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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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nur einen winzigen Teil unseres Portfolios
ausmachen.
    Die
letzte Frage tauchte wieder und wieder auf: Wie konnte ein Stockpicker so viel
Geld bei einer weltfremd-idealistischen Spekulation auf dem Rentenmarkt
verlieren? Und er versuchte wieder und wieder, sie zu beantworten: Er war
vertraglich verpflichtet, jährliche Versicherungsprämien in Höhe von etwa 8
Prozent des Portfolios zu bezahlen, und zwar über die gesamte Laufzeit der
zugrunde liegenden Darlehen - was vermutlich rund fünf Jahre dauern würde,
möglicherweise aber auch 30 Jahre. 8 Prozent mal fünf Jahre macht 40 Prozent.
Wenn der Wert der Credit Default Swaps um die Hälfte fallen würde, müsste Scion infolge der Neubewertung
einen Verlust in Höhe von 20 Prozent verbuchen.
    Was
ihn weitaus mehr beunruhigte, war die Bestimmung seines Vertrags über Credit
Default Swaps, die besagte, dass die großen Wall-Street-Firmen berechtigt
seien, die Spekulationen mit Scion zu kündigen, wenn Scions Vermögenswerte
unter einen bestimmten Wert fielen. Das Risiko, dass dies eines Tages der Fall
sein könnte, war real. Die meisten seiner Investoren hatten einer zweijährigen
Kapitalbindungsdauer zugestimmt, das heißt, sie konnten ihr Geld nicht nach
Lust und Laune abziehen. Doch von den 555 Millionen US-Dollar, die er
verwaltete, konnten 302 Millionen US-Dollar entweder Ende 2006 oder Mitte 2007
herausgezogen werden, und die Investoren, die ihr Geld zurückhaben wollten,
standen schon Schlange. Im Oktober 2006, als die Immobilienpreise in Amerika
den größten Einbruch seit 35 Jahren verzeichneten, und nur wenige Wochen, bevor
der ABX-Index für mit BBB bewertete hypothekenunterlegte Anleihen sein erstes
»Kreditereignis« (das heißt, einen Verlust) erlitt, sah sich Michael Burry mit
der Wahrscheinlichkeit eines Runs auf seinen Fonds konfrontiert - ein Fonds,
der nun gegen den Markt für Subprime-Hypotheken spekulierte. »Wir litten an
einer klinischen Depression«, meinte einer der Analysten, die Michael Burry aus
unerfindlichen Gründen zwar eingestellt hatte, obwohl er nichtsdestotrotz
darauf bestand, sämtliche Analysen selbst zu übernehmen. »Da geht man in dem
Gefühl zur Arbeit, dass man lieber zu Hause bleiben will. Der Trade lief nicht
wunschgemäß, und die Investoren wollten sich und ihr Geld retten.«
    Eines
Abends, als sich Burry bei seiner Frau beschwerte, dass die Finanzmärkte keine
langfristigen Perspektiven böten, kam ihm folgender Gedanke in den Sinn: Laut
Vertrag mit seinen Investoren war er berechtigt, deren Geld zu behalten, sofern
er es »in Wertpapiere investiert hatte, für die es keinen öffentlichen Markt
gab oder die nicht frei handelbar waren«. Der Manager konnte entscheiden, ob es
einen öffentlichen Markt für ein Wertpapier gab. Sollte Michael Burry zu dem
Schluss kommen, dass es keinen Markt gab - weil er zum Beispiel dachte, dass
der Markt vorübergehend nicht funktionierte oder dass Betrug mit im Spiel war -
konnte er Anlagen auf ein separates Konto legen, ein sogenanntes Side-Pocket.
Das bedeutete, er konnte seinen Investoren erzählen, dass sie ihr Geld erst
dann wiedersehen würden, wenn die von ihm getätigte Spekulation ihren
vorgesehenen Verlauf genommen hätte.
    Aus
diesem Grund tat er das in seinen Augen einzig Richtige und Logische: Er parkte
seine Credit Default Swaps in einem Side-Pocket. Er informierte alle
Investoren, die nur darauf warteten, dass er ihnen ihr Geld zurückgäbe - wie
unter anderem Gotham Capital, sein Geldgeber aus der Anfangszeit seines Fonds
- in einem knappen Schreiben, in dem es hieß, dass er zwischen 50 und 55
Prozent ihres Geldes in ein Side-Pocket transferieren würde. Als Nächstes
erhielten die Investoren Burrys vierteljährlichen Bericht, von dem er sich
erhoffte, dass er seine Investoren etwas beruhigen würde. Was ihm jedoch
fehlte, war Einfühlungsvermögen. Burry konnte sich beim besten Willen nicht
vorstellen, was andere von ihm benötigten. Was er seinen Investoren mitgeteilt
hatte, klang weniger nach einer Erklärung oder Entschuldigung, sondern
vielmehr nach einer Anklage. Er leitete seinen Brief mit den Worten ein: »Noch
nie zuvor war ich im Hinblick auf das Portfolio so optimistisch gewesen, doch
der Grund dafür hat weniger mit Aktien zu tun.« Dann erklärte er, wie er sich
eine Position im Markt gesichert hatte, die jeden Kapitalverwalter vor Neid
erblassen ließ. Und dass er nicht auf den »Untergang des Häusermarktes«
spekuliert hatte (obwohl der seiner Meinung

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