Lewis, Michael
einzelner
Hypothekenpool, gegen den Burry spekuliert hatte, versinnbildlichte, worum es
damals ging: OOMLT 2005-3. OOMLT 2005-3 war die Abkürzung für ein Bündel von
Subprime-Hypothekendarlehen, das Option One geschnürt hatte - Sie erinnern
sich? Steve Eisman hatte den Raum verlassen, nachdem er mit seinen Fingern eine
Null geformt hatte, während der CEO dieses Unternehmens in Las Vegas eine Rede
hielt. Die Mehrheit der Darlehen war zwischen April und Juli 2005 vergeben
worden. Von Januar bis Juni 2007 gab es immer dieselben Nachrichten über diesen
Pool - Zahlungsverzug, Konkurs, Zwangsversteigerungen. Die Verluste waren zwar
größer als gedacht, wenn man sich die Bewertung der Anleihen, die ihnen
zugrunde lagen, vor Augen führte, doch von Monat zu Monat gab es keine größeren
Schwankungen. Vom 25. Februar bis 25. Mai (die Überweisungszahlen lagen immer
am 25. des Monats vor) stieg der Prozentsatz der Darlehen, bei denen entweder
Zahlungsverzug, Konkurs oder Zwangsversteigerung vorlag, von 15,6 Prozent auf
16,9 Prozent. Am 25. Juni waren es schon 18,68 Prozent aller Kredite, deren
Raten nicht bedient wurden. Am 25. Juli neuer Hochstand: 21,4 Prozent. Im
August unglaubliche 25,44 Prozent, und gegen Ende des Jahres sagenhafte 37,7
Prozent. Über ein Drittel der Kreditnehmer dieses Pools waren nicht in der
Lage, die Raten zu zahlen. Die Verluste waren derart groß, dass sie nicht nur
die Anleihen zunichte machten, gegen die Michael Burry spekuliert hatte,
sondern sie rissen auch einen Großteil der höher bewerteten Anleihen aus
demselben Hochhaus mit. Dass die Panik bei den Wall-Street-Unternehmen bereits
vor dem 25. Juni eingesetzt hatte, bestärkte Burrys Verdacht, dass sie mit
Insiderinformationen über die Überweisungszahlen arbeiteten. »Häufig gehörten
den Händlern die Hypothekendienstleister«, schrieb er, »weshalb es gut möglich
ist, dass sie intern einen Wink erhalten haben, dass sich die Zahlen verschlechtern
würden.«
In
den Monaten, die dem Kollaps von OOMLT 2005-3 - und dem von sämtlichen anderen
Pools, auf die er Credit Default Swaps gekauft hatte - vorausgingen, waren
Michael Burry einige Kommentare des US-amerikanischen Notenbankchefs Ben
Bernanke und des US-amerikanischen Finanzministers Henry Paulson aufgefallen.
Beide sprachen wiederholt davon, dass in ihren Augen ein »Ansteckungseffekt«
der Verluste auf dem Markt für Subprime-Hypotheken auf die übrigen Finanzmärkte
ein Ding der Unmöglichkeit sei. »Als ich 2005 das erste Mal Leerverkäufe dieser
Hypotheken tätigte«, schrieb Burry in einer E-Mail, »wusste ich ganz genau,
dass sich das auf keinen Fall in nur zwei Jahren auszahlen würde - aus einem
einfachen Grund: Für die Mehrzahl der in den letzten paar Jahren vergebenen
Hypotheken galt eine sogenannte >Lockzinsphase<. Erst jetzt nähert sich
dieses Angebot bei Krediten aus dem Jahr 2005 seinem Ende, und bei Krediten
aus dem Jahr 2006 dauert es noch bis 2008, bis der Zinssatz steigt. Gab es
wirklich jemanden auf diesem Planeten, der noch bei Verstand war, der Anfang
2007, also auf dem Höhepunkt dieser Masche mit dem Lockzinsangebot, auf die
Idee kam, dass der Einbruch im Subprime-Segment sich nicht ausbreiten würde?
Schließlich ist die Rechnung im wahrsten Sinn des Wortes noch nicht einmal
fällig.«
An
der ganzen Wall Street nahmen die Händler für Subprime-Hypothekenanleihen eine
Long-Position ein und lagen damit falsch - sie versuchten verzweifelt, ihre
Positionen zu verkaufen oder wenigstens zu versichern. Mit einem Mal waren die
Credit Default Swaps von Michael Burry stark gefragt. Was ihn jedoch noch immer
schockierte, war, dass sich der Markt schwer tat, die wesentlichen
Informationen zu verdauen. »Es war so offensichtlich, dass diese ganzen
Geschäfte bis zum Tag der Zinsneuberechnung an Fahrt gewannen«, sagte er, »und
dieser Tag stürzte sie nur in neue Dimensionen des Versagens. Ich konnte
einfach nicht glauben, was ich da sah. Ich bin davon ausgegangen, dass
irgendwer doch bemerkt haben müsste, was da vor Juni 2007 passieren würde. Wenn
sie wirklich die Überweisungszahlen vom Juni gebraucht haben, um das zu
verstehen, frage ich mich schon, was ein >Wall-Street-Analyst< eigentlich
den ganzen Tag lang macht.«
Bis
Ende Juli veränderten sich die Bewertungen schnell zu seinen Gunsten - und er
las viel über Genies wie John Paulson, der ein Jahr nach ihm in die Branche
eingestiegen war. Im Bloomberg News Service erschien ein Artikel über die
wenigen
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