Lewis, Michael
anfing,
begannen die Aktienkurse zu fallen«, erzählte Vinny. Während Eisman darlegte,
warum kein vernünftiger Mensch die Aktien besitzen würde, die er selbst erst
vor 16 Stunden gekauft hatte, schickte Danny seinen Partnern SMS.
9.49.
0 Mann, Bear bei 47.
»Wenn [das US-Finanzsystem] wie ein zirkuläres
Schneeballsystem wirkt, liegt es daran, dass es genau das ist.«
9.55. Bear zuletzt bei 43, OMG.
»Die Banken in den Vereinigten Staaten fangen gerade erst
an, sich ernsthaft mit ihren massiven Kreditproblemen zu befassen. Ich würde
zum Beispiel keine einzige Bank in Florida besitzen wollen, weil ich glaube,
dass sie bald alle verschwinden könnten.«
10.02. Bear bei 29!!!
»Die Oberschicht hat dieses Land vergewaltigt. Ihr habt die
Leute verarscht. Ihr habt eine Burg gebaut, um die Leute auszunehmen. In all
diesen Jahren bin ich in einer großen Wall-Street-Firma kein einziges Mal einem
Menschen begegnet, der ein schlechtes Gewissen gehabt hätte. Keiner hat je
gesagt: >Das ist falsch<. Und keiner hat je auch nur einen Deut auf das
gegeben, was ich zu sagen hatte.«
Die
letzten Sätze sprach Eisman nicht laut aus, sondern dachte sie nur. Er wusste
auch nicht, was gerade auf dem Aktienmarkt passierte, denn während er seine
Rede hielt, konnte er ausnahmsweise mal nicht auf seinen BlackBerry schauen.
Aber während er sprach, brach eine Investmentbank aus anderen Gründen als
Betrug zusammen. Und es drängte sich die Frage auf: Warum?
Später
stufte man die Implosion von Bear Stearns als Konsequenz eines Runs auf die
Bank ein, was in gewisser Hinsicht auch zutraf: Andere Banken weigerten sich,
mit ihr Geschäfte zu machen, und Hedgefonds zogen ihre Einlagen ab. Dieser Vorgang
wirft jedoch eine Frage auf, die sich ein halbes Jahr später erneut stellte:
Warum misstraute der Markt plötzlich einem Wall-Street-Giganten, dessen dauerhaftes
Bestehen er noch kurz zuvor für selbstverständlich gehalten hatte? Noch im März
2007 war der Untergang von Bear Stearns so unvorstellbar gewesen, dass
Cornwall Capital eine Versicherung gegen einen Zusammenbruch der Bank für unter
0,3 Prozent bekommen hatte. Sie hatten 300000 US-Dollar bezahlt und 105
Millionen US-Dollar verdient.
»Leverage«,
lautete Eismans Antwort an jenem Tag. Wie jedes andere Wall-Street-Unternehmen
war auch Bear Stearns auf jeden US-Dollar Eigenkapital immer höhere
Spekulationen eingegangen, um Gewinne zu erzielen. Das Problem war aber
deutlich komplizierter und bestand in der Beschaffenheit dieser Spekulationen.
Der
Subprime-Hypothekenmarkt hatte mindestens zwei Phasen durchlaufen. In der
ersten, die bis Ende 2005 dauerte, hatte AIG zum größten Teil das Risiko
übernommen, dass der Markt zusammenbrechen könnte. Als AIG seine Haltung
abrupt änderte, vermuteten Insider bei AIG FP, ihre Entscheidung könnte den
Subprime-Hypothekenmarkt vollständig zum Erliegen bringen.*
* Es ist eine interessante Gedankenspielerei, wie die
Katastrophe sich entwickelt hätte, wenn AIG das gesamte Risiko einfach weiter
übernommen hätte. Hätte die Wall Street sämtliche Risiken der
Subprime-Hypothekenanleihen nach dem Vorbild von GoldmanSachs auf AIGFP
abgeschoben, hätte es durchaus sein können, dass man die Verantwortung für das
Problem nicht bei der Wall Street, sondern ausschließlich bei dieser
merkwürdigen Versicherungsgesellschaft gesucht hätte.
Das
war jedoch nicht passiert. Die Wall Street verdiente damals bereits zu viel
Geld mit CDOs, die zweifelhafte Subprime-Anleihen mit BBB-Rating in vermeintlich
risikolose AAA-Papiere verwandelten, um ohne Weiteres damit aufzuhören. Die
Leute, die in den diversen Unternehmen die CDO-Maschinerie betrieben, hatten
schon zu viel Macht erlangt. Von Ende 2005 bis Mitte 2007 schufen
Wall-Street-Banken durch Subprime-Papiere besicherte CDOs im Wert von 200 bis
400 Milliarden US-Dollar. Die genauen Zahlen kennt niemand. Man kann von 300
Milliarden US-Dollar ausgehen, von denen vermutlich 240 Milliarden ein
AAA-Rating hatten, somit buchhalterisch als risikolos galten und daher nicht
offenzulegen waren. Ein Großteil, wenn nicht gar alle diese Anlagen tauchten
demnach nicht in den Bilanzen auf.
Im
März 2008 begriff schließlich auch der Aktienmarkt, was jeder Verkäufer von
Hypothekenanleihen seit langem wusste: Irgendjemand hatte mindestens 240
Milliarden US-Dollar verloren. Aber wer? Morgan Stanley besaß dank Howie Hubler
immer noch CDOs im Wert von etwa 13 Milliarden US-Dollar. Einige besaßen
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