kannst. Also, er kam nahe zu mir her und blickte mir direkt in die Augen. Ich machte die Augen fest zu. Aber das nützte nichts, denn er befahl mir, ihm zu folgen.«
»Willst du damit sagen, daß er geredet hat?«
»Ich weiß nicht. Jetzt, wo du es erwähnst, glaube ich nicht, daß er geredet hat. Aber trotzdem hat er mir befohlen, mitzukommen. Und ich wußte, daß ich tun mußte, was er mir befahl, deshalb stand ich auf und folgte ihm. Und er führte mich weit in die Berge. Und über dem Löwen und um ihn herum, wohin er sich auch wandte, hing dieses Mondlicht. Schließlich kamen wir an die Spitze eines Berges, den ich noch nie gesehen hatte. Oben auf diesem Berg war ein Garten–mit Bäumen und Früchten und allem möglichen. In der Mitte des Gartens war eine Quelle.
Ich wußte, daß es eine Quelle war, weil man am Grund das Wasser hervorsprudeln sah, aber sie war viel größer, als Quellen sonst sind. Sie war wie ein sehr großes rundes Bad, zu dem Marmorstufen hinunterführten. Das Wasser war glasklar, und ich dachte, wenn ich hineingehen und baden würde, dann ginge der Schmerz in meinem Bein vielleicht ein wenig weg. Aber der Löwe sagte mir, ich müsse mich zuerst ausziehen. Ich weiß nicht, ob er die Worte aussprach oder nicht.
Ich wollte gerade sagen, ich könne mich nicht ausziehen, weil ich keine Kleider anhätte, als mir plötzlich einfiel, daß Drachen schlangenartige Lebewesen sind und daß Schlangen ihre Haut abwerfen können. Natürlich, dachte ich, das ist es, was der Löwe gemeint hat. Deshalb fing ich an, mich zu kratzen, und überall begannen die Schuppen abzugehen. Und dann kratzte ich ein wenig tiefer, und statt der Schuppen ging plötzlich die ganze Haut ab, wie nach einer Krankheit oder wie bei einer Banane. Nach ein oder zwei Minuten stieg ich einfach aus der Haut heraus. Ich konnte sie neben mir liegen sehen. Sie sah ziemlich ekelhaft aus. Es war ein herrliches Gefühl. Ich stieg hinunter in die Quelle, um zu baden.
Aber gerade als ich meine Füße ins Wasser stellte, blickte ich nach unten und sah, daß sie so hart und rauh und faltig und schuppig waren wie zuvor. Oh, das macht nichts, sagte ich mir. Das bedeutet nur, daß ich darunter noch einen kleineren Anzug anhabe und daß ich den auch noch ausziehen muß. So kratzte und riß ich also noch einmal, und auch diese zweite Haut ging so ausgezeichnet ab. Ich stieg heraus und legte sie neben die andere und ging zur Quelle hinunter zu meinem Bad.
Aber genau dasselbe passierte noch einmal. Und ich dachte mir, meine Güte, wie viele Häute muß ich wohl noch ausziehen? Denn ich konnte es kaum erwarten, mir dieBeine zu baden. Deshalb kratzte ich ein drittes Mal und riß eine dritte Haut ab, genau wie die beiden anderen, und stieg aus ihr heraus. Aber als ich mich im Wasser anschaute, wußte ich, daß es keinen Zweck gehabt hatte.
Dann sagte der Löwe–aber ich weiß nicht, ob er tatsächlich redete–:›Ich werde dich ausziehen müssen.‹Ich hatte ziemliche Angst vor seinen Tatzen, das kann ich dir sagen, aber ich war inzwischen völlig verzweifelt. Deshalb legte ich mich einfach flach auf den Rücken und ließ ihn machen.
Der erste Riß war so tief, daß ich dachte, er ginge bis ins Herz. Und als er begann, mir
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