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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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hatte eine lange Liste von Unternehmen erbracht, die Subprime-Kreditrisiken
ausgesetzt waren. Bis zum 14. März 2008 hatten sie Leerverkäufe auf Aktien
praktisch alle Finanzunternehmen getätigt, die in irgendeiner Weise mit der
Weltuntergangsmaschinerie in Verbindung standen. »Wir hatten uns für Armageddon
in Stellung gebracht«, sagte Eisman, »aber im Hinterkopf lauerte immer die
Frage: Was ist, wenn Armageddon nicht kommt?«
    Am
14. März 2008 verstummte diese Frage. Seit Bear Stearns' Subprime-Hedgefonds im
Juni 2007 zusammengebrochen waren, fragte der Markt sich, wie es um den Rest
des Unternehmens bestellt sein mochte. Im Laufe der zurückliegenden zehn Jahre
hatte Bear Stearns wie jedes andere Wall-Street-Unternehmen die Höhe der
Spekulationen ausgebaut, die es auf jeden Dollar Eigenkapital tätigte. Allein
in den vergangenen fünf Jahren war das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital
bei Bear Stearns von 20 zu 1 auf 40 zu 1 gestiegen, bei Merrill Lynch betrug es
2001 noch 16 zu 1 und 2007 bereits 32 zu 1. Morgan Stanley und Citigroup waren
inzwischen bei einem Verhältnis von 33 zu 1 angekommen. Goldman Sachs wirkte
mit 25 zu 1 eher konservativ, besaß aber großes Geschick, seinen tatsächlichen
Verschuldungsgrad zu kaschieren. Bei allen diesen Finanzunternehmen genügte
ein geringer Wertverlust ihrer Aktiva, um sie in den Ruin zu treiben. Die
Billionen-Dollar-Frage lautete: Welche Vermögenswerte hielten sie? Bis zum 14.
März hatte der Aktienmarkt im Zweifel für die großen Wall-Street-Unternehmen
entschieden. Niemand wusste, was intern bei Bear Stearns, Merrill Lynch oder
Citigroup vorging, aber da sie sich immer als gewiefte Finanzjongleure erwiesen
hatten, mussten ihre Spekulationen clever sein. Am 14. März änderte der Markt
seine Meinung.
    An
diesem Morgen sollte Eisman auf kurzfristige Einladung von Mike Mayo, dem
prominenten Bankanalysten der Deutschen Bank, in der Hauptverwaltung der
Deutschen Bank an der Wall Street vor einem Saal voller Großinvestoren
sprechen. Laut Programm sollte er vor dem ehemaligen Präsidenten der
US-Notenbank, Alan Greenspan, an die Reihe kommen, und zwar gemeinsam mit einem
berühmten Investor namens Bill Miller, der zufällig auch Bear-Stearns-Aktien im
Wert von über 200 Millionen US-Dollar besaß. Eisman hielt es offenbar für
verrückt, dass jemand riesige Geldsummen in irgendein Wall-Street-Unternehmen
steckte. Und Greenspan fand er nahezu unter aller Kritik, was schon einiges
hieß. »Ich glaube, Alan Greenspan wird als schlechtester Präsident der
Notenbank in die Geschichte eingehen«, erklärte er, wenn er auch nur die
geringste Chance dazu bekam. »Dass er die Zinsen zu lange zu niedrig gehalten
hat, ist noch das Geringste. Ich bin überzeugt, dass er genau wusste, was auf
dem Subprime-Markt vorging, und er hat es ignoriert, weil es nicht sein Problem
war, dass der Konsument übers Ohr gehauen wurde. Er tut mir irgendwie leid,
denn er ist ein wirklich schlauer Kerl, der im Grunde in allem falsch gelegen
hat.«
    Mittlerweile
gab es kaum eine Wall-Street-Persönlichkeit, die Eisman nicht beleidigt oder
zu beleidigen versucht hatte. Als der HSBC-Chef bei einer öffentlichen
Veranstaltung in Hongkong erklärt hatte, die Subprime-Verluste seiner Bank
seien »eingedämmt«, hatte Eisman sich zu Wort gemeldet: »Das glauben Sie doch
nicht ernsthaft, oder? Ihre ganzen Bücher sind doch getürkt.« Den Bear-Stearns-Analysten
Gyan Sinha, der Subprime-Papiere optimistisch beurteilte, hatte Eisman in sein
Büro eingeladen und so gnadenlos in die Mangel genommen, dass ein Vertriebsmann
von Bearn Stearns anschließend angerufen und sich beschwert hatte.
    »Gyan
ist verärgert«, hatte er gesagt.
    »Sagen
Sie ihm, er soll sich nicht ärgern«, hatte Eisman geantwortet. »Uns hat es
Spaß gemacht!« Ende 2007 hatte Bear Stearns Eisman dennoch zu einem zwangslosen
Treffen mit dem neuen Firmenchef, Alan Schwartz, eingeladen. Christmas with Bear hatten sie die Veranstaltung
genannt. Schwartz hatte seinem Publikum erklärt, wie »verrückt« der
Subprime-Anleihenmarkt sei, da sich anscheinend niemand auf den Preis einer bestimmten
Anleihe einigen könne.
    »Und
wessen Schuld ist das?«, war Eisman herausgeplatzt. »Genau so habt ihr es doch
gewollt. Damit ihr eure Kunden abzocken konntet.«
    Der
neue Bankchef hatte erwidert: »Ich möchte keine Schuldzuweisung vornehmen.«
    Die
Auswahl der Wall-Street-Größen, denen Eisman gegen das Schienbein getreten
hatte, war allein

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