Lewis, Michael
zu
kaufen. Greg Lippmann von der Deutschen Bank, zwei Händler von Goldman Sachs
und einige andere setzten sich zusammen, um die Vertragsdetails auszuhandeln.
Trotz seiner lautstarken Proteste schleifte man Mike Edman von Morgan Stanley
zu diesen Gesprächen, denn sobald Credit Default Swaps auf
Subprime-Hypothekenanleihen offen gehandelt und standardisiert würden, verlöre
Howie Hublers Abteilung die Möglichkeit, ihre geheimere, finsterere Variante zu
verhökern.
Im
April 2006 lief die Subprime-Hypothekenanleihen-Maschinerie auf Hochtouren.
Howie Hubler war Morgan Stanleys Star-Anleihenhändler, da seine Abteilung mit
acht Wertpapierhändlern nach eigener Schätzung etwa 20 Prozent der
Unternehmensgewinne erwirtschaftete. Von 2004 bis 2005 stiegen Morgan Stanleys
Gewinne von 400 Millionen auf 700 Millionen US-Dollar und strebten 2006 auf 1
Milliarde US-Dollar zu. Hubler sollte am Jahresende 25 Millionen US-Dollar
erhalten, war aber nicht mehr damit zufrieden, als einfacher Rentenhändler zu
arbeiten. Die besten, gewieftesten Wallstreet-Händler verließen ihre großen
Finanzunternehmen, um in Hedgefonds einzusteigen, wo sie statt zig Millionen
Hunderte Millionen scheffeln konnten. Mit Geschäften gedankenloser Investoren
Kleingeld zu verdienen erschien unter der Würde eines großen
Wall-Street-Bondhändlers. »Howie hielt das Kundengeschäft für stupide«, erklärte
einer der Händler, die ihm am nächsten standen. »Es war zwar das, was er immer
gemacht hatte, aber er hatte das Interesse daran verloren.«*
* Nahezu jedem an der Finanzkrise Beteiligten drohen
finanzielle Verluste, wenn man ihn dabei erwischt, dass er über das redet, was
er gemacht und erlebt hat. Das gilt natürlich für alle, die immer noch bei
großen Wall-Street-Firmen arbeiten, aber auch für diejenigen, die weitergezogen
sind, da sie sich in der Regel zu Stillschweigen verpflichtet haben. Ehemalige
Beschäftigte von Morgan Stanley sind zwar nicht ganz so eingeschüchtert wie die
von Goldman Sachs, aber auch nicht weit davon entfernt.
Hubler
konnte Hunderte Millionen verdienen, indem er die Dummheit der Kunden von
Morgan Stanley förderte, aber Milliarden, wenn er mit dem Firmenkapital gegen
sie spekulierte.
Die
Geschäftsführung von Morgan Stanley fürchtete ihrerseits, dass Hubler und sein
kleines Händlerteam kündigen und einen eigenen Hedgefonds gründen könnten. Um
sie zu halten, machte sie Hubler ein besonderes Angebot: eine
Eigenhandelsgruppe mit dem grandiosen Namen Global Proprietary Credit Group
(GPCG) zu schaffen. Nach der neuen Vereinbarung durfte Hubler einen Teil der
Gewinne, die seine Abteilung erwirtschaftete, für sich behalten. »Dahinter
stand die Idee, dass wir statt 1 Milliarde US-Dollar von jetzt auf gleich 2
Milliarden US-Dollar im Jahr bringen sollten«, erklärte ein Abteilungsmitglied.
Und von den Gewinnen, die diese Gruppe erzielte, wollten Hubler und sein
kleines Händlerteam einen Großteil für sich behalten. Morgan Stanley versprach,
daraus solle so bald wie möglich eine separate Finanzmanagementfirma entstehen,
die zu 50 Prozent Hubler gehöre. Unter anderem sollte diese Firma durch
Subprime-Hypotheken besicherte CDOs verwalten und beispielsweise Wing Chaus
Harding Advisory Konkurrenz machen.
Die
mutmaßlich besten und klügsten Köpfe in Morgan Stanleys Anleihenabteilung
rissen sich darum, mit ihm zu gehen. »Es sollte die Topelite sein«, erklärte
einer der Händler. »Howie nahm die cleversten Leute mit.« Die wenigen
Auserwählten bezogen in Morgan Stanleys Verwaltungsgebäude mitten in Manhattan
eine eigene Etage, die acht Stockwerke über ihrer ehemaligen Handelsabteilung
lag. Dort schotteten sie sich hinter frischgezogenen Mauern ab, um zumindest
die Illusion zu erwecken, dass es bei Morgan Stanley keine Interessenkonflikte
gab. Die Händler in der ersten Etage kauften und verkauften, ohne
Informationen über die Abschlüsse an Hubler und seine Gruppe im neunten Stock
weiterzugeben. Tony Tufariello, der Leiter des globalen Rentenhandels bei
Morgan Stanley und damit theoretisch Howie Hublers Vorgesetzter, geriet in
einen so starken Zwiespalt, dass er sich ein Büro in Howies Gruppe einrichtete
und zwischen dem ersten und neunten Stock pendelte.*
* Von allen Interessenkonflikten innerhalb eines
Wall-Street-Unternehmens im Rentenhandel lag hier der gefährlichste und am
wenigsten diskutierte vor. Wenn ein Unternehmen auf eigene Rechnung auf Aktien
und Anleihen spekuliert und sie
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